Wies Bratby berät Frauen bei Lohnverhandlungen. In einer fünfteiligen Serie deckt sie für uns Karrieremythen auf. Lesen Sie hier den ersten Beitrag.
Mythos Nummer 1: «Wenn ich meinen Lohn verhandle, wird das die Beziehung zwischen meiner Chefin und mir negativ beeinflussen»
Durch meine Arbeit für Women In Negotiation spreche ich mit vielen Frauen, die mit ihrer Karriere unzufrieden sind. Sie fühlen sich nicht wertgeschätzt und sind unterbezahlt. Sie sehen nicht, wohin ihre Karriere führt, und sie geniessen es auch nicht, zu arbeiten. Manchmal überlegen sie sich sogar, das Handtuch zu werfen und ihre Arbeit ganz aufzugeben. Doch das wäre eine Verschwendung ihrer Ausbildung und Talente und würde sie höchstwahrscheinlich nicht glücklicher machen.
Gefangen in einer solchen Situation sehen diese Frauen einfach nicht, wie sie aus dem Hamsterrad ausbrechen und etwas verbessern können. Stattdessen bewegen sie sich im immer selben Trott, Tag für Tag.
Wenn Ihnen das bekannt vorkommt, schliessen Sie sich mir in den nächsten Wochen auf annabelle.ch an und lassen Sie uns einige der «Mythen» über die Aushandlung des Lohns und über die Planung der eigenen Karriere widerlegen, die sich in unseren Köpfen festgesetzt haben. Denn der Glaube an diese «Mythen» ist unnötig und schadet. Durch Women In Negotiation sehe ich jeden Tag, dass Frauen selbst die Kontrolle über ihre Karriere übernehmen und den Lohn erhalten können, den sie wollen und verdienen.
Sie müssen nur danach fragen – auf die richtige Art und Weise!
Die Forschung (und unsere eigene Erfahrung!) zeigt, dass Frauen ausgezeichnete Verhandlungsführerinnen sind, wenn es darum geht, nach Dingen für andere Menschen zu fragen. In der Tat, unter diesen Umständen sind wir im Durchschnitt sogar besser als Männer. Wir haben kein Problem damit, das zu bekommen, was wir für unsere Unternehmen, unsere Mitarbeiterinnen oder unsere Kinder brauchen.
Aber wenn es darum geht, für uns selbst zu verhandeln, sieht es etwas anders aus, nicht wahr?
Viele Frauen verhandeln nicht gern für sich selbst – sei es für Lohnerhöhungen, Beförderungen oder Rabatte. Gerade bei der Lohnverhandlung spielt eine konkrete Sorge eine besonders grosse Rolle: Die Befürchtung, dass sie das Verhältnis zur Vorgesetzten schädigen könnte. Das höre ich bei meiner Arbeit immer wieder.
«Meine Chefin wird mich für gierig halten!», heisst es. Oder: «Sie wird denken, dass ich schwierig und kein Teamplayer bin, wenn ich nach mehr Geld frage.» Und eine gute Beziehung zu Ihrer Vorgesetzten ist wichtig, warum also sollte man diese gefährden?
Meine Erfahrungen sind jedoch: Wenn Sie lernen, wie Sie mit Ihrer Chefin oder Ihrem Chef ein sinnvolles Gespräch darüber führen, was Sie brauchen und wollen, verbessern Sie sogar die Beziehung zu ihr oder ihm.
Stellen Sie es sich so vor: Wenn Sie ein ehrliches, offenes Gespräch mit Ihrem Partner, Ihrer Mutter oder Ihrer Freundin führen, dann verbessert sich die Beziehung zu dieser Person, oder? Ebenso ist es, wenn Sie mit Ihrer Vorgesetzten reden.
Achten Sie darauf, dass:
– Sie Ihre Bedürfnisse und Hoffnungen ehrlich äussern.
– Sie gut zuhören und so verstehen, was die Interessen der anderen Seite sind.
– Sie durch gemeinsames Brainstorming herausfinden, wie die Ziele beider Seiten erreicht werden können.
So bauen Sie Vertrauen und Verständnis auf. Und die Chancen stehen gut, dass Sie genau das bekommen, wonach Sie gefragt haben. Betrachten Sie das Verhandeln mit Ihrer Chefin als ein sinnvolles Gespräch, das die Beziehung zu ihr verbessert und Ihnen die Ergebnisse liefert, die Sie wollen und natürlich auch verdienen.
Wies Bratby leitet Women In Negotiation, ein Coaching-Unternehmen, das sich darauf spezialisiert hat, Frauen in Unternehmen beizubringen, ihre Karriere und ihren Lohn zu verhandeln. Weitere Infos hier