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Bernd Fix: Gründer Chaos Computer Club Schweiz und ehrenhafter Hacker

Leben

Bernd Fix: Gründer Chaos Computer Club Schweiz und ehrenhafter Hacker

  • Text: Julia Hofer; Foto: Yves Bachmann

Er hat soeben den Chaos Computer Club Schweiz gegründet und ist ein ehrenhafter Hacker. Äh, was ist das?

Jeden Mittwoch treffen sich Zürichs Hacker in ihrem Clublokal. Neulinge geben am besten die GPS- Koordinaten, die auf der Website angegeben sind, in die Handy-GPS-App ein. Ansonsten laufen sie Gefahr, in dieser erbarmungslosen Ecke Oerlikons, in der die Mehrfamilienhäuser zwar dreistellige Nummern, aber die Strassen keine Namen tragen, verloren zu gehen. Endlich, geschafft. Bernd Fix wartet vor der Tür. Er trägt eine hellbraune Cordhose, das T-Shirt über seinem dicken Bauch fordert: «Cyber Rights Now.» Neben ihm steht ein Mann, der ein bisschen aussieht wie die jüngere Ausgabe des autistischen Raymond im Film «Rain Man».

Der deutsch-zürcherische Superhacker Bernd Fix ist fünfzig Jahre alt und ein Computerfreak der ersten Stunde. Er hat verschiedene Forschungsviren programmiert (einer davon soll vom deutschen Bundesnachrichtendienst entwendet und für Angriffe auf Ostblock- und Nato-Grossrechner verwendet worden sein) und die weltweit erste Anti-Virus-Software entwickelt. Zudem sitzt er im Vorstand der Wau-Holland-Stiftung, die sich unter anderem für Wikileaks starkmacht und auch das Gehalt von Julian Assange bezahlt hat. Dieses Engagement hat Bernd Fix seine feste Stelle als Programmierer gekostet: «Die Stimmung ist gekippt. Es geht nicht mehr um die Ziele von Wikileaks, sondern nur noch darum, ob Assange das Kondom geplatzt ist.»

Obwohl sich die Hacker das Vereinslokal mit den She-Geeks, einer weiblichen Hackergruppe, teilen, übertrifft es jedes Klischee, das man sich von Nerds gemeinhin so macht: Eine abgefuckte Polstergruppe, haufenweise leere Flaschen, an der Wand blinkt das Innenleben eines alten Cluster-Rechners, ein Nescafé-Automat. Geruchlich wird der überheizte Raum vom überquellenden Abfallkübel, abgestandener Luft und Schweiss dominiert. Nach und nach treffen die Hacker ein. Niemand hat das Bedürfnis zu lüften.

Dennoch ist Bernd Fix ein netter Mann. Er serviert ein koffeinhaltiges Erfrischungsgetränk auf Maté-Basis, das in der Szene Hackerbrause genannt wird. Der Chaos Computer Club Schweiz wolle auf nationaler Ebene für Informations- und Meinungsfreiheit im Internet und gegen Überwachung und Zensur kämpfen. Zensur in der Schweiz? «Auch bei uns werden Informationen zurückgehalten. Verträge etwa, die die öffentliche Verwaltung mit Firmen abschliesst, sollten transparent sein.» Was die Vorratsdatenspeicherung angeht, sei die Schweiz sogar führend. «Die gesamten Kommunikationsdaten aller Schweizer – darunter auch Ortungsdaten, mit denen Bewegungsprofile erstellt werden können – werden ein halbes Jahr ohne jeden konkreten Verdacht gespeichert.»

Damit er selbst nicht geortet werden kann, schaltet er sein Handy nur ein, wenn er dringend telefonieren muss. Und Onlinebanking und Internetshopping macht er nur, wenn ihn die Sicherheitsvorkehrungen der Bank oder Firma überzeugen. Als seine Bank zu einem seiner Meinung nach unsichereren Sicherheitssystem wechselte, drohte er mit der Kündigung der Konten. Bis ihm die Bank in einer Ausnahmeregelung zugestand, das alte beizubehalten.

Für Bernd Fix ist so was immer auch eine Frage von Moral und Ethik. Derzeit arbeitet er an einer Hackerethik 2.0. Das Projekt sei wichtig, weil Gut und Böse in seinem Metier nahe beieinanderlägen. Im Chaos Computer Club haben sich auch schon mal kriminelle Hacker eingenistet – Spione im Dienst des russischen Geheimdienstes. Bernd Fix, der selbst einmal eine Postcard kopierte und anschliessend verwendete, weiss, wo die Grenze liegt: «Wir haben das gemacht, um eine Sicherheitslücke aufzuzeigen. Nicht, um uns zu bereichern.» Der Chaos Computer Club hat sich mittlerweile vollzählig hinter den Laptops verschanzt. Nun steht doch noch einer auf und öffnet das Fenster. Auch Bernd Fix beginnt jetzt, an seinem Rechner herumzufummeln. Die Frage, wer denn eigentlich das dürftige Feng-Shui-Mobile aus drei geschliffenen Kristallen über der Sitzecke installiert hat, quittiert er noch mit einem Lächeln: «Das müssen die She-Geeks gewesen sein.»