Werbung
Gleich ist gleich

Gleich ist gleich

  • Text: Kerstin Hasse

Redaktorin Kerstin Hasse sagt Tschüss zu alten Rollenmustern und fordert Gleichheit für und von beiden Geschlechtern. Denn letztlich sind alle gefragt: Männer sowie Frauen. 

Was heisst Feminismus für dich? Wie oft wurde mir diese Frage schon gestellt. Wie oft musste ich über diesen Begriff streiten. Musste ich mich als (junge) Feministin erklären und verteidigen. Dabei ist die Antwort – für mich – eigentlich ganz einfach: Gleichheit. Gleichheit ist es, was ich fordere. Ungleichheit ist es, was mich zur Weissglut treibt.

Gleichheit ist jedoch nichts, was man allein einfordern kann. Sie funktioniert nur, wenn alle mitmachen. Sie scheitert an Rosinenpickerei. Und sie kann nicht in einer Welt funktionieren, deren Rollenmuster von Mann und Frau auf Ungleichheit basieren. Nun bedeutet dies nicht, dass Frauen sich nicht weiblich geben dürfen. Es heisst nicht, dass wir uns wie Männer anziehen müssen und keinen Lippenstift tragen dürfen. Aber es heisst: Wer A sagt, muss auch B sagen. Wir wollen Gleichberechtigung, aber der Mann soll uns dann schon in der Bar erobern, den ersten Schritt machen, sich nach dem ersten Date melden und uns zum Essen einladen? Und er soll dann bitte ein paar Jahre später auch auf die Knie fallen und um unsere Hand bitten? Sie antworten: Klar, ist doch nur romantisch? Na, na, na. Nicht schummeln! Wir wollen gleich sein wie unser männliches Gegenüber? Dann ziehen wir das doch auch durch. Das bedeutet dann halt vielleicht keinen fetten Verlobungsring, dafür mehr Selbstständigkeit und mehr Verantwortung – in der Beziehung und im Alltag.

Gleichheit bedeutet gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Es heisst aber auch, dass Dinge wie Männerjobs und Frauensachen passé sind. Ich kann 1000-mal besser mit einem Hammer umgehen als mein Freund. Mein Freund wiederum putzt die Küche so gut, wie ich es nie hinbekomme, dafür hasst er den vermeintlichen Männerjob schlechthin: den Abfall rauszubringen. Er besteht darauf, immer die rosa Zahnbürste zu nutzen, ich bekomme die blaue. Hollywoodregisseure würden einen Schreianfall bekommen ob all der Klischees, die in unserer Wohnung gebrochen werden.

Ich bin 29 Jahre alt. Wenn ich auf Instagram lese, dass sich gleichaltrige Frauen in ihrer Insta-Biografie als «Wifey to», als «Frauchen von», bezeichnen, ärgere ich mich. Doch soll denn nicht jede und jeder das Leben führen, das sie oder er will, fragen Sie? Klar! Aber ein bisschen Reflexion darf man schon fordern, oder? Es ist problematisch, wenn sich Frauen nur über ihr Dasein als «Frau von» definieren. Genauso problematisch ist es, wenn Männer das Gefühl haben, ihre Frau müsse ihren Namen annehmen, nur weil sie der Mann im Haus sind. Wie sollen wir denn jemals die Muster unserer Grosseltern und Urgrosseltern durchbrechen, wenn wir uns weiterhin wie in den 1950er-Jahren aufführen? Nein, es gibt keinen richtigen oder falschen Feminismus. Aber es gibt eine Definition von Gleichheit. Und die lässt nun mal nicht viel Spielraum für Interpretationen.

Das klingt alles zu anstrengend, finden Sie, alles zu verkrampft? Denn es sei doch schön, wenn er sie einlädt und sie seinen Namen annimmt? Mag sein – wenn solche Entscheidungen von einem Paar auf Augenhöhe getroffen werden und nicht aufgrund überholter Rollenverständnisse. Ich finde es total okay, wenn eine Frau entscheidet, zuhause bei den Kindern zu bleiben – und ich finde es genauso okay, wenn sich ein Mann dazu entschliesst.

Bedeutet Gleichheit also, dass man Frauen einfach wie Männer behandeln soll? Nicht ganz. Denn: Cool, wenn es ihm im Büro nichts ausmacht, wenn er vor versammelter Mannschaft gefragt wird, ob er mal eben Kaffee holen könne. Doch die einzige Frau am Sitzungstisch wird sich in der gleichen Situation blöd vorkommen. Denn jahrzehntelang durfte sie im Büro eben nur genau das: Kaffee holen. Vielleicht tat sie dies mit einem geschenkten Klunker am Finger. Aber was ist das schon, wenn man als Frau doch eigentlich mitentscheiden will, Verantwortung tragen möchte.

Ich fänds grossartig, wenn wir all diese Altlasten irgendwann hinter uns lassen könnten. Ich sage nicht, dass das einfach ist. Aber eigentlich ist es auch nicht wahnsinnig kompliziert. Denn am Ende geht es nicht darum, wer wem die Tür aufhält. Am Ende geht es um Respekt. Und da sind alle gefordert – alle gleichermassen. Mann wie Frau.