Kein anderes Land wurde heftiger bombardiert als Laos. Jahrzehnte danach sind immer noch Millionen von Blindgängern eine tödliche Bedrohung. Beseitigt werden sie vor allem von Frauen. Sie nennen sich Feuerwerkerinnen.
Der Tod lauert im verdorrten Reisfeld, versteckt in der harten Erde, die die Bauern mit der Hacke umgraben. Er lauert unter dem Fussboden, der sich erhitzt, wenn die Frauen auf ihren mit Holzkohle befeuerten Öfen kochen. Er lauert am Rand der Weide, an dem die Viehhirten Zaunpfähle in den Boden rammen. Besonders heimtückisch lauert er den Kindern auf, die die kleinen Stahlkugeln für Spielzeug halten – bis sie explodieren.
Yae Yang ist dem Tod knapp entkommen. Wenn die Arbeit auf den Feldern ruhte, verliess Yang jeweils sein Dorf in den Bergen, um in der Provinzhauptstadt Phonsavan als Kübelmann Geld zu verdienen. «An diesem Tag war es so viel Abfall, dass wir das Auto nicht weiter beladen konnten. Also mussten wir zuerst etwas davon verbrennen.» Es war ein kühler Wintermorgen, die Nebelschwaden waberten noch über die Hochebene. Yang wollte sich aufwärmen. «Ich stand nah am Feuer.» Was dann geschah, weiss er nur aus den Erzählungen seiner Kollegen. Vermutlich lag die Bombe an genau der Stelle vergraben, an der die Männer den Abfall angezündet hatten. Die Hitze liess die Bombe explodieren. Yangs Körper stand in Flammen. Die Kollegen, die ihm zu Hilfe eilten, verbrannten sich ihre Hände, als sie ihn packten und wegzerrten.
Der Unfall ist jetzt zehn Jahre her. Yang war damals 22 – und ist das Opfer eines Krieges geworden, den er selber nur aus Erzählungen in der Schule kennt.
Der Vietnam-Krieg hat Generationen politisch geprägt und weltweit für Schlagzeilen gesorgt. Das Flächenbombardement im kleinen Nachbarland jedoch ging fast unbemerkt vonstatten, dabei wurde kein anderes Land der Welt heftiger bombardiert als Laos. Es sollte ein geheimer Krieg sein. Deckname: Operation Stahltiger. Den US-Kongress und die eigene Bevölkerung informierte die CIA nicht. Ziel der Angriffe war zunächst der Ho-Chi-Minh-Pfad, der durch das abgelegene Laos führte. Auf diesem Weg gelangten Waffen und Kämpfer aus dem Norden Vietnams in den Süden. Die USA wollten diese wichtigste Versorgungsroute des Vietcongs abkappen. Dafür legte die CIA in Laos geheime Militärbasen an, getarnt als Infrastruktur für Hilfsprogramme: Angeblich dienten die Pisten als Start- und Landebahnen für Flugzeuge, die im Fall einer Hungersnot Reissäcke über der schwer zugänglichen Hügellandschaft von Laos abwerfen sollten. Damit Personal und Material unauffällig bewegt werden konnten, erwarb die CIA heimlich sogar eine vermeintlich zivile Fluggesellschaft, die Air America. Tatsächlich starteten von den Pisten in Laos US-Kampfflugzeuge zu ihren Bombenangriffen in Vietnam.
Anfangs warfen die Piloten bei ihrer Rückkehr jene Bomben über Laos ab, die sie in Vietnam nicht losgeworden waren. Zu gefährlich, mit den Sprengkörpern an Bord zu landen. Später wurde auch das Königreich Laos in den Ost-West-Konflikt hineingerissen. Für den Kampf gegen die vom kommunistischen China unterstützten Truppen rüsteten die USA in Laos eine skrupellose Rebellenarmee auf, die sich mit Billigung der US-Armee durch den Verkauf von Heroin finanzierte und Kindersoldaten rekrutierte. Währenddessen brachten die B-52-Flieger der US-Luftwaffe den Tod aus der Luft. Augenzeugen erinnern sich: «Es regnete Bomben.» Systematisch wurde Talkessel für Talkessel ausgebombt. Zwischen 1964 und 1973 warf die US-Armee über Laos 288 Millionen Sprengkörper ab – mehr als im gesamten Zweiten Weltkrieg eingesetzt worden waren. Oder anders gerechnet: eine Flugzeugladung Bomben alle acht Minuten, über neun Jahre hinweg. Gesamtgewicht der tödlichen Fracht: mehr als zwei Millionen Tonnen – oder: eine Tonne Sprengstoff für jeden damaligen Einwohner des kleinen Landes. Jahrelang harrten die Menschen während der Bombardements in Höhlen und Tunneln aus. Als der Terror endlich endete, kehrten sie in ihre Dörfer zurück. Doch der Tod lauerte weiterhin überall.
