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Evan Rachel Wood wirft Marilyn Manson jahrelangen Missbrauch vor
- Text: Vanja Kadic
- Bild: Shutterstock
Mehrere Frauen, darunter Schauspielerin Evan Rachel Wood, erheben schwere Vorwürfe gegen Marilyn Manson. Der Musiker soll sie physisch, psychisch und sexuell misshandelt haben.
Evan Rachel Wood will nicht länger schweigen: Die US-Schauspielerin will, dass ihr Peiniger zur Rechenschaft gezogen wird – und macht deshalb seinen Namen öffentlich. Die 33-Jährige wirft ihrem Ex-Verlobten, dem Musiker Marilyn Manson, vor, sie jahrelang misshandelt zu haben. «Der Name meines Missbrauchstäters ist Brian Warner, der Welt auch als Marilyn Manson bekannt», schrieb sie gestern. «Er erschlich sich mein Vertrauen, als ich ein Teenager war und missbrauchte mich über Jahre grauenhaft. Ich bekam eine Gehirnwäsche und wurde zur Unterwerfung manipuliert.»
Sie erklärte, warum sie sich nun, nach Jahren des Schweigens, öffentlich äussert. «Ich will nicht mehr in Angst vor Vergeltung, Verleumdung oder Erpressung leben. Ich bin hier, um den gefährlichen Mann zu entlarven und die zahlreichen Branchen zu benennen, die ihn befähigten – bevor er noch mehr Leben zerstört. Ich solidarisiere mich mit den vielen Opfern, die nicht mehr schweigen werden.»
«Kranke Rituale, um seelisch und körperlich gequält zu werden»
Evan Rachel Wood war On-Off von 2007 bis 2010 mit Marilyn Manson zusammen. Ende 2016 erzählte sie erstmals in einem Interview, dass sie mehrfach sexuell missbraucht und vergewaltigt wurde und eine Überlebende von häuslicher Gewalt sei – den Namen eines Täters nannte sie nie. Bis jetzt. Im Februar 2018 sagte die «True Blood»-Schauspielerin ausserdem vor dem Ausschuss des Repräsentantenhauses der Vereinigten Staaten aus und gab weitere Details über den Missbrauch bekannt, den sie erlebte. «Meine Erfahrung mit häuslicher Gewalt ist diese: Toxische, mentale, physische und sexuelle Gewalt, die langsam begann, aber mit der Zeit eskalierte. Einschliesslich Drohungen gegen mein Leben, schweres Gaslighting und Gehirnwäsche», sagte sie. «Ich wachte neben dem Mann auf, der behauptete, mich zu lieben und der, meinen, wie er glaubte, bewusstlosen Körper vergewaltigte. Und das Schlimmste: Kranke Rituale, bei denen mir Hände und Füsse zusammengebunden wurden, um seelisch und körperlich gequält zu werden, bis mein Peiniger das Gefühl hatte, ich hätte ihm meine Liebe bewiesen.»
«Ich hatte das Gefühl, ich könnte sterben»
Sie sagte weiter: «In diesem Moment, als ich gefesselt und geschlagen wurde und mir unaussprechliche Dinge gesagt wurden, hatte ich das Gefühl, ich könnte sterben. Nicht nur, weil mein Peiniger zu mir sagte: ‹Ich könnte dich auf der Stelle umbringen›, sondern weil ich in diesem Moment das Gefühl hatte, meinen Körper zu verlassen und zu viel Angst hatte, wegzulaufen. Er würde mich finden.»
Solidarisch mit Evan Rachel Wood äusserten sich gestern mindestens vier weitere Frauen mit ähnlichen, ebenfalls schweren Missbrauchsvorwürfen gegen Manson. Ashley Walters arbeitete 2010 als persönliche Assistentin für Manson und war eine gute Freundin des Künstlers. Sie schrieb bei Instagram: «Wir hatten ein enges Verhältnis, waren wie eine Familie. Ich realisierte nicht, dass er Informationen über mich sammelte, die er dann gegen mich verwendete. Ich wurde schnell Opfer seines psychologischen Missbrauches. Er war sehr gut darin, seinen inneren Kreis zu manipulieren.»
