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Der Babybauch als Statussymbol

Der Babybauch als Statussymbol

  • Redaktion: Barbara Loop; Foto: Pexels

Über ihren eigenen Babybauch kann annabelle-Redaktorin Barbara Loop noch knapp hinwegsehen, aber sonst sieht sie überall nur noch Bäuche. Was soll diese Überinszenierung von Familienglück?

So viel Bauch war lange nicht mehr. Nein, für einmal soll es hier nicht um Donald Trump gehen. Seiner ist zwar unübersehbar, trägt aber wenig Fruchtbares in sich. Gemeint sind die Babybäuche, die sich derzeit besonders gross und prächtig erheben. Ob im Rampenlicht, auf Instagram, dem politischen Parkett oder dem roten Teppich: Christa Rigozzi und Steffi Buchli haben die Klatschspalten frei gemacht für Frauke Petry, Janet Jackson, Léa Seydoux, Natalie Portman oder – the one and only Goddess of Fruchtbarkeit – Beyoncé.

Aber nicht nur in den Medien gibt es Aufregung über jede Delle, unter der sich neues Leben vermuten lässt. Während unsere Mütter ihre Schwangerschaft noch unter Hemdblusenkleidern und wehenden Capes versteckten, zelebrieren wir unsere wachsenden Bäuche mit figurbetonten Strickkleidern. Und was Demi Moore 1991 vormachte, als sie ihren nackten Bauch auf dem Cover von «Vanity Fair» präsentierte, hat längst nicht nur prominente Nachahmerinnen gefunden. Auch wir füttern unsere Facebook-Communities mit dem monatlichen Update unserer Rundungen oder geben bei der Ultraschall- Fotoschau Einblick in unser Innerstes. Und selbst wenn man wollte, gibt es kaum ein Entkommen: vor dem Paparazzo, für den das Bild eines berühmten Babybauchs die Kassen klingeln lässt, und vor dem Bürokollegen, der einem voller Entzücken ganz ungeniert über den Bauch streicht. Unsere Fruchtbarkeit ist göttlich, unsere Babys sind schön, und sie machen auch uns sexy; sie sind der Inbegriff des erfüllten und vernünftigen modernen Lebens. Darin scheinen sich alle einig zu sein. Doch was soll diese Überinszenierung von Familienglück? Hat die unersättliche Lust auf schwangere Körper vielleicht doch mit Trump und der von ihm personifizierten Zukunftsangst zu tun? Sollen die Kleinen den Glauben an das Morgen retten in einer Zeit, die sich der Apokalypse verschrieben hat? Mag sein. Derart viel überschwängliche Harmonie macht jedenfalls misstrauisch. Es ist wie beim Händedruck zweier Präsidenten, der eine Sekunde zu lange, ein bisschen zu kräftig gerät und verrät, dass es um die Beziehung zwischen den beiden nicht ganz so gut steht, wie sie uns glauben machen wollen.

In einer Welt, in der Kinderkriegen keinen selbstverständlichen Platz mehr hat und nicht zuletzt auch eine Frage der Ressourcen, eine von Zeit und Geld geworden ist, wurde der Babybauch zum ultimativen Symbol von Status und Macht. Zumindest solange es ein schöner Bauch ist, ein gepflegter, einer, der sich herzeigen lässt. Denn nicht nur wir Eltern müssen uns diesen Bauch leisten können, die Gesellschaft muss ihn sich auch leisten wollen. Oder wann haben Sie das letzte Mal jemanden selig lächeln sehen ob des Anblicks der schwangeren Immigrantin mit ihren drei Kindern im Schlepptau? Und welches Recht gestehen wir einer dicken Frau zu, ihr Mutterglück im Netz zu präsentieren? Richtig, die Häme wird nicht lange auf sich warten lassen. Ein schwangerer Bauch ist nämlich immer auch potenziell ein gefährlicher Bauch. Denn der Nachwuchs sichert unsere AHV nur dann, wenn er tüchtig, gesund und erfolgreich ist. Wenn nicht, sitzt er uns auf der Tasche. Erst wenn wir dieses Unbehagen besiegt haben und uns mit allen Müttern soldarisch erklären, wird auch das Kinderkriegen zu dem, was es eigentlich sein soll: das Normalste der Welt.

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