Fast ein Drittel der Bomben – mehr als 80 Millionen Sprengkörper – explodierte nicht. In keinem Land liegen mehr Blindgänger verstreut als in Laos. Die Bomben haben seit Ende des Krieges vor mehr als vierzig Jahren über 20 000 Menschenleben gekostet, weitere 30 000 verloren Gliedmassen oder Augenlicht. Fast die Hälfte aller Opfer sind Kinder.
Eine der am heftigsten umkämpften Regionen des Landes war die Provinz Xieng Khouang, in deren sanften Hügeln die berühmte Ebene der tausend Steinkrüge liegt. Der Krieg verwandelte die mythenumwobene Kultstätte in eine Ebene der tausend Bomben. Beim Landeanflug sieht die Landschaft mit ihren sandigen Bombenkratern zwischen den Feldern und Wiesen aus wie ein gigantischer Golfplatz. In dieser Region haben die Blindgänger in fast jedem Dorf Menschen das Leben gekostet. Die Überlebenden erzählen, wie die Bomben ihren Alltag zerrissen. Da ist der 54-jährige Hung Pummachak, den es erwischte, als er Altmetall sammelte. Pummachak, dessen Vorname Hung zynischerweise Weitsicht bedeutet, verlor beide Unterarme und sein Augenlicht. Oder der 14-jährige Kong Keo, dessen Gesicht von Granatsplittern gezeichnet ist, seit dem Tag, an dem er seinem Vater half, das abgeerntete Feld in Brand zu stecken, um den Acker für die kommende Saison fruchtbar zu machen. Das Feuer brachte die im Boden versteckte Granate zur Explosion. Oder die Geschichte der 45-jährigen Bouakham Sone Keo: Während einer Familienfeier stolperte ein 6-jähriges Mädchen in den Raum – in den Händen hielt es eine Granate. Das Kind war auf der Stelle tot, Bouakham Sone Keo und elf weitere Gäste überlebten. Seither trägt Keo eine Beinprothese.
Yae Yang, den es beim Abfallverbrennen erwischte, besuchen wir in seinem Heimatdorf Xang. In den Gärten blüht der rosafarbene Schlafmohn, aus dem die Bauern das Opium für ihre Pfeifen gewinnen. Yang lebt mit seiner Frau und seinen drei Kindern in einem schlichten Holzhaus. Er hockt sich auf die Türschwelle und erzählt. «Ich weiss nicht, wer all diese Bomben abgeworfen hat, aber ich bin sehr wütend auf diese Leute. Hätten sie ihre Bomben nicht abgeworfen, sähe ich nicht so aus. Ich wäre gesund und hübsch wie alle anderen Menschen.»
Nach der Explosion lag Yang zwei Wochen im Koma. Als er sich im Spital zum ersten Mal im Spiegel sah, dachte er an Suizid, ein Sprung vom Dach des Spitals. Die Explosion hatte die Haut oberhalb seiner Hüfte geschmolzen wie Kerzenwachs. Die Flammen hatten ihm Haut und Haare vom Kopf gefressen, seine Oberlippe, sein rechtes Ohr und eines seiner Augenlider weggebrannt. Die Druckwelle hatte den rechten Unterarm zerfetzt.
Als Yang nach neun Monaten Behandlung in sein Dorf zurückkehrte, verbarrikadierte er sich im Haus. Zwei Jahre lang trat er nicht vor die Tür. «Ich hatte Angst davor, wie die Nachbarn über mich reden würden.» Es dauerte, bis Yang lernte, dass er nicht der einzige Betroffene war. Die Gespräche mit anderen Überlebenden, die ihn besuchten, halfen ihm.
Yer, seine Frau, verliess ihn, wollte sich von ihm trennen. «Mein Gesicht wurde entstellt. Nach dem Unfall hatte meine Frau Angst vor mir», sagt Yang. Seine Frau kehrte zurück. Darüber sprechen möchte sie nicht. Nur so viel: «Ich kann die Vergangenheit nicht ändern.»
