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Clip, Clip, Hurra: Die Kurzfilme zum Jubiläum 75 Jahre annabelle

Leben

Clip, Clip, Hurra: Die Kurzfilme zum Jubiläum 75 Jahre annabelle

  • Text: Tina Huber; Fotos: Nadia Neuhaus und Yves Bachmann

75 Jahre in 75 Sekunden: Studierende der Kunsthochschule haben Kurzfilme über annabelle gedreht. Was dabei herauskam? Lesen und sehen Sie selbst!

Eine Frau tritt auf, sie trägt schwarze Hacken und ein Korsett aus Lackleder, bewegt sich lasziv zur elektrisierenden Rockmusik. Plötzlich streift sie sich die Haare vom Kopf. Zoom auf die Augen: Mit einem Ruck reisst die Frau ihre falschen Wimpern weg. Sie wischt sich die Schminke aus dem Gesicht. Zurück in die Totale: Sie schnürt das Korsett auf, zieht den BH aus. Nun ist klar: Die Frau ist in Wirklichkeit ein Mann. Er lächelt in die Kamera und sagt: «Ich bin eine annabelle-Leserin.»

Das ist der Film von Chris Müller (29). Er sagt: «annabelle ist selbstbewusst und unkonventionell, sie kann sich die Freiheit nehmen, mit ungewohnten Themen zu provozieren.» Sein Film – schwarz-weiss und bildgewaltig – ist ein Appell zur Auflösung von strikten Grenzen zwischen den Geschlechtern, zugleich auch eine Hommage an die ästhetischen Fotoporträts im Heft.

«Happy Birthday annabelle»

Und genau das hatten wir uns von Chris Müller und 25 weiteren Studierenden der Zürcher Hochschule der Künste zum Geburtstag gewünscht: eine Sekunde Film für jedes Altersjahr von annabelle, bitte weder Werbespot noch Rückblick auf die vergangenen 75 Jahre, viel lieber eine ganz persönliche Sicht auf das Magazin! Oder wie es Chefredaktorin Lisa Feldmann ausdrückte: «Die Studierenden sollen unser Magazin anschauen und in ihre eigene Welt übersetzen.»

«Lebendig, emotional, farbig und vielseitig – so ist annabelle! Das wollte ich rüberbringen»
Anne-Sophie Ewald, Studentin

Das tat Anne-Sophie Ewald (21) mit einer Animation. Sie liess sich vom Videoclip zu Gnarls Barkleys Welthit «Crazy» inspirieren und erarbeitete einen temporeichen Kurzfilm, eine Collage aus abperlenden Tintentropfen auf weissem Hintergrund und Gegenständen, die typisch für die einzelnen Rubriken von annabelle sind – Lippenstift und Parfumflacon für Beauty, Lampen für Wohnen, die Parole «Frauenstimmrecht» und Porträtfotos für Reportage, frische Rüebli für Kochen, Handtaschen und Sonnenbrillen für Mode. Klingt ein bisschen wirr, funktioniert auf dem Bildschirm aber wunderbar. Anne-Sophie Ewald sagt: «Lebendig, emotional, farbig und vielseitig – so ist annabelle; diese Eigenschaften wollte ich mit meinem Film rüberbringen.»

Weil «Happy Birthday annabelle» – so nannten die jungen Künstler das Projekt – im Rahmen eines Studienmoduls der Zürcher Hochschule der Künste stattfand, hatten die Studierenden für alles gerade mal vier Wochen Zeit, von der ersten Fragerunde mit annabelle über das Stöbern im Archiv bis zum Filmdreh und zur Abschlusspräsentation. Eine kurze und intensive Zeit, die sie vollständig dem Projekt widmeten.

Kreativität im Mittelpunkt

Natürlich hatten wir uns vom Experiment ein vielfältiges Resultat erhofft. Und klar setzten wir auf den Einfallsreichtum der Kunststudenten, die im zweiten Semester Cast/Audiovisuelle Medien sowie Style und Design studieren. Doch dass daraus so facettenreiche, so individuelle Kurzfilme entstanden – das überraschte! In den einen 75 Sekunden spielt eine Oma auf dem Segway die Hauptrolle, in den anderen ein Rüebli; bei diesem Film steht ein Kreuzworträtsel im Mittelpunkt, bei jenem ein Kleid aus Papierschnitzeln. Ja, jeder einzelne Kurzfilm ist eine eigenwillige und äusserst kreative Annäherung an annabelle geworden.

