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Das Geheimnis eines langen Lebens

Das Geheimnis eines langen Lebens

  • Redaktion: Viviane Stadelmann; Fotos: Karsten Thormaehlen, Knesebeck Verlag

Wie wird man 100 Jahre alt? Im berührenden Bildband «Hundert Jahre Lebensglück» kommen die zu Wort, die das stolze Alter erreicht haben. 

Über zehn Jahre lang hat Fotograf Karsten Thormaehlen 100-Jährige auf der ganzen Welt besucht – unter anderem in Peru, auf Okinawa und Sardinien, wo die Menschen nachweislich besonders alt werden. Worin liegt das Geheimnis ihres hohen Alters? Im Fotoband porträtiert Thormaehlen 52 Frauen und Männer und lässt sie erzählen. 

Früher als Werbefotograf tätig, faszinieren Thormaehlen heute besonders die Aufnahmen von älteren Menschen: «Ich fand im Alter eine andere Art von Schönheit, vielleicht die wahre Schönheit. Eine, die kein Verfallsdatum kennt, die zeitlos ist und mit den Jahren nur wächst», heisst es in der Einleitung seines Buchs. Wir haben nachgefragt, wie die Idee zum Buch entstanden ist und welche Begegnung ihm besonders im Gedächtnis geblieben ist.

annabelle: Karsten Thormaehlen, was hat Sie dazu bewogen, eine Porträtserie mit 100-Jährigen zu fotografieren?
Karsten Thormaehlen: Die Idee entstand im Urlaub bei der morgendlichen Zeitungslektüre in der Nähe von Berlin. Ich sah dort ein Foto eines 100-jährigen Jubilars und störte mich ein wenig an der unvorteilhaften Darstellung. Ich wollte das besser machen und bekam 24 Stunden später tatsächlich die Gelegenheit dazu: Die Grossmutter meiner Londoner Agentin war bereits 102, lebte in Berlin und war mit einem Fototermin einverstanden.

Was fasziniert Sie an alten Menschen?
Meist ist es ihre Authentizität in Verbindung mit einer verblüffenden Alterslosigkeit und gutem Humor! Ausserdem ihre Gelassenheit, Unvoreingenommenheit, Offenheit und Neugier, die sich darin äusserte, dass (fast) niemand mein Gesuch ablehnte.

Gab es eine Begegnung, die Ihnen ganz besonders in Erinnerung geblieben ist?
Nein, jede Begegnung – und bereits die Akquise – war einzigartig und ist erwähnenswert. Ganz gleich, ob es sich um weltbekannte Schauspieler und Schauspielerinnen (Lukas Ammann, Gisèle Casadesus), grossartige Künstlerpersönlichkeiten (Karl Otto Götz, Leif Solberg), erfolgreiche Geschäftsleute, US-Kongressmitglieder oder japanische Landarbeiterinnen, Fischer oder einen isländischen Bauarbeiter handelte. 

– Karsten Thormaehlen: 100 Jahre Lebensglück. Weisheit, Liebe, Lachen, Knesebeck Verlag, ca. 36 Fr. bei Orell Füssli

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1.

Sie habe eine schöne, unbesorgte Kindheit gehabt, erzählt sie, und wie wunderbar ihre Ehe gewesen sei. «Voller Glück und ohne jeden Streit.» Kiyo Aragai sagt, sie könne sich über nichts beklagen und würde nichts bedauern. Sie sei vollkommen mit sich im Reinen. Ob das der Grund ist für ihr hohes Alter? «Ich habe mir darüber nie Gedanken gemacht, warum das so gekommen ist.»

2.

Fritz Tasso Tuche war Zimmerer, Hochbau-Ingenieur und Dozent an der Fachschule für Bautechnik im mecklenburgischen Neustrelitz. Noch immer ist er sehr aktiv, kauft ein, kocht selbst, fährt mit den Enkeln zum Fischen und verreist, so wie letztes Jahr mit der Familie nach Norwegen. Sein Lebensverlängerungstipp: Singen. Am besten im Chor: «Musik hält jung und elastisch.»

3.

Im Jahr 1921, als Olivia Hooker sechs Jahre alt war, plünderten Mitglieder des Ku-Klux-Klan während der Rassenunruhen in Tulsa ihr Zuhause. Jahrzehnte später gehörte Hooker zur Kommission, die die Rassenunruhen in Tulsa untersuchte. Und sie war eine der Überlebenden, die vergeblich vor Bundesgericht eine Entschädigungsklage einreichten. In den 40er-Jahren war sie eine der ersten afroamerikanischen Frauen, die in die Army gingen. 1961 erhielt sie von der University of Rochester ihren Doktor in Psychologie und arbeitete lange Zeit mit Frauen mit Lernschwäche. Die Wände in ihrem winzigen Haus in White Plains nördlich von New York sind behängt mit Diplomen und Grusskarten an sie – von den Clintons, den Bushs und den Obamas.

4.

Die Dorfbewohner aus Orotelli nennen Gaspare Mele Onkel Gasparru. Gaspare Mele hat fast sein ganzes Leben der Poesie gewidmet. Er hat acht Kinder (zwei seiner Töchter leben mit ihm), Enkelkinder und Urenkel. Er war fasziniert von der Literatur, die sein Vater ihm während seiner Kindheit zu lesen gab, und so brachte er sich das Schreiben selbst bei, als er während des Zweiten Weltkriegs in Somalia stationiert war. Onkel Gasparrus Rat für ein langes Leben: «Lebe und arbeite in Frieden und Harmonie mit dir selbst und anderen. Versuche immer, Gut von Böse zu unterscheiden.»

5.

«Ich war nie auf Rosen gebettet», sagt sie. Als sie 44 war, fiel ihr Mann im Zweiten Weltkrieg. Fortan musste sie sich mit ihren drei Töchtern allein durchschlagen. Sie arbeitete im Sägewerk, bediente in Restaurants, nähte Fasnachtskostüme und eröffnete einen Kostümverleih. «Ein gewisser Trotz, dem Leben und seinen Zumutungen die Stirn zu bieten», meint sie, sei vielleicht gar kein schlechtes Rezept für ein langes Leben. Und natürlich: «dass man in Bewegung bleibt.»