Politik
Elternzeit-Initiative: So schneidet die Schweiz im europäischen Vergleich ab
- Text: Sonya Jamil
- Bild: Stocksy
Am 15. Mai 2022 stimmt der Kanton Zürich über 18 Wochen bezahlte Elternzeit ab. Der Blick auf unsere Nachbars- und andere europäische Länder zeigt: Die Schweiz hinkt klar hinterher.
Zurzeit bietet die Schweiz frischgebackenen Eltern 14 Wochen Mutterschafts- und 10 Tage Vaterschaftsurlaub. In dieser Zeit erhalten beide Elternteile über die Erwerbsersatzordnung (EO) 80 Prozent ihres Lohnes. Mit der Elternzeit-Initiative sollen Mütter und Väter mit je 18 Wochen Elternzeit frei entscheiden können, wie sie die Erwerbs- und Betreuungsarbeit direkt nach der Geburt untereinander aufteilen wollen.
Die Elternzeit kann entweder ab Geburt oder zweigeteilt (zwei bis vier Wochen zu Beginn, der Rest im Anschluss an den Teil der Mutter) bezogen werden, es besteht jedoch kein rechtlicher Zwang. Im Vordergrund der Initiative steht laut dem Initiativ-Komitee der SP die Gleichstellung des Paares und die Stärkung der Familie.
Ausserdem soll sie zu einer Zunahme erwerbstätiger Mütter führen und die Diskriminierung von Frauen bei Anstellungsentscheiden, Löhnen und Karrierechancen mindern. Gegner:innen der Initiative sehen insbesondere den Wirtschaftsstandort Schweiz in Gefahr.
So wird die Elternzeit laut der Statistik der OECD (Stand 2021) in anderen europäischen Ländern gehandhabt:
Finnland
Das Land der tausend Seen steht nicht umsonst an der Spitze der bezahlten Elternzeit: Ab Herbst 2022 bekommt jeder Elternteil 160 bezahlte Tage, wobei 63 davon dem anderen Elternteil überlassen werden können. Insgesamt sind es also 14 Monate bezahlte Elternzeit, die vor dem 2. Lebensjahr des Kindes beansprucht werden können.
Norwegen
In Norwegen heisst es schon lange nicht mehr Mutterschaftsurlaub, sondern bewusst «Elternurlaub». Das skandinavische Land bietet insgesamt fast ein Jahr Elternzeit. Nach den gemeinsamen zwei Wochen folgen 15 Wochen für die Mutter, danach 15 Wochen für den Vater. Weitere 16 Wochen können nach Belieben aufgeteilt werden. Der Vater muss jedoch seinen Anteil beziehen, ansonsten verfällt er aufgrund der Väterquote für die gesamte Familie: Ein Anreiz für norwegische Väter, ihre Elternzeit zu beziehen.
Österreich
Österreichische Paare kriegen insgesamt 60 Wochen – dem Vater werden 13 Wochen zu Gute geschrieben. Die sogenannte Elternkarenz kann bis zum zweiten Lebensjahr des Kindes bezogen werden. Ausserdem hat Österreich das Modell der Elternteilzeit: Eltern von Kindern, die ab dem 1. Januar 2016 geboren wurden, müssen ihre Arbeitszeit um mindestens 20 Prozent reduzieren.
Frankreich
Der Mutter stehen in Frankreich 42 Wochen zu, dem Vater 28. Um die Elternzeit beziehen zu können, müssen die Arbeitnehmer:innen mindestens ein Jahr im Betrieb gearbeitet haben. Für die Elternzeit kann der jeweilige Elternteil die PreParE («Prestation partagée d’éducation de l’enfant») beantragen, diese ist einkommensabhängig.
Deutschland
In Deutschland gibt es 14 Monate Elternzeit und Basis-Elterngeld. Um Anspruch auf die sogenannten «Partnermonate» zu kriegen, müssen beide Elternteile mindestens zwei Monate Elterngeld beantragen sowie das Einkommen für mindestens zwei Monate nach der Geburt des Kindes verringern. Dabei sind die Eltern flexibel, wie sie die Zeit aufteilen möchten. Durch das Modell «Elterngeld Plus» erhält man bei der Auszahlung nur noch den halben Beitrag, dafür die doppelte Zeit an Elternzeit.
Italien
In Italien gibt es 47 Wochen sogenannte «congedo parentale». Diese werden zu 30 Prozent des Lohnes vergütet und können bis zum zwölften Lebensjahr des Kindes bezogen werden. Dabei stehen der Mutter und dem Vater je drei Monate zu – sowie weitere drei weitere Monate, welche sich das Paar untereinander aufteilen können.