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Feminismus demonstrieren

Leben

Feminismus demonstrieren

  • Text: Jessica Prinz; Foto:

Junior Editor Jessica Prinz steht nicht auf Demonstrationen. Dennoch hat sie am Nationalen Frauenstreik teilgenommen. Zum Glück.

«Ich mag Demonstrationen nicht.» Von so vielen hörte man vergangenen Freitag, dem Tag des Nationalen Frauenstreiks, diesen Satz. Auch von mir. Weil Streiks nicht so meine Sache sind. Weil ich nicht die bin, die laute Parolen hinausschreit. Dennoch begaben sich mehrere Hunderttausend Menschen schweizweit auf die Strassen, um zu demonstrieren. Auch ich. Denn auch wenn ich Demos gegenüber kritisch eingestellt bin, wollte ich mich solidarisch zeigen. Und damit war ich nicht allein.

Der Schweizerische Gewerkschaftsbund ordnet den zweiten Frauenstreik der Schweiz als die «grösste politische Demonstration der neueren Geschichte» ein. Unzählige Aktionen und Demonstrationen sorgten dafür, dass die Forderungen rund um die Gleichstellung der Geschlechter im Mittelpunkt standen. Ein klares Zeichen also, dass es sich um wichtige Anliegen handelt, die die breite Masse in der Gesellschaft interessiert, – ob Frau oder Mann. Denn trotz abschreckender Berichterstattung betreffend männlicher Teilnehmer an Demonstrationen im Vorfeld des Streiks wagten sich durchaus Männer jeden Alters auf die Strasse, um mit ihren  Kolleginnen, Partnerinnen oder Familienmitgliedern für Gleichberechtigung im Privatleben und im Arbeitsalltag zu kämpfen.

Gegen Diskriminierung aufgrund der Geschlechtsidentität oder sexueller Orientierung, für mehr Anerkennung der Care-Arbeit, gegen Lohnungleichheiten: Diese und noch mehr Forderungen schafften vergangenen Freitag eine grosse Verbundenheit und Solidarität unter den Demonstrierenden, die hoffentlich noch lang aufrecht erhalten bleiben. Genauso wichtig, wie diese Energie an der Demonstration zu spüren, ist und bleibt es nämlich, sie mitzunehmen. Nach den Forderungen des zweiten Nationalen Frauenstreiks zu leben, sie in den Alltag zu integrieren und sich täglich im Privaten dafür einzusetzen.

Auch ich spürte durchaus den Geist der Demonstration, bewegte mich gern in der bunten Masse aus Frauen und Männern. Denn zwischen kleinen Buben in «The Future is female»-Shirts, Hidschab-tragenden Frauen, die sich zum Rhythmus der Trommlerinnen und Trommler bewegen, und lesbischen Rentnerinnen fällt es leicht, an eine rosige Zukunft zu glauben. Und weiterzumachen.