Grüne Frage: Wie umweltschädlich ist eigentlich Künstliche Intelligenz?
- Text: Stephanie Hess
- Bild: Stocksy
Schadet oder hilft KI dem Klima? Stephanie Hess, annabelle-Expertin für Nachhaltigkeit, klärt auf.
Das KI-Modell ChatGPT antwortet auf diese Frage: «Ich selbst emittiere kein CO2, aber mein Betrieb ist indirekt mit Umweltkosten verbunden.» Und diese können erheblich sein.
Für seine Aussage stützt sich der Chatbot auf menschliche Intelligenzen, etwa Forschende der University of Massachusetts Amherst. In einer Studie von 2019 errechneten diese, dass ein KI-Modell gleich am Anfang seines Lebens sehr viel Strom benötigt, wenn es mit Daten gefüttert wird.
Durch dieses Training allein können bis zu 280’000 Kilogramm CO2-Äquivalente an Emissionen anfallen, sofern der dafür nötige Strom aus nicht erneuerbaren Quellen stammt. Das ist fast das Fünffache davon, was ein Auto über seine gesamte Lebensdauer hinweg verbraucht, einschliesslich der Herstellung.
«Der Jahresbetrieb eines grossen KI-Modells könnte bis 2027 den jährlichen Energiebedarf kleiner Länder erreichen»
Auch später, wenn millionenfach Anfragen an die KI gestellt werden, führt das zu enormer Rechenleistung in den Serverfarmen. Der niederländische Datenwissenschaftler Alex de Vries errechnete, dass der Jahresbetrieb eines grossen KI-Modells – pessimistisch geschätzt – bis 2027 den jährlichen Energiebedarf kleiner Länder erreichen kann.
Um allerdings umfassende Aussagen über die Umweltschädlichkeit von KI machen zu können, sagt Anne Mollen, Forscherin an der Universität Münster, «ist eine Lebenszyklus-Perspektive notwendig, die etwa auch berücksichtigt, wie die Hardware produziert wird.» Noch existieren dafür zu wenige Daten.
Und ChatGPT vergisst natürlich nicht anzufügen, dass KI im Kampf gegen den Klimawandel auch helfen könne. Doch Anne Mollen mahnt zur Vorsicht. Auch wenn KI etwa die Effizienz optimieren kann, seien Pauschalaussagen wie jene von KI-Pionier Sam Altman «KI wird das Klima retten» nicht haltbar.
Stephanie Hess ist Leiterin des Reportage-Ressorts und Autorin des Ratgebers «Ökologisch!» (Beobachter-Edition, 2020). Sie sucht für euch Antworten auf alle grünen Fragen. Schreibt ihr! Stephanies Mailadresse: [email protected]