Neben ihren Kindern ist das Backen Lynn Lahusens grosse Leidenschaft. Dass sich daraus auch ein Business machen lässt, zeigt die Unternehmerin mit ihrem Online-Shop Bakeria.ch und ihrem Ladenlokal Bakeria in Thalwil.
Lynn Lahusen ist eine Powerfrau, die anpackt, wenn sie eine Idee hat. Und davon hat sie viele. Was ursprünglich als Nebentätigkeit für die kinderfreie Zeit geplant war, ist heute ein Unternehmen im digitalen und physischen Sinn. Denn Lynn Lahusen verkauft on- und offline Backzubehör. Vor drei Jahren gründete die Mutter von zwei kleinen Kindern den Online-Shop Bakeria.ch, vor wenigen Wochen eröffnete sie ihr erstes Geschäft – Bakeria in Thalwil. Auf über 150 Quadratmetern finden sich – vom Rollfondant bis zur Springform – Zutaten und Zubehör für die eigene Backstube und sicher auch der eine oder andere wertvolle Backtipp.
annabelle.ch: Lynn Lahusen, wie sind Sie auf die Idee gekommen, Backzubehör zu verkaufen?
LYNN LAHUSEN: Ich lebte einige Jahre in Kapstadt, wo ich neben einer Bäckerei arbeitete. Dort habe ich mich in die bunten Cupcakes verliebt, die ich, ebenso wie kreatives Backmaterial, nach meiner Rückkehr in die Schweiz vermisste. Also ersteigerte ich das Zubehör via Ricardo, um meiner Backleidenschaft nachzugehen. Als ich mich auf die Suche nach einer Nebenbeschäftigung machte, merkte ich, wie schwierig es ist, als zweifache Mama eine Teilzeitstelle zu finden. Ich habe nie geplant, eine eigene Firma zu gründen, es ist einfach passiert, und es lässt sich gut mit meiner Liebe zum Backen verbinden. Ich hatte keine grossen Erwartungen, es gab weder einen Businessplan noch ein konkretes Konzept. Denn im Grunde kommt es sowieso immer anders, als man glaubt. Mit einer kostenlosen Software wagte ich mich an den Online-Shop heran – leider eher schlecht als recht.
Was ist schiefgelaufen?
Wenn man sich nicht auskennt, kann es schon mal passieren, dass man wichtige Bauteile löscht (lacht). Plötzlich fanden mich die Leute im Internet, obwohl ich noch gar nicht online sein wollte. Da kamen bereits die ersten Bestellungen. Daraufhin übergab ich die Arbeit an der Website einem Profi.
Lediglich sechs Produkte verkaufte sie anfänglich via Bakeria.ch – das war vor drei Jahren. Heute umfasst das Sortiment rund 4000 Produkte. Für ihren Online-Shop beschäftigt die Unternehmerin 14 Mitarbeiterinnen, die zwischen 20 und 80 Prozent arbeiten – allesamt Mütter aus dem Dorf, die ebenfalls eine Teilzeitstelle suchten. Im Ladenlokal in Thalwil arbeiten drei weitere Mitarbeiterinnen – damit wacht Lynn Lahusen über ein grosses Team engagierter Frauen.
Wie vereinbaren Sie Ihr Unternehmertum mit Ihrem Familienleben?
Mein Job ist sicherlich keine Teilzeitstelle. Würde man es in Stellenprozenten ausdrücken, läge ich bei 300 Prozent (lacht). Ich arbeite oft am Wochenende und am Abend, und ohne die Hilfe meines Mannes würde es nicht gehen. Er passt an zwei Nachmittagen in der Woche auf die Kinder auf und arbeitet häufig von zuhause aus. Bei all der Arbeit haben wir aber klare Zeiten für uns und die Kinder.
Das Beste an ihrer eigenen Firma ist für Lynn Lahusen die Unabhängigkeit. Sie ist ihr eigener Chef. Sie liebt die Herausforderung und vergleicht ihre Firmengründung mit einem Strategiespiel, bei dem sie die Fäden in der Hand hat und das Wachstum beeinflussen kann. Doch hat die Selbstständigkeit auch eine Kehrseite. Lynn Lahusen kann nicht um 17 Uhr das Büro verlassen und die Verantwortung abgeben. Wenn sie um Mitternacht eine Falschlieferung registriert, muss sie sich sofort darum kümmern. Die 34-Jährige ist ein spontaner Typ. Sie lässt sich nicht verunsichern und macht das Beste aus jeder Situation. Mit dieser positiven Einstellung, gepaart mit ihrem Ehrgeiz und ihrem Arbeitseifer, stemmt sie Online-Shop, Laden und Familie.
Wie hat Ihre Familie auf Ihre Businessidee und Ihre Selbstständigkeit reagiert?
Meine Kinder lieben es. Speziell der Grosse, er ist fünf Jahre alt, ist ein Fan der Bakeria. Jeden Freitag darf er mit mir ins Geschäft kommen. Mein Umfeld war nicht überrascht, als ich von meiner Idee berichtete. Vermutlich wussten sie, dass ich das als Workaholic schon schaukeln werde.
Zugegeben, wenn Lynn Lahusen von ihrer Arbeit spricht, klingt es, als sei das alles kinderleicht. Vermutlich liegt es an ihrem sonnigen Gemüt, an der Begeisterung für ihre Arbeit und an dieser Unbekümmertheit, mit der sie neue Projekte realisiert.
Welche Tipps geben Sie Frauen mit auf den Weg, die mit dem Gedanken spielen, sich selbstständig zu machen?
Man sollte nur dann eine Firma gründen, wenn man leidenschaftlich hinter dem Kernthema stehen kann – etwas, in dem man sich gut auskennt, oder ein Bereich, mit dem man sich auch privat intensiv beschäftigt. Denn das Unternehmertum ist nicht so einfach, wie man es sich vorstellt. Man muss Feuer und Flamme sein! Sonst klappt es nicht. Ausserdem müssen Selbstständige bereit sein, rund um die Uhr zu arbeiten. Es gibt keinen regulären Feierabend. Und Probleme wollen direkt gelöst werden, nicht erst am nächsten Tag. Was ich aus meiner Ersterfahrung mit dem Online-Shop gelernt habe: Profis zurate ziehen, wenn man sich selbst nicht auskennt.
Bakeria, Gotthardstrasse 30, 8800 Thalwil
Wow-Frauen
Online-Redaktorin Julia Heim (rechts im Bild – mit Unternehmerin Franziska Freiermuth) begegnete in ihrem privaten Umfeld vielen Frauen, die sich selbstständig machen wollten, und begab sich deshalb auf die Suche nach mehr oder weniger frischgebackenen Unternehmerinnen in der Schweiz. In Interviews ging sie der Frage nach, warum der Wunsch nach Selbstständigkeit so stark ist und welche Tipps künftige Firmengründerinnen beachten sollten. Hier finden Sie alle Interviews mit den Unternehmerinnen.
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Bakeria in Thalwil