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Das neue Heft ist da: Barbara Loop übers Scheitern

Das neue Heft ist da: Barbara Loop übers Scheitern

Ab heute liegt die neue annabelle am Kiosk. Lest hier das Editorial von Chefredaktorin Barbara Loop.

Eigentlich wollte ich in diesem Editorial über das kreative Potenzial des Scheiterns schreiben. Über die Erkenntnisse, die Fehler und Niederlagen bieten. Über den Raum, der entsteht, wenn man aufgibt. Meine Kolleg:innen haben in dieser Ausgabe Anekdoten ruhmarmer Momente des eigenen Unvermögens gesammelt, die allesamt in der Überzeugung mündeten, dass es vollkommen in Ordnung ist, hin und wieder die Profis ranzulassen. «Don’t do it yourself!», raten sie entschieden und kehren dem Trend zum Selbermachen den Rücken.

Don’t do it yourself war auch die Erkenntnis, die Maike Cruse weg von einer Karriere als Künstlerin hin zum Kunsthandel brachte. In wenigen Wochen eröffnet in Basel die wichtigste Kunstmesse der Welt, mit Cruse als neuer Direktorin. Wie wichtig es ist, wenn man Dinge dann doch um jeden Preis selber machen will, es immer und immer wieder zu probieren, lest ihr im Porträt des Siebdruckers Lorenz Boegli von meiner Kollegin Linda Leitner.

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«Warum fällt es uns heutzutage so leicht zu vergessen, aber oft so schwer zu verzeihen? Und was braucht es, um zu verzeihen?»

Doch ein wenig suspekt war mir die Idee vom Potenzial des Scheiterns von Anfang an. Zu banal erschien sie mir, sie könnte gut auch als Weisheit auf einer Teetasse Platz finden. Was, wenn beim Scheitern mehr zu Bruch geht als der Traum von selbstgezogenen Tomaten? Was, wenn die eigenen Fehler mehr Schaden anrichten als ein paar Kratzer am eigenen Ego?

Das fragte ich mich, als ich John Galliano im Kino dabei zusah, wie er an seiner Erlösung arbeitet. Der Dokumentarfilm «High & Low» erzählt vom Aufstieg und Fall des legendären Modedesigners. Der immense Druck, die schwere Kindheit, die Sucht, der Ruhm werden herangezogen, um die antisemitischen und rassistischen Tiraden zu erklären, mit denen der sturzbetrunkene Galliano vor über zehn Jahren Gäste in einem Pariser Bistro attackierte.

Von der Justiz verurteilt, von der Mode und ihren Machthaber:innen rehabilitiert, nutzt Galliano das Interesse des Regisseurs, um sich gegenüber der Öffentlichkeit zu erklären. Und da kommt man – neben all der fantastischen Mode – zum interessanten Punkt des Films, der Frage: Warum fällt es uns heutzutage so leicht zu vergessen, aber oft so schwer zu verzeihen? Und was braucht es, um zu verzeihen? Den anderen und sich selbst.

Wer die Antwort darauf findet, hat die Chance, aus Fehlern zu lernen. Und den Mut, neue zu machen. Ist das nicht der Schlüssel zum Gefühl der Unbeschwertheit und Freiheit, das uns durch diesen Sommer und die neue Ausgabe trägt?

Herzlich,
Barbara Loop

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