Kein anderes Land kommt dem Schweizer Designverständnis wohl so nah wie Dänemark. Und nirgendwo sonst trifft Tradition so passgenau auf Innovation. Eine Spurensuche in Kopenhagen.
Einmal im Jahr, während der 3 Days of Design * in Kopenhagen, öffnen zahlreiche Unternehmen und Designer ihre Türen dem Publikum. Eine gute Gelegenheit, um der Frage nachzugehen, was Design aus Dänemark für uns so besonders macht.
Möglicherweise liegt es daran, dass sich die Menschen in der Schweiz und in Dänemark einfach sehr ähnlich sind. Gerade die nordische Maxime, Design zu sozialisieren, also jedem zugänglich zu machen, zeigte sich im Zuge der Industrialisierung auch hierzulande. Designer wie Le Corbusier oder Alfred Roth strebten eine weite Verbreitung moderner Möbel für ein neues Wohnen an. Leider setzte sich die revolutionäre Idee noch nicht so früh durch. Die Stückzahlen blieben klein und die Kosten waren entsprechend hoch. Ausserdem standen in Dänemark wie in der Schweiz immer Handwerk, Qualität und ein tief verwurzelter Sinn für Tradition im Vordergrund. Design war in beiden Ländern schon immer etwas Solides und Brauchbares. Nie ging es nur um die Ästhetik – stets waren die inneren Werte gleichberechtigt.
Glaubt man der Trendforscherin Zuzanna Skalska **, wird dies dem Design in Zukunft das Leben retten: Sie nennt es die Skandinavisation. Design, das primär von kleinen bis mittelgrossen Familienunternehmen entwickelt und produziert wird, die es dank grossem Knowhow und bewusstem Umgang mit lokalen Ressourcen verstehen, die Dinge in einen Kontext zu stellen. Das heisst, die Wertschöpfungskette zu Ende zu knüpfen und diese Werte auch richtig zu vermitteln. Das entspricht doch sehr der Schweizer Mentalität. Design an sich sei tot, meint Zuzanna Skaska. Mit Produkten, die nur schön sind, wissen wir nichts mehr anzufangen. Wir wünschen uns Authentizität. Und diese entsteht in Zukunft im kulturellen Kontext. «Show me, tell me, know me» – wir wollen mit den Produkten in Beziehung treten.
Dänemark ist sich seiner Geschichte und der Bedeutung seines Designschaffens bewusst. Mittlerweile gehört es gar zu seinen wichtigsten Exportprodukten. Danish Design ist ein Prädikat mit Wirkung, ähnlich wie für uns die Swissness. Da erstaunt es nicht, dass gerade ein neues Online-Portal gegründet wurde, das mit staatlichen Geldern finanziert wird. Danish.tm wird von der 2012 lancierten Danish Design & Architecture Initiative betrieben und hat zur Aufgabe, alles rund ums dänische Designgeschehen in die Welt hinauszutragen. «Wir sind auf dem Weg in eine neue goldene Design-Ära», sagt Geschäftsführer Lars Nørby Johansen. Für die erste Hochblüte sorgte in den Fünfzigerjahren insbesondere der Architekt Arne Jacobsen, der sich in den USA einen Namen machte, sowie ab 1954 die Ausstellung «Design in Scandinavia», die für mehrere Jahre durch Amerika tourte – eine der ersten und erfolgreichsten Designkampagnen überhaupt. Durch sie etablierte sich der Begriff Skandinavisches Design.
Dänemark blickt also auf eine jahrzehntelange Designgeschichte zurück, die von berühmten Namen und alteingesessenen Manufakturen geprägt wurde, ist aber genauso mit neuen Projekten und Labels am Puls der Zeit. Sie alle berufen sich auf ihre DNA, wissen aber durchaus spielerisch und innovativ mit ihr umzugehen.
* 3 Days of Design ist eine Plattform, die von Design-Unternehmen im Pakhus 48, einem Showroom-Komplex im ehemaligen Freihafen von Kopenhagen, initiiert wurde und sich mittlerweile über die ganze Stadt erstreckt.
— www.3daysofdesign.dk
** Zuzanna Skalska betreibt die Online-Plattform «360 Inspiration» in Eindhoven (NL).
— www.360inspiration.nl