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Die annabelle-Männerstudie ist da: So richtig happy ist nur der alte Mann

Zeitgeist

Die annabelle-Männerstudie ist da: So richtig happy ist nur der alte Mann

Laut der Studie «annabeau» hadern Männer vor allem mit ihrem Sexleben. Und auch sie leiden zunehmend unter der Doppelbelastung von Job und Familie – mit einer altbekannten Ausnahme.

Männer befinden sich in einem paradoxen Spannungsfeld: Sie sind in der Öffentlichkeit zwar noch immer präsenter und oft auch lauter als Frauen, doch ist über ihre Befindlichkeit grundsätzlich wenig bekannt, die innere Landschaft des Mannes weitgehend ein blinder Fleck. Um Licht in dieses Dunkel zu bringen, haben annabelle und die Forschungsstelle Sotomo die Männerbefragung «annabeau» lanciert, als Pendant zur «annajetzt»-Studie, die im vergangenen Frühling unter Deutschschweizer Frauen durchgeführt wurde. Über 1300 Männer zwischen 16 und 97 Jahren haben an der repräsentativen Befragung teilgenommen; sie gewähren Einblicke in ihr Gefühlsleben, nehmen Stellung zu gesellschaftspolitischen Themen, nennen ihre Wünsche an ihre Partner:innen und erklären, wie zufrieden sie sind in Bezug auf Beruf, Familie und Sexualität.

Männer, wie geht es euch?

Die Ergebnisse zeigen: Männer in der Deutschschweiz sind grundsätzlich im Lot. So geben über achtzig Prozent der Befragten an, mit ihrer Familiensituation zufrieden oder gar sehr zufrieden zu sein. Gut sieben von zehn sind glücklich im Berufs- und Beziehungsleben sowie mit ihrem Äusseren im Reinen, knapp siebzig Prozent finden, sie haben genügend Freizeit. Zudem bezeichnen sich die meisten im grossen Ganzen als zufrieden mit dem, was sie bis dahin erreicht und erlebt haben.

Überraschende Stimmungstiefs

Doch sieht man sich die Ergebnisse genauer an, tun sich überraschende Stimmungstiefs auf: So sind Männer im Vergleich zu den Frauen in den meisten Lebensbereichen teils um einiges unzufriedener. Während in der «annajetzt»-Studie nur jede fünfte Frau angab, in ihrer Partnerschaft teilweise bis gar nicht zufrieden zu sein, tut dies in der «annabeau»- Befragung nahezu jeder dritte Mann. Knapp zwanzig Prozent hadern mit ihrer Familiensituation, aber bloss etwa zehn Prozent der Frauen. Noch drastischer präsentiert sich der Unterschied im Bett: Über die Hälfte der Männer macht deutlich, dass es um ihr Sexleben besser stehen könnte, bei den Frauen waren es nur etwas mehr als ein Drittel. Jeder vierte Mann hätte gern mehr Sex, doch nur etwa jede fünfte Frau teilt diesen Wunsch nach mehr Intimität.

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«Die über 65-Jährigen bilden in fast sämtlichen Lebensbereichen die Zufriedenheitsausreisser nach oben»

«annabeau»-Männerumfrage

Nun sind die Männer keineswegs eine homogene Gruppe. Schlüsselt man die Umfrage nach Altersgruppen auf, divergieren die Ergebnisse stark. Und vor allem manifestiert sich ein veritabler Generationen- Gap: Die über 65-Jährigen bilden in fast sämtlichen Lebensbereichen die Zufriedenheitsausreisser nach oben. Die 16- bis 34-Jährigen hingegen hinken im Stimmungsbarometer oft abgeschlagen hinterher. Interessanterweise verringert sich diese Generationenkluft bei der Frage nach der Zufriedenheit mit dem Familienleben, wobei dort wiederum die Gruppe der 35- bis 64-Jährigen am häufigsten angibt, nicht wirklich glücklich zu sein.

Sex = Ungenügend

Damit wohl zusammenhängend hadert diese Sandwich-Generation auch am meisten mit ihrem Sexleben: Jeder Dritte beurteilt den Sex als ungenügend. Bei den unter 35-Jährigen tut dies knapp jeder Vierte, bei den Senioren hingegen bloss noch jeder Fünfte. Umso bemerkenswerter ist es aber, dass in allen Kategorien, in denen die Zufriedenheit erfragt wurde, Männer mit Kindern insgesamt glücklicher sind als jene ohne Nachwuchs. Kinder scheinen also gerade auch für Männer ein Faktor zu sein, der ihre Lebenszufriedenheit massgeblich erhöht.

