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Happy’s Christmas: Die Weihnachtsdekoration der Britin Happy Harris

Leben

Happy’s Christmas: Die Weihnachtsdekoration der Britin Happy Harris

  • Text: Rebekka Kiesewetter; Fotos: Joanna Henderson

Heiliger Bimbam! Bei der crazy Weihnachtsdekoration der Britin Happy Harris kriegt sogar das Christkind Schluckauf.

Eines besonders deprimierenden Tages entscheidet sich eine Frau, ihren Taufnamen abzulegen und in Zukunft «Happy» zu heissen und zu sein. Ein Akt der Selbstüberlistung, sicher, aber wenn man den diversen Studien zu dem Thema glauben kann, dann ist glücklicher, wer positiv denkt. Und ziemlich sicher ist ein grundsätzlich sonniges Gemüt auch eine der wenigen Möglichkeiten, dem tristen Alltag in einer englischen Kleinstadt zu entfliehen. Auch wenn das Happy Harris selber wohl nicht so formulieren würde. Sie hinterfragt ihren Entschluss nicht, sie begnügt sich damit, happy zu sein und alles bunt zu sehen, ganz wie eine moderne Pippi Langstrumpf: «Ich mache mir die Welt, widdewidde wie sie mir gefällt!»

Happys glückliches Reich beginnt bereits im Garten des in seiner Tristesse so typischen britischen Vorstadthäuschens in Gillingham, Grafschaft Kent: Da stehen zwei Wohnwagen mit bunten Vorhängen, schnörkelige Gartenmöbel, bunte Giesskannen, noch buntere Gummistiefel, gepunktete Eimer und türkisfarbene Blumenkübel. Aber das ist Happy light, verglichen mit dem, was noch kommt. Sie selber: gross, farbig, laut und sehr präsent.


Zwischen Horror und Wunschtraum

Das Haus von innen: klein, aber noch farbiger, noch lauter und noch präsenter. Weihnachten zwischen Horror und Wunschtraum, zwischen Eintauchen- und Davonrennen-Wollen. Dem Kind im Besucher gehen das Herz auf und die Augen über. Dem, der sich dem eher puristischen Stil verpflichtet fühlt, der landläufig als guter Geschmack gilt, sträubt sich jedes Haar einzeln: Engel, Herzen, «fairy lights» (Feenlichter, der viel schönere englische Ausdruck für Lichterketten), Zweige, Kugeln, Glitzer, Glimmer, alte Fotos, Vintage-Grusskarten, Rotes, Grünes, Goldenes, Neues, Altes, Hirsche, Hunde, Katzen, Schlittschuhe, der Union Jack in diversen Varianten und vier Bäumchen.

Yorkshireterrier Max trägt ein Weihnachtshalstuch. Zwei Tage dauert es, bis Happy das Haus durchdekoriert hat. Und das muss jeweils zwei Tage vor ihrem Geburtstag am 2. Dezember erledigt sein. «Ich habe das Haus auch schon später im Monat geschmückt. Aber irgendwie fühlt sich mein Geburtstag nicht richtig an, wenn ich ihn nicht weihnachtlich feiere», sagt sie. Happy zu besuchen, das ist ein wenig so, als ob man sich in eine Puppenstube reinduckt. Da ist es ein wenig erstaunlich, dass es hier erstens auch einen Ehemann gibt, der zweitens zum Typ «massig, stark, gutmütiger Tanzbär» gehört. Also eigentlich zu gross ist für die kleinen Räume, zu grob für all das Zerbrechliche. Aber nein, Fred fühlt sich wohl. Und nicht nur das: Er ist genauso sammel-, deko- und weihnachtslustig wie seine Happy.
 

Der Fifties Style

Die beiden sind seit 25 Jahren verheiratet. Sie haben sich bei einem Auftritt in der Comedyshow «Not the Nine O’Clock News» kennen gelernt. Die Sendung lief von 1979 bis 1982 auf BBC 2 und ist auch heute noch Kult. Happy und Fred sind ein Traumpaar. Ein ziemlich ungewöhnliches zwar, aber Grossbritannien ist ja bekannt dafür, ein Land der glücklichen (Weihnachts-)Exzentriker zu sein. Die beiden haben eine Tochter, Rosie, die daheim wohnt, der Sohn ist ausgezogen und arbeitet als Banker in der City. Vielleicht wird auch Rosie später in einem Loft mit Stahlrohrmöbeln und poliertem Chrom leben. Im Moment jedoch fühlt sie sich im Dekowunderland ihrer Eltern noch wohl.

