Zwei Wochen sollen Väter erhalten, um nach der Geburt für Mutter und Kind da zu sein. Kosten: 230 Millionen Franken. Ist das in Zeiten von Corona tragbar?
Mitten in einer grossen Wirtschaftskrise soll also ein neuer Sozialausbau beschlossen werden, schrieb die «NZZ» sinngemäss im Juni. Ob es während der Corona-Ausnahmesituation – in der Jobs in zahlreichen Branchen auf der Kippe stehen – tatsächlich der richtige Zeitpunkt ist, um die staatlichen Ausgaben zu erhöhen, mögen sich auch Frauen mit weit weniger konservativer Haltung fragen.
Schauen wir also auf die Fakten. Der Vaterschaftsurlaub kostet uns maximal 230 Millionen Franken. Um dem innerhalb der Staatsfinanzen eine Grössenordnung zu geben: Etwa 24 Milliarden Franken würden uns die neuen Kampfjets kosten, über die wir am 27. September ebenfalls abstimmen.
Eher tiefer als berechnet
Die Kosten für die Papi-Zeit hat das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) errechnet. Es ist eine «eher vorsichtige» Annahme, wie eine Recherche der «Sonntagszeitung» zeigte. Das BSV ging davon aus, dass jährlich 91 000 Väter den sogenannten Urlaub in Anspruch nehmen würden. Das Durchschnittseinkommen der Väter in der Schweiz berechnet es auf rund 178 Franken pro Tag. Die Zahl der Väter wie auch der Tagessatz – und damit auch die Kosten – dürften laut der «Sonntagszeitung» aber tiefer ausfallen.
Finanziert wird der Vaterschaftsurlaub mit Beiträgen an die Erwerbsersatzordnung (EO). Die EO ersetzt Personen, die Militär-, Zivil- oder Zivilschutzdienst leisten wie auch frischgebackenen Mütter, einen Teil des Verdienstausfalles.
Eine halbe Tasse Kaffee
Der EO-Topf wird – wie die AHV oder die Arbeitslosenversicherung – durch Abzüge bei unseren Löhnen gefüllt. Um auch den Vaterschaftsurlaub daraus finanzieren zu können, würde der aktuelle Abzug von 0.45 Prozent auf 0.5 Prozent angehoben. Das Plus bezahlen zur einen Hälfte die Arbeitgeberinnen, zur anderen die Arbeitnehmer. Bei einem Lohn von 6500 Franken im Monat – was dem Medianlohn in der Schweiz entspricht, das heisst genau die Hälfte der Erwerbstätigen verdient mehr und die andere Hälfte weniger – müssten also Arbeitgeber und Arbeitnehmerinnen je 1.60 Franken pro Monat mehr bezahlen. Befürworter reden darum gern von einer halben Tasse Kaffee, die beide Seiten zusätzlich bezahlen müssten.
Das ist nicht viel. Und wird uns definitiv nicht in eine massive Staatsverschuldung treiben. Was im Übrigen auch die Gegner kaum bestreiten. Aber sie sagen «Auch Kleinvieh macht Mist» und meinen damit, dass die Sozialversicherungen – zu der eben auch die Erwerbsersatzordnung gehört – derzeit ausgebaut würden, durch Corona-Kredite und AHV-Überbrückungsleistungen. Das sei problematisch.
Leisten können wir uns den Vaterschaftsurlaub also. Die Frage ist nur, ob wir das auch wollen. Die aktuellsten Umfragewerte sprechen bisher eine relativ klare Sprache: 66 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer wollen.