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Die Finanzexpertin: Bewahre einen kühlen Kopf
- Text: Corinne Brecher
- Bild: Stocksy; Collage: annabelle
Du lässt dich bei Investitionen rasch verunsichern? Unsere Finanzexpertin gibt Rat, wie du dich in Geldfragen weiterbilden und so Ruhe bewahren kannst.
Hand aufs Herz: Hat sich eine deiner Weiterbildungen ausgezahlt? Sicherlich hast du neue Gspänli und Erkenntnisse gewonnen, aber hat auch dein Kontostand profitiert? Vermutlich nicht. Dürfen wir dies überhaupt erwarten? Nun, bei einer Weiterbildung in Geldfragen sehr wohl. Es gibt jedoch eine Bedingung: Disziplin! Darunter versteht der Duden das «Beherrschen des eigenen Willens, der eigenen Gefühle und Neigungen, um etwas zu erreichen».
Ich gehe davon aus: Deinen Willen hast du im Griff, zumindest in puncto Finanzinvestition. Du liest schliesslich gerade diese Zeilen. Aber wie siehts mit deinen Gefühlen aus? Viele Anleger:innen glauben, dass mit dem Kauf eines Anlageprodukts der Vermögensaufbau erfolgreich in die Wege geleitet wurde. Dieses Denken ist grundsätzlich falsch, denn es ist wie beim Kauf eines Autos: Die eigentlichen Kosten kommen erst noch. Und diese werden auch nicht von deinem Anbieter verursacht, sondern von dir selber.
«Es lohnt sich, einen Abstecher in die Finanzmarktpsychologie zu unternehmen»
Es lohnt sich deshalb, einen Abstecher in die Verhaltensökonomie zu unternehmen beziehungsweise in ihr Untergebiet, die Finanzmarktpsychologie. Untersucht werden hier Phänomene, die in der Fachsprache als kognitive Verzerrungen oder auf Englisch «bias» bezeichnet werden.
Als zukünftige Anlegerin solltest du folgende drei unbedingt kennen, denn sie führen dazu, dass du Fehlentscheidungen triffst und Geld verlierst.
- Confirmation bias: Suchst du gezielt in den Nachrichten nach Gründen für einen bevorstehenden Aktienboom oder Börsencrash? Ich versichere dir, du wirst für beide Szenarien garantiert fündig werden, dafür sorgt der sogenannte Bestätigungsfehler.
- Home bias: Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht. In der Finanzmarktpsychologie spricht man in diesem Zusammenhang von Heimatmarktneigung oder eben: home bias. Sie bezeichnet die Tendenz, Titel seines Heimatlandes überproportional zu gewichten, nur weil man das Land besser kennt. Das ist riskant, denn dein Kapital sollte immer in verschiedenen Ländern investiert sein.
- Hindsight bias: Ärgerst du dich über einen Börsencrash, weil er angeblich vorhersehbar war? Dann unterläuft dir ein so genannter Rückschaufehler. Wir Menschen neigen nämlich dazu, die Vorhersehbarkeit eines Ereignisses zu überschätzen – allerdings, nachdem es eingetreten ist.
Zum Glück gibt es für jedes dieser drei Phänome ein gutes Gegenmittel. Mit ETFs (exchange-traded funds) zum Beispiel verteilst du dein Geld automatisch auf verschiedene Länder und unterwanderst dadurch die Heimatmarktneigung. Dank eines Anlagehorizonts von fünf bis zehn Jahren brauchen dich zudem die vermeintlichen Heils- und/oder Hiobsbotschaften in den News nicht mehr sonderlich zu beunruhigen, denn du weisst: Für jede Veränderung wird sich eh eine plausible Erklärung finden. Und nein, Börsencrashs lassen sich nicht voraussehen– und Verluste sind erst realisiert, wenn du die Aktie verkaufst.
Ich kann dir also versprechen: Was sich wirklich auszahlt, sind ein kühler Kopf, finanzielle Bildung – und Disziplin!
Für Corinne Brecher (30) ist die finanzielle Bildung von Frauen ein Herzensprojekt. Bei uns berichtet die unabhängige Betriebswirtschafterin und Mentorin regelmässig aus der Welt der Finanzen.