«Ich bin ja auch für Gleichberechtigung, aber Feministinnen sind mir einfach zu aggressiv»
Frauen sollen ihre Anliegen bitteschön in verführerischem Ton vorsäuseln. Interessanterweise sagt übrigens niemand: Ich bin ja auch für Rassismus, aber die Rechten sind mir einfach zu aggressiv. – Produzentin Michèle Roten
«Veränderungen brauchen eben Zeit»
Das Problem an diesem Satz ist nicht, dass er falsch wäre. Es braucht Zeit, bis sich bei der Gleichstellung der Geschlechter etwas bewegt. Es braucht viel Zeit. Sehr viel Zeit. Viel zu viel Zeit.
Das Problem an diesem Satz ist, dass er zur Geduld auffordert. Dass er impliziert, dass die Dinge sich verbessern werden und es keinen Anlass für zu viel Gstürm gibt. Aber Gleichstellung ist kein Idealzustand, der sich evolutionär irgendwann durchsetzen wird. Sie ist die Folge von Lärm, Forderungen – und politischen Entscheidungen.
Ein Beispiel gefällig? In der Schweiz wird alle zwei Wochen eine Frau von ihrem Partner, Ex-Partner, Bruder oder Sohn getötet. Jede Woche überlebt eine Frau einen versuchten Femizid. Diese Frauen haben keine Zeit, sie brauchen gut ausgebaute, nachhaltig finanzierte Zufluchtsorte.
Noch eines? Die Schaffhauser Polizei ermittelte ganze zweidreiviertel Jahre im Fall des unvergleichlich gut dokumentierten Gewaltverbrechens gegen Fabienne W. Bei allem Unrecht, das dieser Frau widerfahren ist, bei all der Dummheit, die sie insbesondere in der medialen Berichterstattung ertragen musste, nachdem sie an die Öffentlichkeit gegangen ist: An diesem Missstand kann man etwas ändern. Das ist keine Frage der Zeit, sondern des politischen Willens. – Chefredaktorin Barbara Loop
«Du bist zu klug und eigenständig, das verscheucht jeden Mann»
Redaktorin Helene Aecherli
«Chasch du das?»
Ein wenig Erbarmen habe ich mit dem Typen, der mich vor etwa zwei Jahren vor seiner Baustelle ansprach. Mir war gerade bei meinem Fahrrad die Kette rausgesprungen und ich fluchte laut. «Bruchsch Hilf, Meitli?» trug nicht zu meiner Entspannung bei. Nein, danke, das könne ich prima selbst, presste ich zwischen meinen Zähnen raus. «Chasch du das, Meitli?» erweckte endgültig die Furie in mir.
Ob er ernsthaft meine, nur ein Penis befähige dazu, Fahrradketten reinzumechen, fuhr ich entsprechend den Bauarbeiter harsch an. Was im Umkehreffekt dazu führte, dass er mir zusammen mit einer Horde Kollegen (ja, bewusst nicht gegendert) dabei zusah, wie ich mit karrenschmiereschwarzen Händen meine Kette wieder reinspannte und erhobenen Hauptes davonfuhr.
Zugegeben, es erfreut mich vielleicht fast etwas zu sehr, mit meinem (erstaunten) Papa auf dem Beifahrersitz den Mietbus rückwärts einzuparken, meinen neuen Wifi-Anschluss selbst installiert zu haben und yes, auch allein Löcher in die Wand zu bohren. Kann ich nämlich alles sehr wohl, verflucht noch mal. – Redaktorin Sandra Brun
«Ich finde es so süss / heiss / toll, wenn er … [insert: basic human decency]»
Heteromänner müssen so wenig tun, um als feministische Helden zu gelten. Er hat einmal für dich gekocht? Er nimmt Rücksicht auf deine PMS? Er macht dir manchmal eine Bettflasche, wenn du deine Tage hast? Er hört dir zu, wenn du über deine Gefühle sprichst? Babe, das sind alles Voraussetzungen, ohne die ich eine Frau gar nicht erst daten würde.