Unter Druck

Erkennbar ist der Gap zwischen den Generationen auch in der Einschätzung der Arbeitslast und familiären Verantwortung. Männer erwirtschaften im Schnitt siebzig Prozent des Haushaltseinkommens. In der Altersgruppe der unter 35-Jährigen finden es 22 Prozent «häufig» belastend, das Einkommen grösstenteils allein schultern zu müssen, und weitere 52 Prozent zumindest «manchmal». In jener der 35- bis 64-Jährigen sind es total knapp vierzig Prozent. Ähnlich wie Frauen scheinen also auch Männer in der sogenannten Rushhour des Lebens unter Druck zu stehen. Deshalb ist es naheliegend, dass gut die Hälfte aller berufstätigen Männer unter 65 Jahren gern weniger arbeiten würden, wenn sie es sich finanziell leisten könnten oder der Arbeitgeber beziehungsweise der Job es zuliesse.

«Beim Erwerbsmodell ist ein langsamer Wandel in Gang»

«annabeau»-Männerumfrage

Dennoch scheinen die Befragten wenig Lust zu haben, in Sachen partnerschaftlicher Erwerbsarbeit neue Wege zu beschreiten. Auf die Frage «Was ist aus Ihrer Sicht grundsätzlich das beste Erwerbsmodell für Familien mit Kindern?», nannte die Mehrheit das 50:80-Modell: Mütter arbeiten fünfzig, Väter achtzig Prozent. Interessant ist, dass auch Frauen, das legte die «annajetzt»-Studie offen, dieselbe Verteilung für ideal halten. Etwas progressiver gibt sich die jüngere Generation, sowohl die der Frauen als auch die der Männer: Sie wünschen sich die Verteilung des Erwerbspensums auf sechzig (Mutter) beziehungsweise siebzig Prozent (Vater). Ein Zeichen dafür, dass ein langsamer Wandel in Gang ist.

Generationen-Gap bei den Feministen

Ein solcher offenbart sich deutlich in gesellschaftspolitischen Fragen. Knapp siebzig Prozent der jungen und 43 Prozent der Männer in der Sandwich- Gruppe möchten zum Beispiel, dass frischgebackene Väter und Mütter zusammen Anrecht auf eine Elternzeit von mehreren Monaten haben, und selbst entscheiden können, wer wie viel davon bezieht. Sehr viel konservativer sieht dies die älteste Männergeneration. Bei ihr finden rund vierzig Prozent, der Vaterschaftsurlaub sei überhaupt nicht Aufgabe des Staats, sondern müsse privat finanziert werden. Diese traditionelle Haltung spiegelt sich auch in ihrer Beurteilung der aktuellen Geschlechterdebatte. Über zwei Drittel der Befragten über 65-Jährigen erachten diese als unwichtig oder völlig unnötig.

Die Frage «Würden Sie sich als Feminist bezeichnen?» beantworten sie zu fast achtzig Prozent mit «Nein» oder «eher Nein». Die jüngeren Männer hingegen tun sich mit dem Label erstaunlich leicht. Jeder Zweite unter 35 Jahren und immerhin jeder Dritte 35- bis 64-Jährige bezeichnet sich selber als Feminist oder eher als Feminist. Und mehr als die Hälfte empfindet die aktuelle Geschlechterdebatte als wichtig oder sogar überfällig, ebenso die grosse Mehrheit der jüngsten Männerkategorie.

«In der Gruppe der unter 35-Jährigen weiss nur noch eine Minderheit, was es genau bedeutet, ein Mann zu sein»

«annabeau»-Männerumfrage

Das männliche Rollenmodell ändert sich gerade gewaltig. Trotz ihrer Offenheit gegenüber der Geschlechterdebatte tun sich gerade die Jüngeren schwer damit. Auf die Frage: «Haben Sie eine klare Vorstellung davon, was Mannsein bedeutet?», antworten rund achtzig Prozent der über 65-jährigen mit «immer» oder «häufig». Bei den 35- bis 64-Jährigen sind dies zwei Drittel. In der Gruppe der unter 35-Jährigen hingegen weiss nur noch eine Minderheit (42 Prozent), was es genau bedeutet, ein Mann zu sein.

