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«Dieser Film hat mir gezeigt, was im Leben alles möglich ist»

«Dieser Film hat mir gezeigt, was im Leben alles möglich ist»

  • Interview: Kerstin Hasse; Fotos: Zurich Film Festival 

Lebensfreude und Heldenmut: Die Schauspielerin Claire Foy redet im Interview mit uns über ihren neuen Film «Breathe» und wie dieser ihre Sicht aufs Leben verändert hat.

Im Film «Breathe» spielt die britische Schauspielerin Claire Foy die Frau eines Mannes, der im England der 1950er-Jahre an Polio erkrankt. Die Ärzte geben ihm drei Monate – doch seine Lebenslust sorgt für eine medizinische Sensation: Er überlebt sogar seine Ärzte. Claire Foy war tief beeindruckt von der wahren Geschichte von Robin und Diana Cavendish, wie sie uns im Interview erklärte. 

annabelle: Claire Foy, für den Film «Breathe», der auf der echten Lebensgeschichte der Familie Cavendish basiert, sollte man besser Taschentücher ins Kino mitbringen. Ich habe die letzte halbe Stunde hindurch geweint.
Claire Foy: Das kann ich nachvollziehen. Als ich den Film zum ersten Mal am Toronto Film Festival gesehen habe, habe ich sogar den ganzen Film hindurch geweint. Es war mir ein bisschen unangenehm, aber ich konnte nicht aufhören, es war zu überwältigend.

Überwältigend ist vor allem die Lebenslust des Ehepaars Cavendish. Sie haben die echte Diana Cavendish kennengelernt. Woher nahm sie die Kraft, nicht aufzugeben?
Wenn eine Person in einer Beziehung zusammenbricht, hilft es nicht, wenn die andere ebenfalls zusammenbricht, genau das hat Diana erkannt. Sie war stark für ihren Mann. Sie wusste, dass sie nichts an der Situation ändern konnte und gar nicht weiter darüber nachdenken musste, warum alles so ist, wie es ist. Also stand sie jeden Tag auf und machte einfach weiter.

Verändert es die Vorbereitung auf eine Rolle, wenn man die Person, die man darstellt, persönlich kennenlernt?
Es verändert sich kaum. Die Tatsache, dass es eine Person gibt, mit der du über das Erlebte reden kannst, gibt der Vorbereitung einfach eine weitere Ebene. Es war grossartig, sie kennenzulernen und ihre Eindrücke zu hören, aber ich habe sie nicht zu viel über ihre Gefühle in bestimmten Momenten gefragt. Ich finde, es ist viel verlangt, zu erwarten, dass jemand auf das eigene Leben zurückblickt und sich erinnert, wie man sich in bestimmten Moment gefühlt hat. Ausserdem ist es mein Job als Schauspielerin, genau das zu verstehen und nachzuvollziehen. Ich habe ihr aber viele Fragen gestellt zum Equipment ihres Mannes und wie sie sich um ihn gekümmert hat. 

Der Sohn des Ehepaars, Jonathan Cavendish, hat den Film produziert. Erhöht es den Druck, wenn man weiss, dass die porträtierten Menschen im Film involviert sind?
Nicht wirklich. Jonathan war sehr hilfsbereit. Ihm war wichtig, diese Geschichte mit uns erzählen zu können. Er hatte eine tolle Kindheit, spürte den grossen Respekt und die Liebe, die seine Eltern verband. Ich glaube, er sah seinen Vater nie als jemand anders, als er war.

Hat dieser Film Ihnen eine neue Perspektive aufs Leben eröffnet?
Er hat mir gezeigt, was im Leben alles möglich ist. Robin Cavendish war bereit, sein Leben zu riskieren, um Menschen auf der ganzen Welt zu helfen. Er machte sich selbst zu einem Versuchskaninchen, indem er als erster Poliopatient das Spital verliess. Er entwickelte einen Rollstuhl, an dem sein Beatmungsgerät angeschlossen war. Seine Art, unkonventionell zu denken, nicht im Bett liegen zu bleiben, sondern das zu tun, was ihn herausforderte, ist beeindruckend. Er ist immer noch einen Schritt weiter gegangen, hat keinen Moment verschwendet, das habe ich von seiner Geschichte mitgenommen. Genauso wie zu realisieren, dass man keinen Menschen als selbstverständlich erachten sollte.

Für Ihre Darstellung der Queen in der Netflix-Serie «The Crown» wurden Sie mehrfach ausgezeichnet. Welche Ähnlichkeiten verbinden diese beiden starken Frauenrollen?
Beide Produktionen spielen in einer ähnlichen Zeit, in einer ähnlichen Generation und in einer ähnlichen sozialen Schicht. Die Herangehensweise an das Leben der beiden Frauen ist insofern ähnlich, als dass sie sich nie beschweren, ganz nach dem Motto: Keep calm, carry on. Die Verbundenheit und Ähnlichkeiten zwischen den beiden Charakteren liessen mich zuerst zögern, den Film überhaupt zu machen.

Warum?
Ich wollte nicht, dass die Leute mich in nur einer Person sehen und diese Charaktere vermischen. Mir wurde aber klar, dass es an mir lag, diese Herausforderung zu bewältigen. 

Eine komplett andere Rolle in einer komplett anderen Zeit werden Sie in Ihrem nächsten Film spielen – als Lisbeth Salander aus der «Millennium»-Reihe. Was fasziniert Sie an dieser Rolle?
Oh, so viele Sachen! Ich finde es spannend, nicht darüber nachzudenken, wie Salander sich gibt, sondern herauszufinden, wie sie so geworden ist, wie sie ist. Ich glaube, es wird eine grosse Herausforderung, sie zu spielen – aber es ist ein tolles Script.

«Breathe» ist die erste Regiearbeit von Andy Serkis. Wie haben Sie die Zusammenarbeit mit ihm erlebt?
Er ist grossartig. Er hat so viel Energie, er ist ein sehr lieber Mensch und ein toller Regisseur und Schauspieler. Es war ein Vergnügen, mit ihm zusammenzuarbeiten. Er liess mich und Andrew unseren eigenen Zugang zu den Rollen finden, bot uns aber stets seine Meinung an, was sehr hilfreich war. Ich bin wirklich sehr stolz auf ihn und auf den Film, den er gemacht hat.

In seinem Regie-Debüt «Breathe» erzählt Andy Serkis die wahre Geschichte des Ehepaars Cavendish. Als Robert Cavendish mit 28 Jahren an Polio erkrankt, geben ihn die Ärzte auf und prognostizieren ihm ein baldiges Lebensende in seinem Krankenbett. Seine Frau akzeptiert dieses Schicksal nicht und holt ihn nach Hause. Mit viel Lebenslust und Erfindergeist machen die beiden das möglich, was die Mediziner nicht für möglich hielten: das Leben trotz Behinderung zu geniessen. Der Film startet am 19. April im Kino.

 

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1.

Am Zurich Film Festival waren nicht nur die Haupdarsteller Claire Foy und Andrew Garfield (links) in Zürich, sondern auch Diana und Jonathan Cavendish, auf deren Familiengeschichte der Film «Breathe» beruht.