Sie sind kein Bonus, sondern das absolute Minimum. Unsere Freundinnen, Mitbewohnerinnen, ja sogar Arbeitskolleginnen tun diese Dinge häufig komplett selbstverständlich und wir verleihen ihnen dafür keine Medaille. Wir loben Heteromänner für Dinge, die wir von den Frauen in unserem Leben schlicht erwarten. Hören wir bitte auf damit? –Reportage-Volontärin Darja Keller
«Warum demonstrieren? Frauen haben doch schon alles erreicht»
Ich sass keine drei Minuten lang im Uber, als ich mit jedem gefahrenen Meter stärker bereute, nicht doch den Weg mit Bus, Tram und Regen auf mich genommen zu haben. Der Uber-Fahrer musste wegen einer Baustelle einen Umweg wählen, weshalb wir über blockierte Strassen redeten. Schliesslich landete das Gespräch thematisch beim feministischen Streik. Und bei seiner Aussage: «Warum demonstrieren? Frauen haben doch schon alles erreicht».
Bevor ich mit der Auflistung an Gründen freundlich loslegen konnte (manche Menschen – es gibt sie – hatten ja noch keine ernsthaften Berührungspunkte damit), schnellte er in stolzem Tonfall nach: «Versteh mich nicht falsch, ich liebe Frauen. Ich habe selbst eine».
Ich schwieg vor Wut – und besänftigte sie mit der Vorstellung, dass er sich während der Demonstration genervt durch die Stadt quält, wo er hoffentlich dem einen oder anderen Plakat begegnen wird. Je mehr Leute verstehen würden, wie komplex die Probleme sind, desto weniger feministische Demonstrationen wären nötig. Die Rechnung ginge also für uns beide auf. – Social Media Editor Vanessa Vodermayer
«Super gemacht, ein Sohn!»
Der letzte Ultraschall vor meinem Not-Kaiserschnitt. Ich kannte den behandelnden Gynäkologen nicht und war recht nervös, nachdem er zunächst nicht den linken Arm meines Babys finden konnte. Als er nebst Arm auch noch das Geschlechtsteil entdeckte, drehte er sich zu meinem Mann um, reckte den Daumen in die Höhe und raunte ihm grinsend zu: «Ah, super gemacht, ein Sohn!». Ehrlich jetzt?
Genauso bescheuert übrigens das an Väter von Töchtern adressierte: «Der kann nur Mädchen». Klar, alles witzig gemeint – ist es aber nicht. Mich widert diese Glorifizierung der Stammhaltersperma-Connection und die beständige Abwertung des weiblichen Geschlechts einfach nur noch an. – Redaktorin Sarah Lau
(Stille)
Ich kriege von Männern nichts zu hören, weil sie mich ghosten. – Redaktorin Linda Leitner
«Igitt, was ist das denn!?»
«Igitt, was ist das denn!?», sagte er, das Gesicht von offensichtlichem Ekel verzogen. Mein Ex-Freund hatte ein schwarzes Haar neben meinem Bauchnabel entdeckt. Er hatte so etwas offenbar noch nie vorher gesehen. Das war natürlich nicht der Grund für die Trennung, aber doch ein Moment, der sich mir einbrannte: Ein einziges kleines Haar, an einem Ort, wo man es bei Frauen weder in Werbungen, Magazinen noch Filmen je ein Haar sieht, machte aus mir – der eben noch begehrten Freundin – einen Grüsel. Ob er je daran dachte, wie sein Attraktivitätsbarometer ausgerissen wäre, hätte ich damit begonnen, seine Nasen-, Nacken-, Ohr-, Et cetera-Haare zu zählen? – Redaktorin Melanie Biedermann
«Jetzt ist mal gut mit diesem ganzen Genderquatsch»
Erst kürzlich las ich wieder in einem «Tagesanzeiger»-Artikel das Argument, man würde, wenn man gendert, zu viele Leute damit ausschliessen. Der Autor fordert: «Auch Behörden, Verwaltungen und Schulen müssen sich um eine unparteiliche, gewissermassen überparteiliche, und verständliche Sprache bemühen, die die Mehrheit des Volkes anspricht.»
Der Witz an der ganzen Sache ist: Mit einer gendergerechten Sprache wird nicht nur «die Mehrheit» angesprochen. Sondern alle. Jede einzelne Person! Jackpot! – Co-Leiterin Digital Marie Hettich