Das neue Heft ist da: Barbara Loop über das Altern und das Ego
- Text: Barbara Loop
- Bild: Simon Habegger
Ab heute liegt die neue annabelle am Kiosk. Lest hier das Editorial von Chefredaktorin Barbara Loop.
1967 sangen die Beatles übers Älterwerden. «Will you still need me, will you still feed me, when I’m sixty-four?» Für den jungen Paul McCartney war klar: Mit 64 ist man alt, füttert die Enten am Teich und schaut – im besten Fall gemeinsam statt einsam – der Sonne beim Untergehen zu.
Ein halbes Jahrhundert später würde der inzwischen 81-Jährige rückblickend auf dieses Alter wohl eher einen Song über die Midlife-Crisis dichten. Denn die Sechziger sind nicht nur für Rockstars nah an die Lebensmitte gerückt. Die Menschen werden älter, und sie bleiben länger gesund. Zumindest in der Schweiz.
Aber das ist nicht genug. Kluge und ehrgeizige Köpfe haben den Kampf aufgenommen gegen die grösste Ungeheuerlichkeit der menschlichen Natur: die Sterblichkeit. Die Longevity-Forschung, die Erforschung der Langlebigkeit also, boomt.
In den Industrienationen gibt es immer mehr Menschen, die akut altern und bereit sind, viel Geld auszugeben, könnten sie nur die biologische Uhr anhalten. Bereits 2012 bekam der Japaner Shin’ya Yamanaka einen Nobelpreis für den «Yamanaka-Cocktail», mithilfe dessen sich Zellkulturen spezialisierter Organzellen so reprogrammieren lassen, dass sie wieder zu Stammzellen werden, frei vom Ballast der Zeit.
«Was bedeutet es für unsere Gesellschaft, sollten sich die Gesetze der Natur mit einer Verjüngungspille aufheben oder zumindest verzögern lassen?»
Zwar funktioniert der Verjüngungscocktail erst bei Mäusen. Doch Altersforscher: innen wie der deutsch-amerikanische Genetiker Steve Horvath sind davon überzeugt, dass es keine Frage mehr ist, ob Verjüngung beim Menschen funktioniert, sondern nur noch, was die besten Mittel und Methoden dafür sind.
Dank schwerreicher Investor:innen wie Amazon-Gründer Jeff Bezos soll sich auch diese Frage bald klären. Was bedeutet es für unsere Gesellschaft, sollten sich die Gesetze der Natur mit einer Verjüngungspille aufheben oder zumindest verzögern lassen? Darüber scheiden sich die Geister. Die einen verteufeln den Jugendwahn, andere begrüssen die Möglichkeit, dem Altern nicht machtlos ausgeliefert zu sein.
Für diese Ausgabe ist Reporterin Lucia de Paulis nach Sardinien gefahren, auf die «Insel der Hundertjährigen ». Warum werden die Menschen hier älter als anderswo auf der Welt? Was verlangsamt ihren Alterungsprozess?
De Paulis Antwort: Wenig und gesundes Essen, viel Bewegung, Freund:innen und Familie, eine Aufgabe, wenig Stress – das Rezept für ein langes Leben ist altbekannt. Das Beste: Anders als für die langersehnte Wunderpille braucht es dafür kein Vermögen, sondern etwas Glück, Gelassenheit – und Ziegenmilch.
Herzlich,
Barbara Loop
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