Abenteuer statt Alltagsöde: Warum Männer nicht auf sich aufpassen
- Text: Sven Broder
- Bild: Stocksy
Tieferes Sterberisiko, weniger Unfälle oder Krebs: Frauen scheinen besser auf sich aufzupassen als Männer. Warum diese ihre Lebensart trotzdem nicht ändern, erklärt unser Reportagen-Leiter Sven Broder.
Frauen haben in der Schweiz generell ein um ein Drittel tieferes Sterberisiko als Männer. Sie kommen nicht nur seltener bei Unfällen ums Leben, sondern sterben auch weniger häufig an Krebs und Herzkrankheiten. Dies führt zur Frage: Könnt ihr Männer nicht besser auf euch aufpassen?
Tja, das könnten wir natürlich schon. Aber zu welchem Preis? Und was wäre dadurch gewonnen?
Denn grundsätzlich muss man mal festhalten, dass wir Menschen ständig älter werden. 1950 gab es in der Schweiz 12 Personen, die über hundert waren. Im Jahr 1970 waren es sechzig. Und diesen Frühling? Bereits über 1800 – und achtzig Prozent davon Frauen. Sollte sich diese Entwicklung in diesem Tempo fortsetzen, hat selbst mein jüngster Sohn mit Jahrgang 2013 eine durchschnittliche Lebenserwartung von neunzig Jahren!
Ich könnte jetzt finanzpolitisch (wer soll das bezahlen?) oder sozialpolitisch (wer soll die alle pflegen?) argumentieren. Doch eigentlich meine ich es recht trivial: Ist denn nicht auch einfach mal genug? So sauglatt ist das Leben doch gar nicht, wie uns die (feminine) Glücksteefraktion einzureden versucht – schon gar nicht, wenn man uns aus Sorge um unser angeblich «frühzeitiges» Ableben die gesundheitspolitische Leine umlegt. Oder schon mal präventiv überall die Spassbremse zieht.
«Studien zufolge sterben Männer sogar im Kloster früher als Frauen »
Zumindest hierzulande sterben wir Männer ja nicht aus Langeweile früher. Oder weil wir in dunklen Kohlegruben schuften. Sondern weil wir das Öde am Alltäglichen gern ein wenig kompensieren. Oder überspielen. Und wer meint, dies erschöpfe sich im Dauersaufen, Dauerfressen und Dauerrasen, hat in seinem Leben definitiv zu wenig Leichtigkeit. Spass. Abenteuer. Unterhaltung. Crème im Kaffee.
Und darum soll es doch auch ein bisschen gehen im Leben. Dafür bracht man sich doch nicht zu schämen. Ich jedenfalls finde diese – übrigens nicht ausschliesslich männliche – Unbedarftheit vielleicht nicht immer löblich, aber sehr entspannend. Zumal es keine Garantie dafür gibt, dass Enthaltsamkeit tatsächlich belohnt wird. Studien zufolge sterben Männer nämlich sogar im Kloster früher als Frauen. Und Jeanne Calment, die Französin, die älter wurde als alle anderen Menschen auf der Welt, hat geraucht. Bis ins 117. Altersjahr.
Letztlich braucht man also einfach ein bisschen Glück, um das Leben zu überleben – ziemlich egal, ob man nun ständig unangegurtet Auto fährt oder nur mit Helm Velo. Aber im Alter zurückzublicken und zu wissen, dass man Glück gehabt hat, macht garantiert glücklicher, als auf dem Totenbett festzustellen, dass man sein Leben in ständiger Angst vor dem Unglück verbracht hat. Denn letztlich klingt das mit dem «Jeder ist seines eigenen Glückes Schmid» zwar nett, ist vom Ansatz her aber auch recht überheblich. Aber hey, sollten Sie da anderer Meinung sein, kein Problem: Ich drücke Ihnen auf jeden Fall die Daumen.