Yang sagt, er fühle sich wie eine Last für seine Familie. Das wenige Geld geht für teure Salben und Pillen drauf, damit er die Schmerzen aushalten kann, die er jeden Tag spürt. Vor allem aber quält ihn seine erzwungene Untätigkeit: «Ich bin auf einen Schlag nutzlos geworden. Ich kann meine Familie nicht mehr versorgen.» Schwere Arbeiten kann er nicht leisten, seit seine rechte Hand verkümmert ist. Morgens füttert er die Hühner, das Schwein und die Kühe. Den Rest des Tages verbringt er allein im Schatten, bis seine Kinder aus der Schule zurückkommen. Seit dem Unfall kann Yang nicht mehr auf dem Feld arbeiten, die Sonne würde ihm die empfindliche Haut der Brandnarben versengen.
Allein verdient seine Frau Yer mit Gelegenheitsarbeiten in der Stadt gerade genug, um das Nötigste für die Familie besorgen zu können. Reis kauft sie auf dem Markt, den Rest erntet sie auf ihrem Feld am Rand des Dorfs: ein paar Kohlköpfe, Bananen, Linsen, Zwiebeln – im Kopf ständig die Angst, selbst Opfer einer der Bomben zu werden. «Du darfst nicht daran denken», sagt Yer. «Aber natürlich denke ich ständig daran, bei jedem Beet, das ich neu umgrabe.»
Bäuerinnen wie Yer werden vor ein mitunter tödliches Dilemma gestellt: Entweder sie riskieren es, Land zu beackern, auf dem vielleicht noch Blindgänger im Boden stecken, – oder ihre Familien hungern. Viele Felder liegen deswegen brach. Wasserleitungen können nicht verlegt, Schulen oder Strassen nicht gebaut werden. Das explosive Erbe des Krieges behindert bis heute Fortschritt und Entwicklung in Laos.
Während die Räumung der Blindgänger andernorts als Männersache gilt, besteht in Laos fast die Hälfte aller Kampfmittelräumtrupps aus Frauen. Einer davon ist das Team 21 der weltweit tätigen Firma Mines Advisory Group. Zu zwölft fahren die Frauen durch das vernarbte Land, um alles zu beseitigen, was noch Jahrzehnte nach Kriegsende explodieren kann. Sie nennen sich selbst die «Feuerwerkerinnen».
Ein beständiges Surren und Piepsen ertönt im Reisfeld, als sich Sprengmeisterin Phou Vong und ihre Kolleginnen an die Arbeit machen. Behutsam schreiten die Frauen den Acker ab, immer entlang der Schnüre, mit denen sie das Feld wie mit einem Gitternetz überzogen haben. Eine mühselige Arbeit. Quadratmeter für Quadratmeter gehen die Frauen vor, in den Händen Metalldetektoren, auf den Köpfen kegelförmige Reishüte als Schutz gegen die sengende Sonne. Es ist Trockenzeit. Bis zum Horizont ziehen sich die Stoppelfelder über die Terrassen an den Hängen der Hügel, auf denen in wenigen Wochen wieder saftig grüner Reis spriessen soll. Während die Bauern von der vergangenen Ernte zehren, beginnt für die Frauen vom Team 21 die Hochsaison. Wenn die Felder brachliegen, ziehen die Frauen los, um im Erdreich nach alten Sprengkörpern zu suchen.
In der Mittagspause lässt sich Sprengmeisterin Vong im Schatten eines Sonnenschirms nieder und erzählt. Damals, als die ersten Bomben vom Himmel fielen, floh ihre Familie in die Hauptstadt Vientiane. Als sie nach dem Krieg in ihr Heimatdorf zurückkehrte, lag überall Kriegsschrott. Heute ist Vong fünfzig. Als ihr Vater ein Jahr nach der Rückkehr in die Heimat starb, war sie noch ein Kind. Doch die Erinnerung an diesen Tag ist erschreckend präzis: «Meine Mutter hatte mir und meiner Schwester aufgetragen, unserem Vater Frühstück zu bringen. Er war dabei, das Feld mit einer Hacke umzugraben. Dabei erwischte er eine Bombe.» Die beiden Mädchen rannten los, zu der Stelle, an der noch der Rauch der Explosion zu sehen war. «Der Nachbar, der mit meinem Vater auf dem Feld gearbeitet hatte, kam uns entgegengelaufen. Er sagte bloss: Geht nicht, euer Vater ist schon tot.» Vongs sanfte Gesichtszüge zeigen keine Regung, die Groll oder Hass erahnen liessen, wenn sie von den Bombardements erzählt. Aber in ihrem Schweigen, mit dem sie ihre Erzählung beendet, hallt die Trauer nach. Dann blickt sie auf und sagt unvermittelt: «Später erwischte eine Bombe meinen Neffen und seinen Freund.» Die beiden Kinder wollten angeln und hatten nach Würmern gegraben, als sie mit dem Spaten auf die Bombe trafen. «Einer war sofort tot, der andere starb auf dem Weg ins Spital.»
