Arbeiten, während die anderen Ferien machen: Simone Höch leitet ein Hotel in El Quseir, Ägypten. Wie sieht der Alltag der Schweizerin aus? Und wie haben sich die Unruhen im Land auf ihre Branche ausgewirkt?
annabelle Online: Seit knapp 15 Jahren arbeiten Sie an einem Ort, an dem andere ihre Ferien verbringen. Wie sieht ein typischer Tag bei Ihnen aus?
Einen solchen Tag gibt es nicht. Genau aus diesem Grund habe ich den Beruf auch gewählt. Von Menü-Gestaltung über Strand-Clean-ups bis hin zum gemütlichen Captains-Dinner: Die Aufgaben sind vielfältig, und auch der Beruf verändert sich ständig. Mein Tag beginnt mit einem Hundespaziergang, gefolgt von einer Tour im Hotel und der täglichen Sitzung mit den Abteilungsleitern. Der restliche Tagesablauf wird von den jeweiligen Hotelevents geprägt.
Wie haben Sie die Unruhen in Ägypten erlebt? Haben diese auch Ihren Hotelbetrieb betroffen?
Da Demonstrationen und Ausschreitungen sich nicht auf die Touristenregionen ausgeweitet haben, sondern in den Grossstädten stattfanden, habe ich die Unruhen über die Nachrichten verfolgt. Eine verstärkte Polizeipräsenz ist jedoch vor allem seit der Wahl des neuen Präsidenten al-Sisi spürbar. Durch die unklare politische Lage haben viele Gäste ihre Reise nach Ägypten abgesagt und sind weggeblieben. Davon war auch unser Hotelbetrieb betroffen. Wir verzeichnen aber bereits jetzt wieder eine gute Nachfrage für den kommenden Herbst.
Wie sind Sie nach El Quseir gekommen?
Dass es mich nach Ägypten verschlagen hat, war eigentlich Zufall. Nach meinem Hotelfachschulabschluss zog es mich ins Ausland und an die Wärme. Von Sharm El Sheikh über Dahab hat es mich schlussendlich in den Süden Ägyptens gezogen. El Quseir ist ein magisches Fleckchen Erde, das durch seine Natur – über und unter Wasser – besticht.
Hat man nicht auch Heimweh, wenn man fernab von daheim ein Hotel führt?
Heimweh kenne ich nicht. Aber klar vermisse ich Familie und Freunde. Mit Internet und guten Flugverbindungen ist man sich jedoch trotzdem nah.
Sie arbeiten in einer Kultur, in welcher Frauen nicht immer den gleichen Stand wie Männer haben. Spüren Sie das?
Der Anteil der weiblichen Mitarbeiter in unserem Betrieb ist tatsächlich gering. Dies hat oft mit Kultur und einem traditionellen Familienbild zu tun, was aber nicht negativ gewertet werden soll. Es ist eher eine Frage der gesellschaftlichen Entwicklung.
Feriengäste können sehr fordernd und anspruchsvoll sein. Wie gehen Sie mit solchen Kunden um?
Mit Geduld und Freundlichkeit. Fordernde Gäste verhalten sich meist aus einem Grund so. Vielleicht gab es eine schwierige Anreise, oder sie stiessen auf Verständigungsschwierigkeiten. Sich in die Lage des Gastes zu versetzen, hilft in solchen Situationen, richtig zu reagieren.
Viele Frauen träumen von einem Job, wie Sie ihn haben. Was würden Sie jungen Frauen raten, die Ihren Beruf ausüben wollen?
Man sollte von Anfang an auf Sprachen setzen und weltoffen sein. Vieles lässt sich nicht einfach so planen und ergibt sich im Lauf der Ausbildung. Zudem sollte man unbedingt Menschen mögen.
Wie gut lässt sich Ihr Job mit dem Privatleben vereinbaren? Kann man diesen Beruf auch als Mutter ausüben?
Ich selber habe keine Kinder und denke, dass sich diese Frage auch nicht generell beantworten lässt. Die tägliche Arbeit erfolgreich mit Familie zu vereinbaren, ist sicherlich nicht einfach und hängt auch vom Ehepartner ab. Eine ausgewogene Work-Life-Balance ist essenziell, um über längere Zeit Freude am Beruf und Erfolg im Job zu haben.
Wohin fahren Sie selber am liebsten in die Ferien?
Die meisten meiner Urlaubstage verbringe ich in meiner Schweizer Ferienwohnung. Da darf das Wetter dann auch mal verrückt spielen.