Das neue Heft ist da: Chefredaktorin Barbara Loop über die Trendfarbe Weiss – und den Tod

Kürzlich war ich auf der Beerdigung meiner Tante. Es ist viele Jahre her, dass ich sie das letzte Mal sah. Trotzdem erscheint sie mir deutlich vor meinem inneren Auge, ich höre ihre Stimme, ihr Lachen, erinnere mich an ihre Gestik. Ich sehe die Frau, wie sie vor dreissig Jahren war, als ich sie mit meiner Familie besuchte. Und so war der traurige Abschied auch ein grosses Wiedersehen – mit Cousinen, deren Kindern, mit entfernten Bekannten und Verwandten, mit meiner Kindheit, mit mir selbst.

Es war ein schöner Tag. Das zu sagen, ist weitaus weniger absurd, als es klingt. Dass Leben und Sterben zusammengehören, ist eine Binsenwahrheit. Auch wenn in den Medien derart viel über das Sterben geschrieben wird wie kaum je zuvor, vergessen wir im Alltag oft, wie viele Menschen in unserer Umgebung gerade den Tod einer geliebten Person verarbeiten – wie präsent Trauer ist und wie lebendig die Erinnerung an die Verstorbenen, auch an der Migros-Kasse oder im Yogakurs.

Meine Kolleginnen Marie Hettich, Jacqueline Krause-Blouin und Sarah Lau haben in den letzten Jahren ihre Väter verloren. Sie erforschen im Gespräch, das Marie für unsere neue annabelle-Ausgabe aufgeschrieben hat, das Wesen der Trauer, ihren ganz persönlichen Schmerz, ihre Wut und Verzweiflung – und sie sprechen über Momente der Erinnerung und des Trosts. Besonders schön sei es für sie, sagt Sarah, wenn ihr Mann das Glas auf seinen Schwiegervater erhebe, wenn jemand in guten Momenten die verstorbene Person erwähnt.

In dieser Ausgabe steht der Tod nur wenige Seiten entfernt vom Mode-Spezial, mit dem wir die neue Saison eröffnen. Mode, die mit ihrem unaufhaltsamen Drang Richtung Zukunft das Leben feiert, dieses Jahr vielleicht noch mehr als sonst. Denn die Farbe des Sommers und damit das Titelthema dieser Ausgabe ist Weiss. Weiss verspricht Hoffnung, symbolisiert Frieden und Reinheit.

Weiss tragen traditionell auch die Verstorbenen auf dem Totenbett, es ist die Farbe der Auferstehung. Und Weiss ist für Kleidung – nicht nur wegen der Fleckenanfälligkeit – ein mitunter problematisches Konzept. Weil das Leben nie makellos ist und immer Spuren hinterlässt.

Den Schlusspunkt zu unserem Mode-Spezial setzt der Nachruf auf den Schweizer Modefotografen Hans Feurer. Wir verneigen uns vor einem der ganz Grossen. Denn genau dann, wenn das Leben sich von seiner leichten und hellen Seite zeigt, soll man der Toten gedenken. Ich habe mir Sarahs Worte zu Herzen genommen.

Herzlich
Barbara Loop