Auf Erfolgskurs: Unternehmerin Cristina Cotoia
- Text: Julia Heim; Foto: Marco Rüegg / Medto Pictures
Ursprünglich wollte Cristina Cotoia ihre Immobilienvermittlungsfirma mit einem Geschäftspartner gründen. Als dieser sich gegen das Projekt entschied, zog sie es kurzerhand allein durch und ist heute glücklicher denn je über diese Entscheidung.
«Man muss es einfach machen!», da ist sich Cristina Cotoia einig mit all den Unternehmerinnen, die wir bereits interviewen konnten. Doch im Gegensatz zu ihren Mitstreiterinnen hält die aufgestellte Geschäftsfrau nicht viel von Rücklagen und Sicherheit. Die 37-Jährige ist sich sicher: Wenn man ein Ziel hat und daran glaubt, dann klappt es. Bewiesen hat sie das bereits mit ihrem Werdegang. Nach ihrer Anstellung im Personalwesen und als Mitarbeiterin einer Immobilienfirma plante sie 2013 zusammen mit einem Geschäftspartner die Selbstständigkeit. Obwohl die festen Jobs bereits gekündigt waren, entschied sich Cotoias Kompagnon überraschend gegen die Firmengründung. «Ich hatte zwei Wochen, um nachzudenken. Dann stand fest: Ich mache das allein!» Heute leitet sie ein Immobilienvermittlungsunternehmen mit sechs Angestellten und einem Portfolio, das die Kantone Zürich, Aargau und Tessin umfasst.
annabelle.ch: Cristina Cotoia, weshalb wollten Sie Ihre sichere Stelle aufgeben?
CRISTINA COTOIA: Als ich im Personalwesen gearbeitet habe, war ich immer wieder mit Problemen der Mitarbeiter konfrontiert. Ich wollte mich etwas Positivem zuwenden. Deshalb wechselte ich in die Immobilienvermittlung. Bereits als Jugendliche träumte ich von einem eigenen Unternehmen. Deshalb war der Schritt zur Selbstständigkeit gar nicht so abwegig. Natürlich war ich anfangs darauf eingestellt, es mit meinem Partner in Angriff zu nehmen, denn geteiltes Risiko, geteilte Kosten und geteilte Arbeit klingen verlockend. Doch als er sich gegen die Selbstständigkeit entschied, war für mich klar, dass ich das Unternehmen allein gründen möchte. Ich wusste, dass ich das kann. Immerhin hatte ich bereits als Angestellte Immobilienmandate abgeschlossen, die auf Empfehlungen beruhten. Das gab mir Sicherheit.
Cristina Cotoia ist Single. Die energievolle und stets gut gelaunte Schweizerin mit italienischen Wurzeln hat keine Zeit für eine Beziehung, geschweige denn für eine Familie. Nur ihrem Hund räumt sie aktuell Platz und vor allem Zeit in ihrem Leben ein. Bei ihrem straffen Arbeitsplan unterstützt sie ein engagiertes Team. Das Portfolio soll langsam wachsen, sodass die Qualitätsansprüche der Chefin und die der Kunden erfüllt werden. Cristina Cotoia ist nicht auf das schnelle Geld aus, sondern bemüht sich um ein kontinuierliches Wachstum und um eine langfristige Tätigkeit.
Gab es Stolpersteine auf dem Weg zur eigenen Firma?
Natürlich gibt es Anlaufstellen in der Schweiz, an die man sich wenden kann, doch als ich von diesen erfuhr, war es eigentlich schon zu spät, da meine Planung und Entwicklung bereits in vollem Gang war. Ich bin davon ausgegangen, dass Menschen, mit denen ich zusammenarbeite, um meine Firma aufzubauen, mitdenken und mich auf Dinge aufmerksam machen, die ich noch nicht weiss. Mit dieser Annahme lag ich ziemlich daneben! (lacht)
Als es beispielsweise um die Namensgebung ging und das Logo bereits fertig war, musste ich feststellen, dass der Name rechtlich nicht mehr zur Verfügung stand. Da habe ich mich gefragt, warum mir die Person, die diesen Schritt mit mir ausgearbeitet hat, mir nicht gesagt hat, dass ich mich diesbezüglich erkundigen muss. Doch durch solche Erfahrungen lernt man, und mit dem Firmennamen Nobil Immo bin ich äusserst zufrieden.
Auf ihre Selbstständigkeit reagierte ihr Umfeld sehr unterschiedlich. Die einen waren sich sicher, sie würde diesen Schritt mit links schaffen, andere machten sich Sorgen wegen der grossen Verantwortung. Heute kämpft sie noch hie und da um Akzeptanz im Freundeskreis, wenn es um die Freizeitplanung geht, denn wer selbstständig ist, das weiss Cristina Cotoia nach zwei Jahren im eigenen Unternehmen, arbeitet mehr als im Angestelltenverhältnis. «Ich habe viel weniger Freizeit, arbeite sechs Tage in der Woche und gönne mir nur ab und zu einmal eine Auszeit, die ich am liebsten zuhause verbringe.»
Welchen Rat geben Sie Frauen mit auf den Weg, die sich selbstständig machen möchten?
Allem voran muss man ein Ziel haben, an die eigene Idee glauben und das, was man vorhat, wirklich wollen. Das klingt banal, aber es ist die Grundlage für alles, was auf einen zukommt. Man sollte einen Schritt nach dem anderen gehen. Der Aufbau dauert, und wenn man sich Qualität und Langfristigkeit wünscht, sollte man sich Zeit nehmen und es gründlich machen. Ausserdem: Man muss seine Mitarbeiter schätzen. Sie sind das Wichtigste in einer Firma. Nur mit ihnen kann sie wachsen. Diese Einstellung fördert gute Arbeit und die Kundenzufriedenheit.
Nicht jeder ist für das Unternehmertum geschaffen. Man benötigt eine Vision und den Biss, diese umzusetzen. Man muss aushalten können, Geduld haben und auf gewisse Dinge verzichten – wie in Cotoias Fall ein Familienleben, vorerst jedenfalls. Trotz des Erfolgs gibt es auch im Leben von Cristina Cotoia Tage, an denen sie an sich zweifelt und sich fragt, ob sie immer die richtigen Entscheidungen getroffen hat. Glücklichweise sind diese Momente rar.
Was man spürt, wenn man mit der Unternehmerin spricht? Pure Leidenschaft, viel Ehrgeiz und die Überzeugung, dass man alles schaffen kann, was man wirklich will! – Eine schöne und erstrebenswerte Sicht auf die Dinge.
Wow-Frauen
Online-Redaktorin Julia Heim (rechts im Bild – mit Unternehmerin Franziska Freiermuth) begegnete in ihrem privaten Umfeld vielen Frauen, die sich selbstständig machen wollten, und begab sich deshalb auf die Suche nach mehr oder weniger frischgebackenen Unternehmerinnen in der Schweiz. In Interviews ging sie der Frage nach, warum der Wunsch nach Selbstständigkeit so stark ist und welche Tipps künftige Firmengründerinnen beachten sollten. Hier finden Sie alle Interviews mit den Unternehmerinnen.