Eine Feministin, die alle kennen sollten: Rebecca Solnit
- Text: Sarah Lau
- Bild: ZVG, Bildbearbeitung: Grafik annabelle
In unserer Rubrik «Die Feministin» stellen wir Frauen vor, die wir alle kennen sollten – weil sie aus dem Kampf um Gleichstellung nicht wegzudenken sind. Heute mit Rebecca Solnit.
Die «New York Times» betitelte sie einst als «Stimme der Résistance» und wirklich: Rebecca Solnit ist eine der unermüdlichsten Widerstandskämpferinnen unserer Zeit. Dabei setzt sich die amerikanische Schriftstellerin an vielen Fronten zur Wehr. Gegen Gewalt, Missbrauch, Unterdrückung, Umweltverschmutzung, Menschenrechtsverletzungen, Kriege – die Liste liesse sich schier endlos weiterführen. Selbst ihre kulturhistorische Betrachtung des aufrechten Ganges (die Essaysammlung «Wanderlust») darf als Akt des Widerstands gegen Laufbänder und die Autoindustrie gelesen werden.
Die heute 60-Jährige kämpft mit Worten, feuert sie aber nicht aggressiv oder verletzend ab. Vielmehr seziert sie, führt vor Augen, gibt Denkanstösse. In ihrem wohl berühmtesten Essay «Wenn Männer mir die Welt erklären» untersucht Solnit auf so elegant- witzige Weise kommunikative Mechanismen, denen Sexismus zugrunde liegen, dass man jede Seite mit einem begeisterten Nicken garnieren möchte. Solnit berichtet zum Beispiel von einer Partybegegnung mit einem Gastgeber. Nicht wissend, dass sie die Autorin des Buches ist, von dem er gerade erzählt, lässt dieser sie gar nicht erst zu Wort kommen, überzeugt davon, dass sie eh nichts beizutragen hat – «so wie eine Siebenjährige, die zum ersten Mal beim Flötenunterricht gewesen war». #Mansplaining.
«Ich wollte mich als Fallstudie benutzen»
Muss jemand die Opferperspektive kennen, um so willensstark Ungerechtigkeiten den Kampf anzusagen? Nicht zwingend. Solnit jedoch lernte bereits als Kind durch ihren Vater, wie sich Missbrauch und Missachtung anfühlen. Diese Erfahrungen hätten ihren Blick geschärft und sie motiviert: «Ich wollte mich als Fallstudie benutzen.» Wenn man ihre Werke liest (zuletzt: «Unziemliches Verhalten», Hoffmann und Campe, 2021) möchte man dieses Kind von damals am liebsten in den Arm nehmen und beschützen.
Vor dem gewalttätigen Vater, aber auch vor den Brüdern, die ihre Schwester und ihre ersten Schreibversuche verhöhnten, und vor den Schulkameraden, die sie quälten. Dass Rebecca Solnit vor der Highschool die Schule abbrach: verständlich. Dass sie den Abschluss nachholte, an der kalifornischen Berkeley-Universität Journalismus studierte und seit 1988 in Büchern und Essays ihre Stimme erhebt: herausragend. Und dankenswert.