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Endstation Baby?

Leben

Endstation Baby?

  • Text: Stephanie Hess

Redaktorin Stephanie Hess wird im Sommer zum ersten Mal Mutter und fordert eine mehrmonatige Elternzeit. Denn nur mit einem freien Betreuungsentscheid lassen sich die alten Muster der Rollenverteilung aufbrechen. 

Wie bringt man dünne Babyärmchen in einen Body, ohne sie zu verdrehen? Wie fühlt sich die ideale Schoppentemperatur auf dem Handrücken an? Ab wann muss man den wackeligen Kopf von Babies nicht mehr ständig festhalten? Ich habe nicht die leiseste Ahnung, mein Freund ebensowenig. Wir werden es aber demnächst lernen, zwangsläufig.

Im Sommer bekommen wir unser erstes Kind. Bereits jetzt weiss ich: Ich werde alles bald besser können als er. Nicht wegen eines vermeintlich mütterlichen Instinkts oder weil ich mich besonders geschickt anstellen werde (werde ich mich nicht). Sondern weil ich schlicht mehr Zeit erhalte, um es zu üben. 14 Wochen per Gesetz – was nun nicht gerade wahnsinnig viel ist, schliesslich erhole ich mich gleichzeitig von einer Geburt. Im Vergleich zu dem einen Tag, den das Gesetz meinem Freund zugesteht, bedeuten die 14 Wochen aber eine kleine Ewigkeit. Und je näher die Geburt rückt, desto mehr wird mir klar: Sie wird genauso der Startpunkt für müde Augen und verkötzelte Pullover sein wie für die Ungleichheit in unserer bisher gleichgestellten Beziehung. Und dies mit bester staatlicher Unterstützung.

Dreieinhalb Monate lang werde ich als Hauptbetreuerin unseres Kindes zugeballert werden von tiefen Bindungsemotionen. Gleichzeitig werde ich routinierter darin werden, das Baby in den Schlaf zu wiegen, es zu beruhigen, zu füttern – und das Baby immer routinierter darin, mich als seine Erstversorgerin zu sehen. Die dreimonatige Tochter einer Freundin musste jeweils weinen, wenn sie ihr Vater nach der Arbeit auf den Arm nahm. Sie kannte ihn schlicht nicht.

Diese intensive Erfahrung und mein neues Selbstverständnis als Mutter werden mich nach Ablauf des Mutterschutzes eher dazu verleiten, die Kinderbetreuung nicht gänzlich abzugeben. Also werde ich in einem tiefen Teilzeitpensum wieder ins Berufsleben zurückkehren, dafür ist der Arbeitsmarkt ja ganz gut eingerichtet. Mein Freund wiederum wird sein Pensum als Konsequenz eher nicht oder nur wenig reduzieren. Denn einer muss ja das nötige Geld verdienen. Eines Tages werden wir ein zweites Kind bekommen, wir heiraten vielleicht und fragen uns spätestens dann: Lohnt es sich überhaupt noch für mich zu arbeiten – Teilzeit und ohne Aussicht auf Beförderung –, wenn mein Gehalt für die Kinderbetreuung und die Steuern draufgeht? Und so rattern wir, mein Mann und ich, weiter auf den alten Gleisen Richtung klassischer Rollenverteilung – ob wir das nun wollten oder nicht. Und genau hier liegt das Problem.

Ich glaube nicht, dass mütterliche Erwerbstätigkeit ein hinlänglicher Gradmesser für Gleichstellung ist. Eine Mutter soll 0 oder 100 Prozent erwerbstätig sein können. Nur müssen sie und ihr Partner diesen Entscheid frei treffen können. Aber heute werden frischgebackene Eltern ab Sekunde eins beständig und subversiv in die althergebrachten Rollen gelenkt.

Damit ein freier oder zumindest freierer Entscheid möglich ist, müssen die Parameter erweitert werden: familienergänzende Betreuungsangebote in allen Kantonen, die für alle erschwinglich sind; die getrennte Besteuerung von Ehepartnern; mehr Teilzeitstellen für Frauen und Männer.

Und – absolut zwingend – wir brauchen eine mehrmonatige Elternzeit. Denn die ersten Wochen einer Familie dürfen nicht den Anfang vom Ende einer gleichgestellten Partnerschaft bedeuten. Sie sollen vielmehr eine Keimzelle schaffen, in der elterliche Gefühle und Kenntnisse wachsen – jene der Mütter und jene der Väter.

 

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