So ein freundlicher

Gehts um die Frage, wie sie als Mann auf andere wirken möchten, scheinen sich die Generationen weiterhin einig zu sein – und das ist überraschend. Allem voran deshalb, weil dabei keineswegs stereotype männliche Eigenschaften wie «mutig» oder «stark» im Vordergrund stehen, sondern Sanfteres: So rangiert das Attribut «freundlich» zuoberst auf der Liste, gefolgt von «intelligent», «selbstsicher» «mit sich im Reinen» und «einfühlsam». Fast genauso übereinstimmend zeigen sich die Befragten in Bezug auf die Ansprüche, die sie in einer langfristigen Beziehung an sich selbst haben. Als wichtigster Punkt wird «Loyalität und Respekt» genannt, noch vor «eine gleichberechtigte Partnerschaft leben» und «Sicherheit und Geborgenheit geben». Auffallend ist, dass es für junge Männer darüber hinaus besonders wichtig ist, immer für ihre Partnerin oder ihren Partner da zu sein und sie oder ihn bedingungslos zu unterstützen. Zudem gewichten die Jungen die sexuelle Treue bedeutend höher als die Älteren.

«Die Jungen gewichten die sexuelle Treue bedeutend höher als die Älteren»

«annabeau»-Männerumfrage

Mit einer ähnlichen Haltung bewertet die Gruppe der 16- bis 34-Jährigen die für sie zentralen Eigenschaften ihrer Traumpartner:innen: Sie wünschen allem voran auch ein Gegenüber, das sexuell treu ist, Wertschätzung zeigt und auf gegenseitige, grosse Liebe setzt. Dieses Begehren nach zweisamer Verbindlichkeit zeigt sich auch mit Blick auf die persönliche Zukunft. Junge Männer geben im Vergleich zu den älteren überdurchschnittlich häufig an, Angst davor zu haben, künftig einsam oder allein zu sein. Weniger ins Gewicht hingegen fällt die Angst vor gesundheitlichen Beschwerden und Einschränkungen im Alter – die grössten Sorgen der älteren Gruppen.

Eine geschlechterübergreifende Erkenntnis

Bleibt zu guter Letzt die alles entscheidende Frage, womit Mann in seinem Leben bisher zu viel Zeit verbracht hat. Und die Antworten darauf werfen ein grelles Licht in die Dunkelkammer der männlichen Befindlichkeit: Insgesamt jeder dritte Mann nennt die bezahlte Erwerbsarbeit als seinen grössten unliebsamen Zeitfresser, und fast die Hälfte der 16- bis 34-Jährigen gibt an, zu viel Zeit damit verschwendet zu haben, anderen gefallen zu wollen. Damit ziehen sie mit den Frauen gleich. In der «annajetzt »-Studie erklärten fast ebenso viele Frauen, zu sehr ins Gefallenwollen investiert zu haben. Was diese geschlechterübergreifende Erkenntnis für den gesellschaftlichen Wandel bedeutet, wird sich weisen. Fest steht: Junge Männer werden in diesem Wandel – zusammen mit den Frauen – die Hauptakteure sein.

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Karin Domig

.. das mit dem Gefallen wollen, sollte sich ändern in ‚mir selbst gefallen…‘, dass wäre meines Erachtens erstrebenswert… vielleicht kommt das erst mit dem Alter? …und somit mit dem mehr an Erfahrung? Alles in allem, ein sehr interessanter Artikel, herzlichen Dank dafür

Last edited 3 years ago by Karin Domig
Rita Angelone

Die Ergebnisse sind sehr spannend – es scheint sich immerhin ein Wandel abzuzeichnen. Dies bestätigt auch das Familienmodell, das Andrea mit ihrem Mann gewählt hat. In einem Gastbeitrag auf meinem Blog sowie in einer spannenden Podcast-Folge verrät sie, weshalb sie trotz einigen Herausforderungen froh sind, sich für ein 50/50 Teilzeit-Familienmodell entschieden zu haben. Wer mag kann hier weiter lesen: https://www.dieangelones.ch/familie-teilzeitmodell/