Die Serie «Crazy Ex-Girlfriend» beweist seit zwei Staffeln, wie überraschend gut sich Musicalnummern in eine TV-Serie einbauen lassen. Serienschöpferin, Co-Produzentin und Hauptdarstellerin Rachel Bloom packt zudem eine Menge Humor, Charme und Bodypositivity in die Serie.
Ich bin eigentlich kein grosser Fan von Musicals. Diese langen Musicalszenen nervten mich schon als Kind bei Disney-Filmen, meist spulte ich einfach vor, und ich konnte mich auch – zum Schock meiner Freundinnen – nie so richtig für Filme wie «Grease» erwärmen. Zurzeit scheinen Musicals aber ein kleines Revival zu erleben, und spätestens seit dem bezaubernden Film «La La Land» und einem bezaubernden, singenden Ryan Gosling musste ich meine Meinung revidieren. Deshalb gab ich «Crazy Ex-Girlfriend», einer Serie, deren Storyline mich beim ersten Durchlesen eher abschreckte, eine Chance. Und ich sollte es nicht bereuen.
Aber erst einmal zur Story. Die wird eigentlich schon im Titelsong zur ersten Staffel ganz gut zusammengefasst, da ” target=”_blank”>singt Rebecca Bunch (Rachel Bloom): «Ich arbeitete hart in New York, verdiente viel Kohle, aber ich war traurig. Eines Tages weinte ich sehr viel, und da beschloss ich, nach West Covina, California, zu ziehen! Zufälligerweise der Ort, in dem Josh lebt, aber deshalb bin ich nicht hier …» In diesem Moment setzt ein schmissiger Chor ein, der Rebecca daran erinnert, dass sie einzig und allein wegen Josh Chan nach Kalifornien gezogen ist, und deshalb sei sie eine «Crazy Ex-Girlfriend».
Rebecca ist eine erfolgreiche, aber latent depressive Anwältin in einer grossen New Yorker Kanzlei. Ausgerechnet in dem Moment, als Rebecca wegen einer bevorstehenden Beförderung als Anwältin einen Nervenzusammenbruch erleidet, trifft sie auf Josh Chan, ihre grosse Jugendliebe, mit dem sie vor vielen Jahren den glücklichsten Sommer ihres Lebens verbrachte. Er erzählt ihr, dass er in der Grossstadt nicht froh wird und deshalb zurück nachhause zieht, nach West Covina in Kalifornien. Überstürzt beschliesst Rebecca, ihrem Jugendschatz zu folgen, sie lässt ihr erfolgreiches Leben hinter sich und flieht in die kalifornische Kleinstadt, um ihr Glück unter der Sonne – und in Joshs Armen – zu finden. Dort angekommen, merkt sie, dass Josh bereits eine Freundin hat, zudem trifft sie noch andere Bewohner von West Covina, die ihre Gefühlswelt durcheinander bringen. Mehr will ich nicht verraten.
Das alles klingt recht vorhersehbar, vielleicht sogar kitschig, aber die Umsetzung der Story ist eben alles andere als das – vor allem wegen der ironischen und charmanten Musicalnummern. Da gibt es zum Beispiel den Popsong über Sex mit einem Fremden – der hoffentlich kein Mörder ist:
Oder die klassische Tanznummer mit der Textzeile «Ich weiss, ich bin nur der Zweitplatzierte in diesem Spiel, aber genau wie fettreduzierte Milch oder Seitan Beef schmecke ich fast gleich gut»:
Nicht zu vergessen einer meiner Favoriten: Der Song über «Heavy Boobs»:
Serienschöpferin und Hauptdarstellerin Rachel Bloom hat an der renommierten Tisch School in New York Schauspielerei studiert und bereits zwei Musical-Comedy-Alben herausgegeben. Ihre heutige Co-Produzentin Aline Brosh McKenna entdeckte Bloom vor drei Jahren auf Youtube, gemeinsam schrieben sie das Drehbuch für die Pilotfolge von «Crazy Ex-Girlfriend». Obwohl die Serie zu Beginn Schwierigkeiten hatte, ein Zuhause bei einem Sender zu finden, wurde sie nach der Ausstrahlung zum Erfolg, bereits 2016 erhielt Bloom einen Golden Globe und einen Critics’ Choice Television Award. Sie sei stolz, dass ihr «dunkler Musical-feministischer-Ansatz einer Romantic Comedy» im Fernsehen Erfolg feiern dürfe, sagte sie in ihrer Dankesrede.
Treffender könnte ich es nicht beschreiben. Genau wegen der Mischung aus schrägem Humor und intelligentem Inhalt mag ich die Serie. Da gibt es etwa die Szene, in der Josh Rebecca vorwirft, sie möge Football nicht. Sie antwortet: «Ich hasse Football nicht, ich verstehe, weshalb es Spass macht, es propagiert halt einfach ein bisschen die Ideologie der körperlichen Dominanz und der wirtschaftlichen Unterwerfung der Erwerbsarmen, dazu die Gehirnerschütterungen. Der Sport müsste illegal sein, aber na ja, lol.» Themen wie Politik, Rassismus, Bodyshaming oder Genderdiskrimierung werden ebenso aufs Tapet gebracht wie die neurotischen Ängste und Beziehungsprobleme der liebevoll gezeichneten Figuren (neben Rachel Bloom unter anderem eine grossartige Donna Lynne Champlin als Paula und ein sympathischer Vincent Rodriguez III als Josh Chan).
Rachel Bloom ist kein klassisches Hollywoodgirl – und das betont sie gern. Sie setzt ihren kurvenreichen Körper auf eine selbstironische Art und Weise ein, sie hat Witz, Charme, und ist sie ist smart. Sie wirkt sehr bodenständig, zeigt sich oft ungeschminkt in den Social Media und entlarvt gern humorvoll den Schönheitsdrill in Hollywood. Mit «Crazy Ex-Girlfriend» hat sie eine erfrischende Serie geschaffen, die beweist: Das Musical lebt! Man muss sich nur darauf einlassen. Und das Tolle: Am Wochenende hat Rachel Bloom auf Instagram verkündet, dass «Crazy Ex-Girlfriend» eine dritte Staffel bekommt! Wer bis dahin aufholen will: Die ersten beiden Staffeln sind seit kurzem auf Netflix zu sehen.
Und weil es so schön ist, noch ein bisschen Girlpower à la Spice Girls zum Schluss:
1.
sagt Rebecca Bunch in einer Episode. Als Zuschauer wird man Teil von Rebeccas bunter und lauter Traumwelt
2.
Auch wenn es Rebecca nicht zugibt, eigentlich ist sie nach Kalifornien gezogen, um Josh Chan für sich zu gewinnen. Leider hat der bereits eine sehr attraktive Freundin
3.
Beim Versuch, Josh Chan für sich zu gewinnen, steht Rebecca ihrer Arbeitskollegin Paula (Donna Lynne Champlin) zur Seite
4.
Rebecca lässt ihre erfolgreiche Karriere in New York hinter sich und zieht in die Kleinstadt West Covina. Die Stadt gibt es wirklich, Rachel Bloom wuchs nur wenige Kilometer davon entfernt auf