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Das neue Heft ist da: Chefredaktorin Barbara Loop über Nostalgie

Leben

Das neue Heft ist da: Chefredaktorin Barbara Loop über Nostalgie

  • Text: Barbara Loop
  • Coverbild: Aude Le Barbey, Foto: annabelle

Ab heute liegt die neue annabelle am Kiosk. Lest hier das Editorial von Chefredaktorin Barbara Loop.

Bestimmt trugen die Farben des Herbstes dazu bei, und auch die Sonne, die an jenem Montag oberhalb von Yverdon-les-Bains durch den Nebel drückte; die Zeit in Sainte-Croix jedenfalls fühlte sich wohlig warm an, wie eine Reise in die Vergangenheit.

Ich war in den Waadtländer Jura gefahren, um François Junod zu treffen und für die neue Ausgabe zu porträtieren. Junod ist ein Genie. Er versteht sich wie kein anderer auf die Kunst, hochkomplizierte, mechanisch bewegte Figuren zu bauen. Sein Atelier gleicht einer Wunderkammer, in den Regalen stehen Musikdosen, Näh- und Schreibmaschinen, von den Decken baumeln Puppenglieder.

Doch als ich einige Tage später das Essay meiner Kollegin Darja Keller für die aktuelle annabelle las, eine Verteidigung des von uns Fortschrittsgläubigen oft verschmähten Gefühls der Nostalgie, wurde mir klar, dass es nicht nur das traditionelle Handwerk war, das mich an vergangene – bessere – Zeiten erinnerte.

Es war auch die Art, wie François Junod sich durch den Tag bewegte. Der Mann, dessen Automaten bei japanischen Sammler:innen ebenso begehrt sind wie bei französischen Luxushäusern, arbeitet in dem Haus, das schon seinem Vater als Werkstätte diente. Er grüsst auf dem Weg zum Mittagessen alle beim Namen und schreibt sich mit seiner Arbeit in die Geschichte von Sainte- Croix ein.

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«Ich glaube, dass in der Nostalgie ein Stück Wahrheit liegt»

Was mich nostalgisch stimmte, ist die Sehnsucht nach einem Leben, das sich im Hier und Jetzt abspielt, das verwurzelt ist in Raum und Zeit. Wohl offenbart meine Nostalgie mehr über mich selbst als über Junod, den lange Auftragslisten in Atem halten und der sich bestimmt nicht selten zwischen E-Mails aus Tokio und Reisen nach New York wiederfindet.

Sich nostalgisch zu zeigen, sei ein intimer Akt, formuliert meine Kollegin gekonnt, «wir enthüllen, woran unser Herz hängt. Wir offenbaren einen Punkt, an dem wir weich und porös und offen für Verbindungen sind.»

Versteh mich bitte nicht falsch. Ich bin dankbar, dass ich in meinem Alltag von einer Welt in die andere hüpfe und sie alle Teil meines Leben sein können. Nostalgie ist ein Schwelgen in vergangenen Zeiten, oft auch deren Verklärung. Und doch glaube ich, dass in der Nostalgie ein Stück Wahrheit liegt.

Und die ist keineswegs rückwärtsgewandt. Denn weder die Geschichte noch unser Leben folgen einer linearen Entwicklung, bei der sich Fortschritt an Fortschritt reiht. Sie drehen immer mal wieder Schlaufen, verknoten sich, bilden Abzweigungen. Nostalgie ist also vielleicht auch die Hoffnung, die wir in die Zukunft setzen.

Herzlich,
Barbara Loop

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