Julia Saners Model-Leben
- Text: Silvia Binggeli, Christina DussBild: Imaxtree.com
Wenn Julia Saner vom Schauenmarathon heim nach Bern kommt, setzt sie sich erst mal ans Klavier und spielt die Melodie aus dem Film «Die fabelhafte Welt der Amélie». «So 15 Minuten lang», sagt sie. «Dann bin ich angekommen.»
Die 19-Jährige mit dem wunderschönen Gesicht, für dessen Züge sich der liebe Gott besonders lange Zeit genommen zu haben scheint, gehört im Moment zu den gefragtesten Models. 27 Mal lief sie an den letzten Schauen in Mailand und Paris über den Laufsteg. «Was? So oft?», fragt sie erstaunt. «Ich dachte, dass es nicht öfter als 20 Mal war.» Die übersprudelnde Art gehört ebenso zum Charme von Julia Saner wie die Wandelbarkeit zu ihrem Kapital als Model: Die Bernerin ist mit 1.80 Metern gross genug, um über den Catwalk zu schreiten. Mit ihrem feinen Körper passt sie auch in die eng auf den Körper geschnittenen Prêt-à-porter-Kleider, ihr ebenmässiger Teint eignet sich perfekt für Beautyshootings. Und weil die junge Frau mit der Matur im Sack schon ziemlich genau weiss, was sie will, nimmt man sie als Persönlichkeit wahr und bucht sie für lukrative Kampagnen – unlängst posierte sie vor der Kamera von Starfotograf David Sims für das italienische Modehaus Valentino.
An die Umgangsformen im Modelbusiness musste sie sich dennoch gewöhnen. «Zwar sprechen die Leute mit dir, aber es ist professioneller Smalltalk», stellt sie nüchtern fest. «Du bist ein Kleiderständer. Punkt.» Sie habe lernen müssen, ihr spontanes Wesen zu zügeln, sagt Julia Saner. «Echte Freundschaften habe ich bis jetzt nur wenige geknüpft.» Und so gibt es nun «eine konzentrierte, zurückhaltende Julia, die modelt» und «eine Julia, die zuhause und mit Freunden immer noch genauso ungezwungen ist wie eh und je».
Seit sie 2009 als erste Schweizerin den Weltfinal des Elite Model Look gewonnen hat, ist Julia Saner schmaler geworden. In Modeblogs, in denen sie seit ein paar Monaten omnipräsent ist, fragen sich schon einige ihrer Fans, ob sie zu viele Kilos verloren habe. Julia Saner nimmts gelassen. «Je nachdem wie du auf Bildern posierst, wirkst du viel dünner, als du tatsächlich bist.» Trotzdem sagt sie ehrlich: «Ja, ich habe abgenommen.» Es sei Voraussetzung gewesen, um international weiterzukommen. «Letztlich musst du einfach in die Kleider passen.» Und an dem vielversprechenden Punkt, an dem sie stehe, sei sie bereit gewesen, diese Anstrengung zu unternehmen. Andererseits gebe es Grenzen. «Sobald ich mich nicht mehr wohlfühle, höre ich auf.» Schliesslich habe sie einen grossen Vorteil gegenüber Kolleginnen, die im Modeln ihre einzige Zukunft sähen. «Ich kann jederzeit ein Studium beginnen.» Und dann ist da noch die Mama: Während der Shows herrsche oft ein solcher Stress, dass sie tagsüber kaum zum Essen komme, sagt Julia Saner. Ihre Mutter dämpft zuhause Gemüse, kocht Suppe, friert sie ein und gibt sie ihr mit auf die Reise. «Damit ich abends warm essen kann.»