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Das neue Heft ist da: Barbara Loop über Künstliche Intelligenz

Zeitgeist

Das neue Heft ist da: Barbara Loop über Künstliche Intelligenz

Ab heute liegt die neue annabelle am Kiosk. Lest hier das Editorial von Chefredaktorin Barbara Loop.

Gleich beim Eingang, neben der Kasse des Museum Tinguely in Basel, steht die Machine à dessiner. Mein Patenkind, offensichtlich nicht zum ersten Mal in diesem Haus, spannt einen Stift ein, klemmt das Blatt in die Maschine und drückt auf Start. Mit lautem Knattern und Rattern erstellt das mechanische Ungetüm eine Zeichnung. Von wem ist dieses Werk? Von der Maschine, von ihrem Erfinder Jean Tinguely oder von dem Kind? Der Bub signiert das Blatt, ohne mit der Wimper zu zucken.

Nostalgisch wie das Geräusch der Maschine stimmte mich die ebenso naive wie kluge Art, mit der Tinguely in den 1950er-Jahren die Urheberschaft zum Thema machte. Denn heute stellt sich dieselbe Frage in einem ganz anderen Ausmass, wenn Softwarekonzerne die Inhalte des World Wide Web nutzen, um die Künstliche Intelligenz zu trainieren.

In der neuen Ausgabe haben wir uns für unser Wohnen-Spezial von Werken der KI inspirieren lassen. Kreativbüros wie Joann AI Art Studio und Architekten wie Carlos Bañón oder Razvan Ghilic-Micu entwarfen mit Hilfe der KI Räume, welche die Grenzen des Denk- und Machbaren ausloten.

Da schwimmt eine Bibliothek im Wasser, da schwebt ein Wohnzimmer in den Wolken; in ihrer traumähnlichen Ausgestaltung machen die Bilder ihre Künstlichkeit sichtbar. Die fantastischen KI-Werke dienten unseren Redaktorinnen Nicole Gutschalk und Connie Hüsser als perfekte Ausgangslage, um die visionären Welten mit den Designneuheiten der Saison in die Realität zu übersetzen.

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«Zentral ist, was wir daraus machen»

Natürlich trennen die Tinguely-Maschine und die KI Welten. Aber je länger ich darüber nachdenke, desto aktueller scheint mir das Werk des Schweizer Künstlers. Es zeigt auf, dass eben nicht die Zeichnung zentral ist, die generiert wird, sondern das, was ich und mein Göttibub daraus machen. Die Fragen, die wir uns stellen, die Gedanken, auf die sie uns brachte, während wir bei ihrer Entstehung zusahen.

Giampiero Tagliaferri, Shootingstar der italienischen Interiordesign-Szene, erzählte beim Interviewtermin, dass auch er KI nutze, um mit Ideen rumzuspielen oder Moodboards zu erstellen. Er sagte aber auch, dass die grösste Herausforderung unserer Zeit darin bestehe, die unglaubliche Flut an Informationen und Bildern zu bewältigen, sie zu organisieren, zu reduzieren – und sich zu fokussieren.

In dieser Hinsicht hat die Maschine von Tinguely einen entscheidenden Vorteil: Sie muss nach jedem Gebrauch für einige Minuten pausieren – um das Material zu schonen.

Herzlich,
Barbara Loop

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