Aus Fehlern lernen? Wie Lizzo es vormacht
- Text: Mareice Kaiser
- Bild: Instagram lizzobeeating
Nach Ableismus-Vorwürfen ändert Musikerin Lizzo eine Textzeile in einem ihrer Songs. Damit macht sie einen zeitgemässen Umgang mit Fehlern vor, schreibt Digitalchefin Mareice Kaiser.
Lizzo ist ein Vorbild auf vielen Ebenen. Erste Ebene: Musik! Das weiss jede Person, die Lizzos Song «Juice» gehört hat. Text, Gesang, Melodie, Message – alles daran stimmt. Und das gilt für viele ihrer Songs ebenso. Zweite Ebene: Repräsentation! Als Schwarze fette Frau braucht das Musikbusiness Lizzo, dringend. Dritte Ebene: Präsenz! Wer Lizzo einmal auf der Bühne erlebt hat, wird das nie wieder vergessen. Nun kommt eine weitere Ebene dazu: Lernfähigkeit und der Umgang mit Fehlern in der Öffentlichkeit.
Vor einigen Tagen veröffentlichte Lizzo ihren neuen Song «Grrrls», für den sie Kritik erntete. An einer Stelle singt sie: «Hold my bag, bitch, hold my bag / Do you see this shit? I´m a spa*zz», frei übersetzt: «Halt meine Tasche, Bitch, halt meine Tasche, siehst du diesen Scheiß? Ich bin eine Spastikerin.» Die Kritik darauf kam prompt: Ableismus. Das bedeutet in etwa Behindertenfeindlichkeit, steht aber noch für viel mehr. Vor allem für die Abwertung von Menschen, die nicht gesund und mit Behinderungen leben.
«Ich verstehe die Macht von Wörtern»
Lizzo machte daraufhin nicht das, was viele Menschen machen, die in der Öffentlichkeit mit eigenen Fehlern konfrontiert werden: sich erklären, rechtfertigen, abwehren, fragil werden, genervt abwinken, eingeschnappt sein. Nein, Lizzo veröffentlichte wenige Tage später ein Statement auf Instagram. Darin schreibt sie, dass sie als fette Schwarze Frau selbst immer wieder verletzende Worte hören müsse und sie deshalb die Macht von Worten verstehe. Sie schreibt weiter: «Ich bin stolz, eine neue Version des Songs mit veränderten Lyrics zu veröffentlichen.» Bäm!
Stellen wir uns vor, so würden alle Menschen reagieren, die mit ihren Fehlern konfrontiert werden: zuhören, nachdenken, dazulernen. Die Welt wäre so viel besser. In ihrem Song «Exactly How I Feel» singt Lizzo «I don`t give a fuck» und in diesem Fall gibt sie definitiv einen Fick – nämlich auf die Menschen, die sie mit ihren Worten verletzt hat.
Lizzo schreibt, als einflussreiche Künstlerin widme sie sich dem Wandel, den sie selbst von der Welt erwarte. Und sie setzt ihre Privilegien dafür ein, die Welt besser zu machen. Denn das muss man schon dazu sagen: Einen Song in dieser Geschwindigkeit zu ändern, das muss man sich auch leisten können. Lizzo kann das und macht das. Möge sie damit weiter ein Vorbild bleiben.
Denn alle Menschen – ob in der Öffentlichkeit oder nicht – machen Fehler. Das wird auch weiterhin so bleiben, selbst wenn wir weiter zuhören, nachdenken, bessermachen. Aber es geht darum, trotzdem weiterhin einen Fick zu geben. Vor allem auf Menschen, von denen wir noch lernen können. Wie zum Beispiel Lizzo. Und wer weiß, für wen sie noch Vorbild wird? Vielleicht veröffentlicht ja bald der erste cis männliche Deutschrapper einen Song ohne Sexismus und Ableismus.
Die neue Version von «Grrrls»: