Politik
Diese vier Klimaaktivistinnen müsst ihr kennen
- Text: Stephanie Hess
- Bild: Instagram / vanessanakate1
Neben Greta Thunberg haben sich in den letzten Jahren weitere junge weibliche Vorkämpferinnen hervorgetan. An der aktuellen UN-Klimakonferenz in Glasgow, COP26, schaffen sie mit ihren hartnäckigen Mahnungen bisher weit mehr Hoffnung als die zögerlichen World Leader.
Anzüge, Krawatten und lichte Haarschöpfe dominieren im Konferenzzentrum in Glasgow. Vor dem Gebäude, in dem die 26. UN-Klimakonferenz heute in die zweite Woche startet – und nicht nur da, sondern weltweit verteilt – stehen die Gegenbilder der Regierungsvertreter:innen auf der Strasse. Natürlich gibt es auch tausende Nichtregierungsaktionen, die schon seit Jahrzehnten gegen den Unwillen der Word Leader kämpfen, verbindliche Klimaziele festzulegen und sie insbesondere auch einzuhalten. Doch die eindringlichsten Stimmen in diesem Protest gehören jungen Frauen, denen in der Menschheitsgeschichte wohl noch nie so genau zugehört wurde wie heute.
Vier von ihnen stechen grade besonders hervor: Zum Auftakt der Konferenz haben die Klimaktivist:innen Greta Thunberg, Vanessa Nakate, Dominika Lasota und Mitzi Tan ein Plädoyer fürs Klima geteilt. Sie prangern darin die Zögerlichkeit der Regierungen an und mahnen: «Wir sind katastrophal weit von dem entscheidenden Ziel von 1,5 °C entfernt, und dennoch beschleunigen die Regierungen überall die Krise noch und geben Milliarden für fossile Brennstoffe aus.» Bisher wurde das Plädoyer knapp 2 Millionen Mal unterzeichnet. Am vergangenen Freitag nahmen die in Glasgow anwesenden vier Frauen auch am lokalen Klimastreik teil.
Wer sind diese Frauen, die unsere Zukunft prägen wollen – und höchstwahrscheinlich auch werden?
Die Kämpferin
Vanessa Nakate, 25, Uganda
Wie sie anfing: Sie studierte Betriebswirtschaft und arbeitete danach ehrenamtlich bei Rotary International, wo ihr Vater bereits tätig war. Sie untersuchte dort, was ihre Heimat in Ostafrika am stärksten bedroht. In dieser Zeit habe sie erkannt, wie sie in einem Interview sagte, dass die globale Erwärmung gefährlich sei. Während ihrer Recherchen sei sie auch auf Fridays for Future gestossen.
Was sie tut: Sie trat gemeinsam mit Greta Thunberg am Weltwirtschaftsforum 2020 in Davos auf. Von einem Foto, das Thunberg, Nakate und andere Mitstreiterinnen zeigte, wurde sie vom Pressedienst weggeschnitten, der sich später umfänglich dafür entschuldigte. Dieses Bild sollte dennoch weltweite Berühmtheit erlangen – nicht dafür was es zeigte, sondern dafür, was es eben nicht zeigte: Die einzige Schwarze Frau. In einem 10-minütigen Video, das auf Twitter gepostet wurde, prangerte Vanessa Nakate den Rassismus in der globalen Umweltbewegung und die Auslöschung Schwarzer und afrikanischer Stimmen in Gesprächen über Klimaaktivismus an, obwohl gerade afrikanische Länder unverhältnismässig stark von der Krise betroffen sind. Heute gilt sie als die führende Stimme unter jungen Afrikaner:innen. Gemeinsam mit Greta Thunberg veröffentlichte sie im Oktober einen Beitrag im renommierten amerikanischen Nachrichtenmagazin Time, in dem die beiden Journalist:innen aufforderten, mehr und umfänglicher über die Klimakrise zu berichten. Ende Oktober veröffentlichte Vanessa Nakate zudem ihr Buch mit dem deutschen Titel «Unser Haus steht längst in Flammen» im Rohwohlt Verlag.
Die Organisatorin
Mitzi Tan, 24, Philippinen
Wie sie anfing: Mitzi Tan stammt aus einem jener Länder, die als allererste vom Klimawandel betroffen sein werden – und wohl auch am schwerwiegendsten. Ihr Engagement startete 2017 nach einem Treffen mit indigenen Anführer:innen in ihrem Land. Dadurch sei ihr klar geworden, dass kollektives Handeln und ein Systemwandel notwendig sind, um eine gerechtere und grünere Gesellschaft zu schaffen.