«Er interessierte sich extrem für Gedankenkontrolle, Foltertechniken»
Sie wurde «Zeugin, wie er Angestellte und Lebenspartnerinnen» psychisch missbrauchte. «Grausame, geistesgestörtes Verhalten und irrsinnige Szenarien wurden normalisiert. Er interessierte sich extrem für Gedankenkontrolle, Foltertechniken (zum Beispiel verschiedene Sound Frequenzen, die die Stimmung ändern sollten oder bewirkten, dass einem schlecht wird) und Spionagegeräte, um Informationen über uns für Erpressung und zur Manipulation zu sammeln. (…) Brian Warner muss zur Rechenschaft gezogen werden.»
Das Model Sarah McNeilly berichtet von ähnlichem Missbrauch durch Manson. Sie schreibt bei Instagram: «Er gab sich als perfekter Boyfriend aus. Charmant, smart, lustig. Als er mich an sich band, fand ich heraus, dass er andere foltert – bevor ich die wurde, die er folterte. Ich wurde emotional missbraucht, terrorisiert und in Zimmer gesperrt, wenn ich ‹böse› war. (…) Ich hörte von anderen, die ihre Geschichte erzählen wollten – deren Haustiere wurden schliesslich tot aufgefunden.»
«Ich durfte nicht essen, nicht schlafen, nicht gehen»
Und auch das Model Ashley Lindsay Morgan schreibt bei Instagram, ihre Beziehung mit Manson sei von Missbrauch, sexueller und körperlicher Gewalt und Nötigung geprägt gewesen. «Ich bekam Regeln und bekam ‹Ärger› für jedes Verhalten, das er nicht bewilligte. (…) Ich wollte glauben, dass er andere Leute nicht so verletzte, beschämte und öffentlich blossstellte, wie mich», so Morgan. «Er warf mich, fast unbekleidet, aus dem Haus, wenn ich um drei Uhr morgens einschlief. Ich durfte nicht essen, nicht schlafen, nicht gehen. Wenn ich einschlief, wurde ich mit lauter Musik geweckt. Er machte mir glauben, dass es unser ‹Ding› war, wenn er mich verbrannte oder schnitt.»
Marilyn Manson hat sich bislang noch nicht zu den zahlreichen und äusserst schwer wiegenden Vorwürfen geäussert. In einem Interview mit dem Musik-Magazin «Spin» sagte Manson 2009 über Evan Rachel Wood: «Ich habe jeden Tag Fantasien, wie ich ihr mit einem Vorschlaghammer den Schädel einschlage.» Sein Team kommentierte die Aussage im vergangenen Jahr, nachdem Manson ein Interview mit dem Musik-Magazin «Metal Hammer» vorzeitig abbrach, weil der Journalist ihn auf Evan Rachel Wood ansprach. Bei der Aussage zum Vorschlaghammer habe es sich «offensichtlich um ein theatralisches Rockstar-Interview» gehandelt, «um eine neue Platte zu promoten, und nicht um einen Tatsachenbericht», so der Sprecher.
Evan Rachel Wood setzte sich stark für die Kampagne «Time’s Up» ein und ist eine Unterstützerin der «#MeToo»-Bewegung. Sie «verfasste den Gesetzesentwurf «Phoenix Act» für häusliche Gewalt, der 2019 in Kalifornien in Kraft trat: Der Gesetzesentwurf erhöhte unter anderem die Verjährungsfrist für Straftaten im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt von drei auf fünf Jahre.
Hier finden Opfer von häuslicher Gewalt und Stalking Hilfe und Informationen:
Die Opferhilfe-Beratungsstellen in der Schweiz: opferhilfe-schweiz.ch, Links zu Schutzunterkünften: www.opferhilfe-schweiz.ch/de/was-ist-opferhilfe/schutz/
Beratungsstelle für Frauen gegen Gewalt in Ehe und Partnerschaft (BIF): bif-frauenberatung.ch, Tel: 044 278 99 99 oder Online-Beratung
Deutschsprachige Online-Beratungen für Hilfesuchende (Frauen, Kinder und Männer): violencequefaire.ch
Dachorganisation der Frauenhäuser der Schweiz und Liechtenstein: frauenhaus-schweiz.ch