Viele Menschen wollen Flüchtenden aus der Ukraine als Gastfamilie oder Gastgeber:in helfen. Wo kann man sich überhaupt anmelden und was gilt es zu beachten? Eliane Engeler, Mediensprecherin der Schweizerischen Flüchtlingshilfe, beantwortet die wichtigsten Fragen.
Ich will als Privatperson Flüchtende aus der Ukraine aufnehmen. Wie gehe ich vor, wenn ich jemanden bei mir aufnehmen will?
Potenzielle Gastfamilien können sich bei uns melden. Auf unserer Website gibt es ein Anmeldeformular und Informationen zur privaten Unterkunft für Geflüchtete. Die Daten werden in unserer Liste möglicher Unterbringungsplätze aufgenommen. Sobald eine Vermittlung möglich ist, werden Sie von uns oder von einer unserer Partnerorganisationen in den Bundesasylzentren kontaktiert. Wir bitten um etwas Geduld, auch bezüglich weiterführender Fragen. Auf unserer Webseite stellen wir zudem laufend weitere Informationen zur Verfügung.
Welche Voraussetzungen muss ich als Gastgeber:in mitbringen und was muss ich beachten?
Es ist wichtig, die Bedürfnisse von geflüchteten Personen zu kennen: Es geht um Menschen, die aus einem Kriegsgebiet geflüchtet sind und alles hinter sich lassen mussten. Sie brauchen einen Rückzugsort. Privatsphäre ist wichtig. Idealerweise bieten Sie ein abschliessbares Zimmer oder zumindest abgegrenztes Zimmer an. Es braucht Zugang zu Badezimmer und einer Küche, beziehungsweise Kochgelegenheit. Die Unterkunft sollte ausserdem nicht zu abgelegen und mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar sein. Wichtig ist zudem, dass der oder die Gastgeber:in Zeit einplant, um den Geflüchteten im Alltag zu helfen und sie zu unterstützen.
Muss ich bei meiner Vermieter:in zuerst um Erlaubnis fragen oder mich mit den Behörden in Verbindung setzen?
Bei einer kostenlosen Unterbringung ist das Einverständnis der Verwaltung oder Vermietung gemäss Mietrecht nicht zwingend, es wird aber empfohlen, das Einverständnis einzuholen. Handelt es sich um ein Untermietverhältnis, so muss in jedem Fall die Zustimmung der Verwaltung oder Vermietung eingeholt werden.
Das Staatssekretariat für Migration hat diese Woche informiert, dass Unterkunft bei privaten Gastgeber:innen möglich ist. Der Bundesrat hat zudem informiert, dass er für Ukrainer:innen, die aus ihrer Heimat in die Schweiz geflüchtet sind, den Status S aktivieren möchte.
Essen, Kleider, Taschengeld, Hygieneprodukte: Bin ich als Gastgeber:in auch für die Lebenserhaltungskosten verantwortlich, wenn ich Flüchtende bei mir aufnehme?
Nein, Personen mit Schutzstatus S oder Asylsuchende werden durch die kantonal und kommunal zuständigen Stellen der Asylfürsorge unterstützt. Die finanzielle Unterstützung für den Lebensunterhalt richtet sich dabei nach den kantonalen Richtlinien. Auch der Abschluss einer Krankenversicherung (inklusive Unfallversicherung) wird durch die zuständigen Behörden sichergestellt.
Die Personen, die ich aufnehme, haben ihre Heimat hinter sich gelassen und Schlimmes erlebt. Was kann ich tun, um die Personen auch emotional zu unterstützen?
Gastfamilien sollten Zeit haben, um mit den Gästen ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. Geflüchtete haben oft existenzielle Sorgen, Freunde und Verwandte sind noch im Kriegsgebiet. Geflüchtete haben viel erlebt, eventuell auch Traumatisierungen. Ihre Geschichte interessiert die Gastfamilien sehr – trotzdem sollten die Geflüchteten von sich aus dieses Thema ansprechen können. Gerade belastende Erfahrungen will man nicht jederzeit teilen. Es braucht zuerst ein Vertrauensverhältnis.
Das Schweizerische Rote Kreuz bietet zum Thema Traumata und posttraumatischen Belastungsstörungen viele Informationen in verschiedenen Sprachen und den Betroffenen professionelle Unterstützung.
Wie lange bleiben die Personen bei mir als Gastgeber:in und wer bestimmt das?
Geflüchtete brauchen Stabilität. Daher braucht es die Bereitschaft für ein längeres Commitment: Wir empfehlen eine Mindestdauer von drei Monaten. Idealerweise dauert die Betreuung so lange, bis die geflüchtete Person finanziell selbstständig ist.
Wie geht es danach für die Person weiter und wie kann ich die Person weiter auf ihrem Weg unterstützen?
Wie lange die Geflüchteten in der Schweiz bleiben werden, ist aktuell noch nicht abzusehen. Eine Unterbringung bei einer Gastfamilie ist für die Geflüchteten gerade in den ersten Monaten von grossem Wert. Sie hilft den Menschen, sich hier willkommen zu fühlen und sich rascher zu integrieren. Durch das Zusammenleben mit bereits hier wohnhaften Menschen wird die Teilhabe am sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Leben in der Schweiz erleichtert. Der gegenseitige Austausch kann auch zu langfristigen Verbindungen führen und eine positive Dynamik entwickeln – das ist gelebte Integration.
Weitere Informationen zum Thema findet ihr hier.