Es sind diese persönlichen Schicksalsschläge, die Vong bei der Beseitigung der Blindgänger bis heute antreiben. Fast all ihre Kolleginnen haben Angehörige durch die Bomben verloren. Manche erwischt es beim Kochen auf offenem Feuer. Andere sterben auf der Suche nach Kriegsschrott, den sie beim Altmetallhändler zum Kilopreis gegen Bargeld eintauschen. Findige Schmiede schmelzen die Fundstücke ein und giessen daraus Souvenirs für Touristen: Granathülsen zu Schlüsselanhängern – wahlweise in Form einer Bombe oder eines Peace-Symbols. In manchen Dörfern haben die Menschen ihre traditionellen Stelzenhäuser auf den meterhohen Metallkörpern der Bomben errichtet.
Nach der Mittagspause entdeckt eine der Arbeiterinnen mit ihrem Metalldetektor etwas Verdächtiges. Behutsam trägt sie mit einer Schaufel die Erde ab, bis etwas zum Vorschein kommt, das aussieht wie eine stählerne Boccia-Kugel. «Die finden wir am häufigsten», erklärt Vong. «Das ist eine BLU-26. Die Menschen hier nennen sie Bombies.» Eine verniedlichende Bezeichnung für eine brutale Waffe: Der kleine Sprengkörper ist einer von Hunderten, die aus einer Streubombe, auch Cluster-Bombe genannt, verstreut wurden. Flugzeuge werfen die Stahltrommeln ab, die noch in der Luft ihre tödliche Ladung verteilen. Sie hinterlassen eine Schneise der Zerstörung.
Doch bei rund einem Drittel der Sprengkörper versagt der Zünder, sie bleiben als Blindgänger zurück. «Wenn die Kinder nicht wissen, wie die Bomben aussehen, spielen sie damit», sagt Vong. «Sie werfen sie umher wie Tennisbälle.» Inzwischen lernt in Laos jedes Kind in der Schule, wie gefährlich die Blindgänger sind. In den vergangenen zehn Jahren ist die Zahl der tödlichen Unfälle dank dieser Informationskampagnen stark zurückgegangen: von 302 Todesopfern im Jahr 2008 auf 41 in 2017. Trotzdem: Noch immer kommt es fast jede Woche zu Unfällen.
Der Tod ist ein Meister aus dem Westen: Es war die deutsche Wehrmacht, die im Zweiten Weltkrieg über englischen Städten erstmals Streubomben abwarf. Seither kam die Waffe weltweit zum Einsatz, etwa im Kosovo und in Afghanistan. Bis heute gelten 26 Länder als kontaminiert. 2016 wurde ein Abkommen verabschiedet, das die Entwicklung, Herstellung und den Einsatz von Streubomben ächtet. Ein Erfolg, der sechs Jahre zuvor in Vientiane, der Hauptstadt von Laos, eingeleitet worden war, wo sich erstmals mehr als tausend Delegierte aus der ganzen Welt trafen, um die entsprechende Konvention vorzubereiten. Inzwischen haben 120 Staaten – darunter auch die Schweiz – das Abkommen unterzeichnet.
Seit dessen Inkrafttreten kamen Streubomben dennoch in Ländern, die das Abkommen nicht unterzeichnet haben, weiterhin zum Einsatz: in Libyen sowie im Sudan und im Südsudan. Berichten zufolge ist die Waffe in jüngster Zeit ausserdem von der russischen Armee im Syrien-Krieg, von Saudiarabien im Jemen und von der ägyptischen Luftwaffe auf dem Sinai eingesetzt worden. Auch die USA haben das Abkommen zur Ächtung der Streubomben bis heute nicht unterzeichnet. Pläne der US-Regierung, den Grossteil der eigenen Bestände ab 2019 unschädlich zu machen, wurden unter Präsident Trump revidiert.
