Eine gute Wahl
- Text: Silvia Binggeli; Foto: Flavio Leone
annabelle-Chefredaktorin Silvia Binggeli über Geld, das immer noch die grösste Falle in der Liebe ist. Zudem im Fokus: die mögliche erste Madam President der USA, Hillary Clinton.
Ungefähr acht muss ich gewesen sein. Wahrscheinlich hatte ich grad mal wieder die Vorstellung meiner späteren Prinzessinnenhochzeit mit meterlanger Schleppe zum Besten gegeben, als meine Gotte, bei der ich in den Ferien weilte, mit ihr sonst uneigenem ernstem Gesicht meinte: Aber behalte, wenn du liiert bist, dein eigenes Geld.
Verstanden habe ich den Rat damals noch nicht, die Schleppe war wichtiger. Beherzigt habe ich ihn später dennoch. Immer. Die Worte meiner Gotte machen längst Sinn: Bleibst du unabhängig, kannst du dich entspannter in eine Partnerschaft hineingeben.
In dieser Ausgabe erläutert der Paartherapeut Michael Mary, warum Geld immer noch die grösste Falle in der Liebe ist. Dabei muss Pragmatismus die rosa Brille nicht ausschliessen, wenn man früh die Bedürfnisse abgleicht: «Was für den einen gut ist, soll für den anderen nicht schlecht sein», sagt Michael Mary.
Ebenfalls in dieser Ausgabe schreibt die Autorin und Politologin Lotta Suter über Hillary Clinton, die am 8. November erste Madam President der USA werden kann. Die Euphorie darüber hält sich selbst bei Feministinnen in Grenzen. Zu schwammig ist Hillarys Politik, zu oft wechselt sie ihre Position und tritt scheinbar unentschlossen auf.
Als ihr Gatte erstaunlich aufrecht aus einem der grössten politischen Sexskandale herausmarschierte, stellte sie sich hinter ihn und ihre Bedürfnisse zurück – was ihr viele noch heute als Schwäche auslegen. Oder als Opportunismus. Letzteres stimmt wahrscheinlich. Sie wusste, dass sie langfristig weit mehr kann, als ihm den Rücken zu stärken. Hillary Diane Rodham Clinton macht seit Jahrzehnten Spitzenpolitik, keine laute, aber eine beständige. Männliche Machtdemonstration ist nicht ihre Priorität. Stattdessen kennt sie ihre Dossiers bestens und setzt sich für Gleichstellung ein.
Hillary for President: Nicht weil die Alternative schlicht keine Alternative ist! Die Frau macht Fehltritte, aber die haben, mit Verlaub, ihre 44 Vorgänger auch gemacht. Sie hat es verdient zu zeigen, dass sie im höchsten Amt wachsen und noch bestimmter auftreten kann. Und unabhängig bleibt. Ich stelle schon mal den Champagner kalt.