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Frauen ins Militär!

Leben

Frauen ins Militär!

  • Redaktion: Claudia Senn; Foto: VBS/DDPS

annabelle-Redaktorin Claudia Senn hat kein inniges Verhältnis zur Schweizer Armee. Trotzdem findet sie, dass Gleichberechtigung nicht beim Wehrdienst aufhören kann. 

Mein Verhältnis zur Schweizer Armee ist in etwa so innig wie jenes zu evangelikalen Kirchen: Ich war stets erleichtert, nicht mitmachen zu müssen bei dieser verknöcherten Institution, deren Werte ich nicht teile und deren Sinn sich mir nicht erschliesst. Als junge Frau hörte ich voller Mitgefühl und Schaudern den Berichten meiner Freunde zu, die ihre RS als eine endlose Abfolge von brüllenden Vorgesetzten, dilettantischen Schiessübungen, Schlafentzug, Komasaufen und sinnfreien Gewaltmärschen schilderten. Logisch, dass ich bei der Armeeabschaffungsinitiative 1989 ein beherztes Ja in die Urne legte. Im Ernstfall hatte diese Gurkentruppe einer feindlichen Armee doch sowieso nichts entgegenzusetzen. So dachte ich früher. Und so denke ich – mit Abstrichen – auch heute noch. Deshalb wird Sie das Anliegen dieser Kolumne möglicherweise überraschen: Ich mache mich hier nämlich für eine Dienstpflicht für Frauen stark. Ganz recht, wir müssen in die Gurkentruppe.

Nicht, dass ich unserer Armee heute mehr Schlagkraft zutrauen würde als früher. Aber 82 Prozent der Bevölkerung halten sie nun mal für notwendig, das ergab die letztjährige Sicherheitsstudie der ETH Zürich, und selbst ich muss einsehen, dass das eine erdrückende Mehrheit ist. Warum sollten die Männer diese Last ganz alleine schultern? Weil sie grössere Muskeln haben? Das mag vielleicht geholfen haben, als wir noch mit Hellebarden aufeinander eindroschen. Doch heute könnte Landesverteidigung ebenso gut Frauensache sein wie Hausarbeit Männersache. Wer Gleichberechtigung einfordert, darf sich bei den damit verbundenen Pflichten nicht vornehm zurückhalten. So einfach ist das. Eigentlich. Ich will keine Rosinenpickerin sein, die nur auf die Vorteile der Emanzipation aus ist. Ich will aber auch nicht mit dreissig Kilo Gepäck auf dem Rücken durch den Schlamm robben müssen und mich von idiotischen Vorgesetzten anbrüllen lassen. Ich bin bereit, meinen Anteil zu leisten, möchte dabei aber nur ungern das Gefühl haben, etwas zutiefst Sinnloses zu tun. Sie sehen, es ist kompliziert.

Erstaunlicherweise hat nun das Militärdepartement ein kleines Wunder vollbracht. Ab April ist für die Sicherheitspolitik der Schweiz und damit auch für die langfristige Ausrichtung der Armee eine Frau verantwortlich: die 47-jährige Pärvi Pulli, eine aus Finnland stammende Strategie-Expertin, die sieben Sprachen spricht. Liest man die Internetkommentare, die auf ihre Ernennung folgten, könnte man glauben, der Neandertaler sei doch noch nicht ganz ausgestorben. Für manche Männer scheint es nichts Bedrohlicheres zu geben als eine Frau, die es wagt, in ihr letztes Refugium einzudringen. Und dann auch noch eine Zugewanderte, die nie Militärdienst geleistet hat!

Ich hingegen erhoffe mir von Frau Pulli nur das Beste. Sie könnte die Armee professioneller, effizienter, moderner gestalten. Sie könnte ihre Kultur und ihre Aufgaben verändern, sodass nicht mehr so viele Armeeangehörige ihren Dienst als komplett unsinnig wahrnehmen. Frauen könnten etwa Cyberkriminelle bekämpfen, Sozialdienste aller Art leisten, mit den Männern Seite an Seite für einen Krieg trainieren, der hoffentlich niemals kommen wird. Frau Pulli könnte dafür sorgen, dass weniger gebrüllt wird. Dass Frauen hier ihren Platz finden, ohne als absolute Exotinnen zu gelten. Weil ihre Anwesenheit dann einfach als normal empfunden wird. Eines fernen Tages. Irgendwann.

 

Claudia Senn ist annabelle-Redaktorin. Sie mag die norwegische Army-Serie «Nobel», in der nie gebrüllt wird. Das könnte daran liegen, dass in Norwegen auch Frauen wehrpflichtig sind. Es gibt dort sogar eine rein weibliche Spezialeinheit.

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