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Editorial von Silvia Binggeli: Sieh an, ein Versace!

Leben

Editorial von Silvia Binggeli: Sieh an, ein Versace!

  • Foto: Nadine Ottawa

Silvia Binggeli, Chefredaktorin annabelle, schreibt über eine Überraschung in ihrem Schrank.

Das erste Modelabel, das ich unbedingt haben wollte, hiess Levi’s. Ich hatte die Jeans am Hintern eines Jungen gesehen, an den ich trotz allerlei kreativer Bemühungen nicht näher herankam, als indem ich mir dieselbe Hose kaufte. Ein Paar 501, hellblau, ich war zarte sechzehn und musste meine Mutter bestürmen, bis sie mit mir in die Stadt fuhr, um das Objekt der Begierde zu holen. An dem Jungen blieb ich dran. Andere Modemarken interessierten mich erst mal wenig. Allerdings: Für schöne Kleider hatte ich schon damals ein Auge. Feine Stoffe, ausgefallene Schnitte, ungewöhnliche Formen und gekonnte Farbkombinationen gefielen mir. Vor einiger Zeit, beim Ausmisten meines Schranks, entdeckte ich zu meiner Überraschung ein Kleid von Versace. Das hatte ich vor vielen Jahren bestimmt nicht gekauft, weil es von Versace war, sondern weil ich wohl fand, dass es mir stand. Mittlerweile interessieren mich Modemarken brennend, das Handwerk, die Inspiration, die Geschichte, die Designer dahinter. Es kommt vor, dass ich für eine Tasche mein Budget überziehe, die nach einer traditionellen Handwerkskunst hergestellt ist und für mich zum Freund fürs Leben wird. Ebenso kaufe ich T-Shirts, deren Hersteller sich einer ökologischen und sozialverträglichen Produktion verschrieben haben. Trends will ich kennen und verstehen. Am Ende wähle ich für mich stets Mode, die zu meinem persönlichen Stil passt. Kleider machen Leute, sagt man. Ich glaube, es ist umgekehrt: Leute machen Kleider. Weil sie ihnen mit ihrer Persönlichkeit zu einem Auftritt verhelfen. Genau wie die kreativen Schweizerinnen und Schweizer, die für uns in ihrer Wahlheimat London die Trends des Herbsts inszeniert haben. Und welcher Mode geben Sie ein Gesicht? Herzlich!