Immerhin hat die US-Regierung die Aufräumarbeiten in Laos seit 1995 mit Schulungen durch Experten und insgesamt 315 Millionen US-Dollar unterstützt. (Zum Vergleich: Die Bombenangriffe kosteten die USA, umgerechnet auf den heutigen Kurs, 13.3 Millionen US-Dollar – Tag für Tag. In den neun Kriegsjahren beliefen sich die Gesamtkosten auf 44 Milliarden Dollar.) Auch die Schweiz beteiligt sich finanziell an entsprechenden Hilfsprogrammen. Geld, mit dem Kampfmittelräumtrupps wie die Frauen um Phou Vong weiter ihrer lebensrettenden Arbeit nachgehen können. «Auf diesen Feldern hier arbeiten wir schon seit über zwei Wochen», sagt Vong. «Bislang haben wir hier 39 Sprengkörper gefunden, alle wurden zerstört.» Bis zum Ende ihres Arbeitstags entdecken die Frauen im Reisfeld zwei weitere «Bombies». Alle drei Blindgänger gilt es vor Feierabend unschädlich zu machen. Dafür platziert Vong kleine Sprengladungen mit Fernzündern in den Erdlöchern, in denen die Bomben ruhen. Ihre Kolleginnen errichten währenddessen einen Bannkreis in einem Radius von fünfhundert Metern um das betroffene Reisfeld. Durch ihre Megafone warnen sie die Menschen in der Umgebung: «Achtung, Achtung! Wir bereiten eine Sprengung vor. Bitte verlassen Sie das Gebiet und bringen Sie sich in Sicherheit.» Dann versammeln sich alle auf einem Hügel mit Blick auf das Reisfeld.
3, 2, 1. Wumms. Drei Rauchsäulen steigen auf, Erdklumpen werden durch die Luft geschleudert, aus dem Bambushain am Rande des Feldes steigen Vögel auf. Trotz des Sicherheitsabstands ist einen Augenblick später spürbar, wie eine Druckwelle durch die Brust bis in die Lungen dringt. Die Frauen schweigen, während der Knall der Explosionen von den umliegenden Bergen widerhallt. Dann klatschen alle in die Hände. Für einen Augenblick wirken die Frauen zufrieden.
Ihr Ziel werden Vong und ihr Team dennoch zu Lebzeiten nicht mehr erreichen: In den vergangen zwei Jahrzehnten konnten Kampfmittelräumtrupps wie das Team 21 erst weniger als zwei Prozent aller verbliebenen Sprengkörper beseitigen. Die Räumung aller Blindgänger, auf dass künftige Generationen in Laos ohne Angst leben können, dürfte nach Schätzungen noch mehr als hundert Jahre dauern.
Noch gilt jedes vierte Dorf als kontaminiert. «Ich weiss nicht, auf welchen Feldern noch Bomben liegen», sagt Yae Yang, den es beim Abfallverbrennen erwischte. Er hat Angst um seine Frau und seine Kinder. In den vergangenen Jahren hätten drei Kinder aus der Nachbarschaft Unfälle mit Blindgängern erlitten, erzählt er. Zwei von ihnen wurden schwer verletzt, eines war auf der Stelle tot. «Meine älteste Tochter hat mich gefragt: Warum sieht dein Gesicht so aus? Ich antwortete ihr: Weil ich nicht auf meine Eltern gehört habe, als sie mir sagten, dass ich nicht so weit weglaufen solle.»
Yang wünscht sich, er müsste seinen Kindern irgendwann keine Angst mehr einjagen.
1.
Kriegsschrott-Recyling: Im Dorf Na Kam Peng (auch «Bomb Village» genannt) verwenden die Bewohner die Hüllen der Cluster-Bomben als Pflanztöpfe, Grillbehälter oder Zäune
2.
Tödliches Dilemma: Anbauen oder Hungern? Wegen solcher Blindgänger liegen viele Felder brach.
3.
Am Schluss wird geklatscht: Sprengmeisterin Phou Vong und ihr Team sprengen «Bombies», die sie zuvor entdeckt haben.
4.
«Ich weiss nicht, wer all diese Bomben abgeworfen hat, aber ich bin sehr wütend auf diese Leute»: Yae Yang (hier mit seiner älteren Tochter) ist Opfer eines Krieges geworden, den er nur aus Erzählungen kennt.