Was sie tut: 2019 führte sie an der University of the Philippines, an der sie Mathematik studierte, Klimastreiks ein. Gleichzeitig gründete sie die Trägerorganisation «Youth Advocates for Climate Action Philippines» mit. 2020 organisierte sie die Mock COP26. Das war eine zweiwöchige Online-Konferenz, an der Ende November 2020 – zu jenem Zeitpunkt, als die Klimakonferenz in Glasgow ursprünglich hätte stattfinden sollen, wegen der Pandemie aber verschoben wurde – 350 Jugenddelegierte aus 141 Ländern teilnahmen und Richtlinien gegen den Klimawandel festlegten. Zum Hintergrund der Mock COP26 sagte sie gegenüber der englischen Zeitung «The Guardian»: «Sie stellt sicher, dass die Stimmen aus den am stärksten betroffenen Gebieten verstärkt werden. Und sie stellt sicher, dass wir einen Raum haben und nicht nur ein Alibi sind.»
Die Politische
Dominika Lasota, 20, Polen
Wie sie anfing: Über Dominika Lasota ist bisher nur wenig bekannt, auch nicht, wie genau sie zum Klimaaktivismus kam.
Was sie tut: Erstmals wurde über sie als eine der Aktivist:innen berichtet, die im Juni 2020 eine Demonstration vor der Kanzlei des polnischen Premierministers abhielten, um ihn bezüglich der Klimakrise unter Druck zu setzen. Polen ist eines der Länder in Europa, die am wenigsten für den Klimaschutz tun und jegliche übergreifende Klimaregulierungen unbedingt abwenden wollen. Dominika Lasota setzt sich ein für ein europäisches Klimagesetz und für eine gerechte, wirtschaftliche Transformation zu einer grünen Wirtschaft, welche die Arbeitnehmer:innen schützt. Und sie zeigt sich auf Instagram regierungskritisch. In einem Post (übersetzt aus dem Polnischen mit einem Übersetzungsprogramm) schreibt sie: «Die Machthaber in unserem Land nehmen unser Leben nicht ernst, und man sagt uns, dass unser Protest nicht angemessen ist oder dass es undenkbar ist, sie zur Verantwortung zu ziehen.» Sie scheut sich auch nicht, den polnischen Premierminister direkt anzuprangern. Etwa dafür, dass er nichts unternommen habe, als die Klimaaktivistin Malwina Chmara nur wenige Meter von ihm entfernt angegriffen wurde.
Die Pionierin
Greta Thunberg, 18, Schweden
Wie sie anfing: In der Schule, damals war sie acht Jahre alt, erfuhr sie zum ersten Mal vom Klimawandel. Sie habe danach immer mehr darüber zu lesen begonnen und ein Spezialinteresse entwickelt, wie sie heute sagt. Etwas, das viele Menschen mit Asperger-Syndrom, welches auch bei ihr diagnostiziert wurde, entwickeln würden. Sie entschied sich, nicht mehr zu fliegen und sich vegan zu ernähren, und überzeugte auch ihre Familie davon.
Was sie tut: Nach den Sommerferien 2018 begann sie jeden Tag zu streiken, um gegen die Klimabewegung zu protestieren. Sie sass mit einem Pappschild vor dem schwedischen Parlamentsgebäude. Mutterseelenallein erst, später dann – sie streikte inzwischen nur noch jeden Freitag – mehr und mehr unterstützt von jungen Gleichgesinnten. Damit begründete sie die inzwischen globale Bewegung Fridays for Future. Es haben sich daraus regional, national und weltweit zahlreiche Unterstützungsorganisationen gebildet, etwa auch di Scientists for Future. Sie trat an den UN-Klimakonferenzen 2018, 2019 und an der aktuellen auf, am Weltwirtschaftsforum 2019 in Davos, vor der europäischen Union. Sie sprach mit zahlreichen Regierungschef:innen und UN-Vertreter:innen und nimmt an verschiedenen Klimastreiks weltweit teil.
Sehr guter Artikel! Danke! Frauen, Frauen, junge Frauen sind auf dem Vormarsch, wer sonst.