Leben
Einfraufirma: Maria Wagner mit Ass Lingerie and Beachwear
- Text: Vanja Kadic; Foto: Basil Stücheli
«Ich war frustriert, am Ende des Tages nichts Eigenes in den Händen zu halten» Maria Wagner (35), Zürich, Gründerin von Ass Lingerie and Beachwear über ihren Sprung in die Selbstständigkeit.
«Das mit dem Höschen entstand einfach so, ich hatte nie einen Masterplan, keine Ahnung vom Nähen, wusste knapp, wie man den Faden einfädelt. Ich lieh mir die uralte Nähmaschine meiner Mutter aus und machte einige Versuche. Ich wusste genau, was ich wollte: heisse Wäsche, möglichst wenig Stoff; Stücke, die ich bis dahin in keinem Laden gesehen hatte. Als Frau muss man sich nicht verhüllen, finde ich. Im Gegenteil, man soll den Körper wertschätzen und ihm huldigen, indem man möglichst wenig vom ihm verdeckt.
Mein erstes Modell war ein simples Dreieck mit String, ganz basic. Als ich es meinen Freundinnen zeigte, waren sie begeistert und wollten auch eins. Da sagte ich mir: Hey, ich mache das online.
Damals hatte ich eine gute Stelle als Assistentin der Geschäftsleitung und erledigte viele administrative Arbeiten. Mit der Zeit frustrierte es mich aber immer mehr, am Ende des Tages nichts Eigenes in den Händen zu halten. Ein paar Monate nach- dem ich meine Website aufgeschaltet hatte, erschien ein Zeitungsartikel über meine kleine Firma. Darauf wurde ich von Bestellungen überflutet, alle vier Minuten kam eine neue. Ich geriet in Panik. Ich arbeitete ja hundert Prozent. Ich kam um fünf nachhause, nähte bis ein Uhr morgens und ging am nächsten Morgen wieder ins Büro. Zwei Monate lang hielt ich durch. Dann kündigte ich.
Natürlich war dann erst einmal tote Hose. Nun hatte ich zwar hundert Prozent Zeit, aber ich erhielt kaum mehr Bestellungen. Voller Panik bewarb ich mich für Teilzeitjobs, bekam jedoch nur Absagen.
Nach einer vierwöchigen Durststrecke kamen die Aufträge aber plötzlich wieder. Kurz darauf meldete sich auch ein Investor, der Ass, so habe ich meine Firma getauft, gross aufziehen wollte. Ich fühlte mich geschmeichelt. Aber ich lehnte ab. Meine Firma sollte eine Einfraufirma bleiben.
Mittlerweile biete ich über fünfzig Schnitte an. Bestellungen erhalte ich aus der ganzen Welt. Zu meinen Kundinnen zählen Akademikerinnen, Politikerinnen, Mütter, Kinderlose, Verheiratete und Singles jeden Alters. Ich mag den Kontakt zu meinen Kundinnen sehr und höre gern, warum sie meine Sachen bestellen und was damit passiert. Ein Kunde schenkte seiner Frau Lingerie von mir, die beiden verbrachten damit aufregende Stunden. Später schrieb er mir, dass seine Frau in jener Nacht schwanger geworden ist und jetzt Zwillingsmädchen erwarte. Offenbar hatten sie einen so innigen Bezug zu meiner Wäsche, dass sie sogar eines ihrer Babys nach mir benannten.»