Es gab da kürzlich einen Hype um die Frauenfussball-Weltmeisterschaft. Den habe selbst ich mitbekommen, die den Sportteil der Zeitungen schon mental verbrannt hat, noch bevor er die Druckerpresse verlässt. Doch er war überall, im Wirtschafts-, Gesellschaftsteil, im Feuilleton, man kam nicht drumrum.
Es ging dabei um eine Rede von Megan Rapinoe und darum, dass Frauenfussball eben besser oder eben nicht besser ist als Männerfussball. Und darum, ob die Frauen den Männern das jetzt auch noch streitig machen dürfen und sollen, und darum, dass viele Mädchen sehr gut Fussball spielen, aber dann einfach nie wirklich Geld damit verdienen können. Bestimmt alles äusserst spannende Konversations- und Interviewthemen – wenn man sich denn für diese Sportart Fussball interessieren sollte.
Ich bin Feministin. Ich sage: Vor dem Streik ist nach dem Streik. Wie viele andere. Nun erhalte ich seit einigen Wochen regelmässig Anfragen von Menschen, die künftige Frauenstreik-Treffen an die lokalen Frauenfussballspiele verlegen wollen. Ein Zeichen setzen, «den Fussball unfucken» – was auch immer das heissen soll –, Gleichgesinnte treffen und weitere feministische Aktionen planen. Den Anliegen des Frauenstreiks eine Plattform bieten. Beziehungsweise eine Zuschauertribüne. Das ist bestimmt nur nett gemeint, spricht mich jedoch ungefähr so stark an wie Diskussionen über die Errungenschaften der Fifa. Ich schaue mir keinen Sport an.
Klar, die Leute sind brutal sportlich. Ich finde auch wirklich toll, dass die so sportlich sind und so schnell rennen können und dribbeln und Velo fahren und weit Ski springen und hoch hüpfen und stundenlang im Auto dieselbe Runde drehen. Was mir unklar bleibt, ist, weshalb ich ihnen dabei zusehen sollte. Ich verstehe Theater und schau es mir unglaublich gern an. Es käme mir jedoch niemals in den Sinn, künftig Frauenstreik-Treffen in den Zuschauerrängen von Patti Basler oder nach einer Show von Caroline Kebekus zu veranstalten. Obwohl das für mich rein fan-technisch eher Sinn machen würde. Denn Fan von einem Eishockey-, Basketball- oder Fussballverein zu werden, das macht für mich erst recht keinen Sinn. Die Spieler*innen wechseln ständig, die Trainer*innen auch. Sind die Fans begeistert von der Farbgebung des Logos, der Stadion-Infrastruktur oder vom musikalisch wertvollen Fangesang? Ich verstehe es nicht.
Was ich verstehe, das sind Offside und Corner, und ich weiss auch, wer die letzte Weltmeisterschaft gewonnen hat. Aber aktiv um dieses Wissen bemüht habe ich mich keinesfalls. Auch nicht darum, an ein Spiel zu gehen. Mitgeschleppt wurde ich trotzdem. Und dann stand ich mit 18 Jahren da, an einem Fussballspiel des FC Luzern, und liess mich von der Stimmung anstecken. Ich schlug mit den Fäusten gegen die Bande, kritisierte den Schiri und stimmte in die ordinären, aber eben eingängigen Fangesänge über Gigi Oeri mit ein. Für dieses sexistische Gebrülle schäme ich mich bis heute – vor allem, da es mir noch immer in den Ohren klingt.
Deshalb: Gleichstellung vor, noch ein Tor? Unbedingt! Bei Mädchen, Jungen, Männern, Frauen und allen, die sich diesen Zuschreibungen nicht zugehörig fühlen. Aber deswegen werde ich nicht anfangen, mir Sport anzusehen. Ausser, im schlimmsten Fall, vielleicht Theatersport.