Ebenso im Fifties Style, den ihre Mutter einst nach Gillingham brachte, auf den sie aber längst kein Monopol mehr hat. Was Happy ein wenig unglücklich macht: «Mittlerweile haben viele junge Frauen ähnliche Frisuren wie ich. Dann werde ich manchmal fast wütend und finde: Was soll das?! Das ist mein Look! Schliesslich bin ich mit Haartolle bereits zur Welt gekommen.» Manchmal, wenn sie sich richtig in Rage geredet hat, wird Happy, die nie leise ist, noch lauter: «Ich sage alles, was mir durch den Kopf geht, und das ist manchmal nicht das Wohlüberlegteste», meint sie mit einem Seitenblick auf Rosie. «Jaaa, genau, Mum», sagt die Tochter und verdreht die Augen, wie das nur Teenager können.

Spätestens zwölf Nächte nach Heiligabend, zu Dreikönig, ist der Weihnachtszauber vorbei. Die Dekoration länger zu behalten, bringe Unglück, sagt Fred. Aber nicht, dass es mit dem Glanz im Hause Harris Anfang Januar sein Ende hätte: Die Blumenmuster bleiben, auch die Kissen, Bilder, Deckchen, Porzellanfiguren, Puppen, Krüge, Vasen, Teller, Dosen und bunten Bänder. «Ich arbeite als Stylistin und mache Schmuck», sagt Happy. «Aber gelernt habe ich das Dekorieren nicht.»
 

Sammler mit kleinem Budget

Fred und Happy führten einen Vintage-Kleider- und Accessoires-Shop, hatten als Erste die geblümten Stoffe der Designerin Cath Kidston im Sortiment. Inzwischen ist die Marke zum Inbegriff des englischen Landhaus- und Shabby-Chics geworden, doch Fred und Happy haben ihr Geschäft aufgegeben. Aus Gesundheitsgründen und weil sie noch etwas anderes tun wollten, als bloss im Laden zu stehen. «Als ich damals unsere Schaufenster gestaltete – jeden Monat zu einem anderen Thema –, habe ich realisiert, dass mir das Dekorieren Spass macht und dass ich einen Sinn für stimmige Ensembles habe.» Die Leidenschaft ist ihr geblieben: «Obwohl wir jetzt weniger Geld haben, sind wir zufriedener. Die Jagd nach Trouvaillen wird spannender, wenn man auf sein Budget achten muss.» Fred und Happy kaufen auf Flohmärkten, in Secondhandläden und auf Reisen. «Eigentlich mag ich alles, was mich an meine Nan, meine Grossmutter, erinnert», sagt Happy. Deren Sammeleifer habe sie geerbt.

Trouvaillen in Happys Augen: alles Geblümte, französisches Email, Porzellanfiguren, alte Postkarten und Schräges wie die beiden künstlichen Christbäume aus Holland, die mit den Spitzen nach unten stehen. «Die sind so gebaut», sagt Fred. «Das ist doch etwas Besonderes! Und echte Bäume kann man nicht so lange behalten wie die künstlichen. Und sie machen Dreck.» Klar, wessen Haus bis unters Dach mit Staubfängern vollgepackt ist, möchte sich nicht auch noch mit einem nadelnden Baum herumplagen.
 

«Wir sind Maximalisten»

Aber was ist, wenn den beiden alles zu viel wird? Sehnen sie sich nie nach Leere? «Wir sind Maximalisten», sagt Fred, der sich zwecks Erholung ab und an für ein Schläfchen in einen der Trailer im Garten zurückzieht. «Wir haben auch schon versucht, uns bei der Deko auf einen Farbton zu beschränken. Ein anderes Mal haben wir alles in die Garage gestellt. Verschenken oder verkaufen mögen wir nichts – ausser den Sachen, die wir in unserem Webshop anbieten. Doch kaum war alles draussen, wurde uns langweilig. Und wir waren deprimiert. Da haben wir alles wieder reingeräumt und richtig bunt assortiert. Und wir sind ein paarmal über Weihnachten weggefahren. Nach Tokio zum Beispiel. Das war zwar schön, aber merkwürdig.»

Denn am besten, da sind sich Happy, Fred und die Kinder einig, feiert sich Weihnachten in Kent, wenn die acht Riesenkartons mit Weihnachtskram ausgepackt und drapiert, die Vintage-Postkarten als Weihnachtsgrüsse verschickt und die Geschenke in Seiten alter Magazine und mit Bänderresten eingewickelt sind. Alte Karten und wiederverwendetes Papier, finden Happy und Fred, seien viel persönlicher und hübscher als neue, billig wirkende Glitzerware aus dem Warenhaus.

Gute Wünsche verschicken, Überraschungen für die Lieben vorbereiten: Die Harris sind zwar eine ungewöhnliche Familie, aber wenn es ums Fest geht, mögen sie es traditionell. «An Heiligabend gehen wir zur Mitternachtsmesse, am Weihnachtsmorgen ist Geschenkeschlacht, wir essen Truthahn und Christmas Pudding und trinken Mulled Cider, das britische Pendant zum Glühwein. Am 26., dem Boxing Day, gehen wir uns dann alle auf die Nerven».

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