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Einen Oscar für die Unaufgeregtheit

Einen Oscar für die Unaufgeregtheit

  • Text: Kerstin Hasse; Foto: Getty Images

Unsere Autorin fand die diesjährigen Oscars recht unspektakulär – und genau deshalb gut. Denn endlich wird Diversität nicht nur in grosser Hollyoodmanier gefordert, sondern auch ein bisschen gelebt. 

Gaga und Cooper singen Wange an Wange. Melissa McCarthy in der Stofftierrobe. Eine zauberhafte, leicht verpeilte Olivia Colman, die zu Tränen gerührt ist. Ein hüpfender Spike Lee. Und eine goldene Glenn Close, die wieder keine Goldfigur abstauben konnte. Das waren also die Oscars 2019.Wenn es diese Ausgabe der Academy Awards in die Geschichtsbücher schafft, dann nicht, weil sie von so vielen emotionalen Highlights geprägt war, sondern, weil sie einfach ein bisschen anders war. So unspektakulär und für Hollywoodverhältnisse sogar recht entspannt.

Da war zum Beispiel keine Moderatorin und kein Moderator, die oder der durch den Abend führte. Der berühmte Posten des Oscar-Host wurde nicht mehr neu vergeben, nachdem sich der diesjährige Auserkorene Kevin Hart, der den Abend begleiten sollen, mit homophoben Tweets ins Aus manövrierte. Statt eines politisch aufgeladenen Eröffnungsmonologs oder einer fetzigen Muscialnummer startete die Veranstaltung also mit einem Medley der Band Queen – zusammen mit dem Sänger Adam Lambert. Kann man machen. Die Band stieg mit «We will rock you» ein, und in der ersten Reihe nickten die Stars ganz brav mit.

Doch nicht nur über den Host des Abends wurde im Vorfeld der Awards viel geredet. Da war auch noch die Diskussion um eine neue Kategorie, die den populärsten Film ehren sollte. Eine Idee, die euphorisch verkündet und dann wieder abgeschossen wurde. Ebenso wie der Plan, die technischen Kategorien in die Werbepause abzuschieben. Nachdem sich mehrere Künstlerinnen und Künstler lautstark über diese Entscheidung geärgert hatten, krebste die Academy erneut zurück.

Eine Moderatorin oder einen Moderator hat man bei diesen Oscars überraschenderweise gar nicht vermisst. Die Laudatorinnen und Laudatoren haben ihren Job gut gemacht. Da waren etwa Tina Fey, Amy Poehler und Maya Rudolph, die den Abend eröffneten und bewiesen, wie viel Witz und Charme in einer gelungenen Anmoderation stecken kann.

Die Oscars 2019 waren deutlich unpolitischer als die Verleihung vor einem Jahr. Es gab keine Trump-Hiebe und weniger bemühte Hollywood-Diversity-Inszenierung, stattdessen wurde die Diversität einfach – ohne es weiter zu betonen – gelebt. Natürlich ist da noch immer viel Luft nach oben, es ist ja Hollywood. Auch dieses Jahr war keine Frau in den Königskategorien Beste Regie und Beste Kamera nominiert. Aber während 2017 keine einzige Schauspielerin und kein Schauspieler mit afroamerikanischen Wurzeln auf einen Oscar hoffen durfte, gab es in diesem Jahr nicht nur mehrere Nominationen für schwarze Künstlerinnen und Künstler, sondern auch einige Trophäen. So durfte Regisseur Spike Lee endlich einen verdienten Oscar mit nachhause nehmen – was er mit einem zauberhaften Bühnenhüpfer untermalte, und auch Mahersahala Ali (Bester Nebendarsteller) und Regina King (Beste Nebendarstellerin) wurden mit einer Trophäe für ihre Leistung geehrt. Javier Bardem hielt seine Rede komplett auf Spanisch, was sicher ein politisches Statement war, aber überhaupt nicht inszeniert wirkte, sondern sehr authentisch.  

Die Verleihung war nicht so aufregend wie in anderen Jahren. Da war kein Verwechslungsskandal wie vor zwei Jahren mit den Filmen «Moonlight» und «La La Land». Es gab auch keine flammenden Reden, die vom Orchester unterbrochen wurden, überhaupt war die Verleihung mit drei Stunden so kurz wie noch nie. Ja, Lady Gaga und Bradley Cooper sassen recht eng beieinander, als sie ihren Song «Shallow» performten, für den Lady Gaga übrigens ihren ersten Oscar absahnte. Ich empfand das angebliche Feuer zwischen Gaga und Cooper, das nun in den Social Media heiss diskutiert wird, eher als inszeniertes Flämmchen, aber das ist Geschmacksache.

Vielleicht ist die Unaufgeregtheit, die diese 91. Verleihung begleitete, eine Chance. Die Wellen, die die Wahl von Donald Trump, die #Metoo-Bewegung und die Forderung nach mehr Diversität in den letzten Jahren geschlagen haben, werden nun langsam verarbeitet. Es geht nicht mehr nur um die Inszenierung eines «Change», nicht mehr nur um die Fassade, sondern tatsächlich um die Umsetzung von Veränderungen. Und das ist in dieser glitzernden, oberflächlichen Hollywoodblase ein wichtiger Schritt.