Einzelne Studierende hatten vor «Happy Birthday annabelle» das Magazin noch nie gelesen. Wie Hannes Cullum (26). Er war ratlos, als er hörte, dass er einen Film zu annabelle drehen sollte. «Ich hatte null Bezug zum Heft, das ist nicht meine Welt. annabelle erschloss sich mir einfach nicht», sagt er. Keine Ahnung also, wie einen Film dazu drehen. Bis er erfuhr, dass knapp ein Viertel der Leserschaft Männer sind. Also muss es doch einen Zugang für das männliche Geschlecht geben, dachte er sich – und hatte sein Thema gefunden. Das Resultat: ein witziger Film über einen Mann, der eine annabelle in die Hände bekommt und sie gleich weglegen möchte. Doch dann merkt er im letzten Moment, dass das Magazin vielschichtiger und aussagekräftiger ist, als er dachte. Mit dieser Erfahrung war Hannes Cullum nicht allein: Nach den ersten Berührungsängsten entdeckten die Studierenden Facetten im Magazin, die sie nicht erwartet hätten.

Emotionale Momente

Während bei Hannes Cullum ein Mann im Fokus steht, dreht sich im Film von Fabio Kunz (22) alles um die Frauen. Sein Werk «Aus dem Leben» ist eine berührende Annäherung an die Frauen, für die annabelle steht. «annabelle ist in erster Linie eine Frauenzeitschrift, also wollte ich meinen Film den Frauen widmen», so Fabio Kunz. Der Film zeigt Ausschnitte aus dem Leben von Frauen: wie sie lachen, tanzen, nachdenken, beim Abschiedskuss, mit ihren Kindern. Das Besondere am Film, der ohne Worte auskommt: Nichts ist inszeniert. Fabio Kunz begleitete die Frauen teils über mehrere Stunden mit der Kamera und konnte dadurch die emotionalen Momente mit voller Authentizität einfangen.

Der Blick von aussen ist oft auch ein besonders kritischer: Mina Monsef (23) thematisiert in ihrem Kurzfilm den Druck, den Hochglanzmagazine auf (junge) Frauen ausüben können. Sie eröffnet ihren Film mit den Worten «Liebe annabelle …» und stellt danach annabelle Fragen über Fragen. Muss ich mir die teure Crème leisten können? Stehen mir Skinnyjeans? Sollte ich mehr reisen? Wie viele Sprachen muss ich beherrschen? Mina Monsef sagt: «Manchmal weiss man ob all der Einflüsse und Anforderungen von aussen – dazu gehören auch Magazine wie annabelle – nicht mehr, was wirklich wichtig ist.» Für ihren Film ging sie einige Tage im «Record- Modus» durch den Alltag: Sie notierte alle Fragen, die ihr durch den Kopf gingen, und filmte die Momente, die einen Zusammenhang mit diesen Fragen haben – mit der Handykamera, «um mehr Nähe zu schaffen». Ihren Film schliesst Mina Monsef mit den versöhnlichen Worten «Alles Liebe zum Geburtstag, deine Mina».

Auch zur Oma auf dem Segway gäbe es eine kleine Geschichte zu erzählen, ebenso zum Kleid aus Papierschnitzeln und allen anderen Kurzfilmen. Zusammen- fassend wird vor allem eines klar: Jeder Studierende hat für seinen Film einen einzelnen Aspekt aus dem Kosmos annabelle herausgepickt. Die daraus entwickelten, komplett verschiedenen Storys zeigen uns, auf wie viele verschiedene Arten sich annabelle betrachten und interpretieren lässt. Was für ein Geschenk!

_Alle Filme sehen Sie hier: Dossier Jubiläums-Videos
_Webseiten Cast/Audiovisuelle Medien und Style und Design an der ZHdK Zürich

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1.

«annabelle kann es sich leisten, mit ungewohnten Themen zu provozieren»
Chris Müller, Student

2.

Auch Männer sind Leserinnen: Der Clip von Chris Müller

3.

Hier gehts zum Video von Chris Müller

4.

Work in progress: Die Studenten beim Stöbern im annabelle-Archiv

5.

Work in progress 2: Beim Abmischen von Bild und Ton

6.

Anne-Sophie Ewald erstellt eine Ink-Animation

7.

Temporeiche Collagen im Film von Anne-Sophie Ewald

8.

Hier sehen Sie das Video von Anne-Sophie Ewald und in diesem Dossier sehen Sie alle anderen Kurzfilme