20 Vagina-Mythen erklärt
- Redaktion: Viviane Stadelmann; Foto: iStock
Muss man nach dem Sex wirklich auf die Toilette? Und kann man sich auf einem öffentlichen WC mit einem Pilz anstecken? Wir haben mit einer Gynäkologin über gängige Mythen rund um die Vagina und das Frausein gesprochen.
annabelle.ch: Valerie Schrack, in der Werbung werden Frauen Milchsäuretabletten angepriesen, die für eine gesunde Vagina sorgen sollen. Aber bringen solche Tabletten wirklich etwas?
Valerie Schrack: Es kommt darauf an. Milchsäurebakterien säuern ja – wie der Name schon sagt – den pH-Wert der Vagina. Im Normalfall ist dieser sauer. Im krankhaften Zustand, beispielsweise wenn gewisse Bakterien vorhanden sind, wird er gern auch mal alkalisch, und es kommt zu unangenehmen Geruch. Fürs eigene Wohlbefinden oder prophylaktisch können Milchsäuretabletten etwas helfen, aber therapeutisch braucht es meistens mehr.
Was heisst es überhaupt, eine gesunde Scheidenflora zu haben?
Eine normale Mischung natürlich vorkommenden Keimen und pathogenen Keimen, die sich aber nicht ausbreiten können – weil eben auch genügend Milchsäurebakterien da sind, der pH-Wert also sauer ist. Dazu kommt das Wohlbefinden: Die Scheide sollte auch nicht zu trocken sein, sondern leicht feucht.
Sollte man nach dem Sex aufs Klo?
Ja, das ist anzuraten. Es geht hauptsächlich um die Vermeidung von Blasenentzündungen. Besonders Frauen, die zu Blasenentzündungen oder Infektionen im Intimbereich neigen, sollten darauf achten.
Was hilft sonst noch, um einer Blasenentzündung vorzubeugen?
Man kann versuchen, einer Blasenentzündung vorzubeugen, indem man viel trinkt und nach dem Sex nicht nur aufs WC geht, sondern auch die Vagina ausduscht. Bestimmte Wirkstoffe aus der Apotheke, wie zum Beispiel Femannose, helfen einigen, anderen nicht. Man kann versuchen, rückfettende Crèmes im Intimbereich zu verwenden oder Scheidenzäpfchen einzuführen mit Milchsäurebakterien oder zum Desinfizieren, damit die Bakterien weg sind, bevor sie überhaupt aufsteigen. Das sind aber alles keine 100-prozentigen Garantien dafür, dass eine Blasenentzündung vermieden werden kann. Es gibt Frauen, die zum Beispiel durch eine bestimmte Vorbelastung von Nieren-Harnwegs-Erkrankungen dazu neigen, und solche, die es sehr selten bekommen. Diese Neigung kann sich aber auch im Lauf der Zeit wieder ändern.
Kann man sich auf einer öffentlichen Toilette mit einem Scheidenpilz anstecken?
Diese Gefahr ist generell sehr gering. Dazu kommt, dass man sich bei wirklich völlig verschmutzten Toiletten ja auch nicht hinsetzen sollte. Generell hängt es davon ab, ob die Frau dazu neigt. Ob sich der Scheidenpilz schnell ausbreitet, kann ausserdem von weiteren Faktoren abhängen. Etwa ob man häufigen Geschlechtsverkehr, eine Immunschwäche oder eine sonstige Milieustörung hat.
Sind spezielle (milde) Reinigungsmittel für den Vaginalbereich wirklich nötig?
Nein, davon rate ich eher ab. Wenn die Frau aber das starke Bedürfnis hat, sich ab und zu gründlich zu waschen, gibt es einzelne Reinigungsprodukte aus der Apotheke, die zu empfehlen sind. Aber von der systematischen Anwendung von Intimwaschlotions halte ich nichts. Am besten: einfach nur Wasser.
Was ist mit Vaginalduschen?
Falls das Bedürfnis danach besteht, beispielsweise nach der Menstruation, kann man diese einsetzen. Aber auch hier wird die Scheidenflora beeinträchtigt, und nicht nur die schlechten Keime werden ausgespült, sondern auch Milchsäurebakterien.
Wie lang sollte man einen Tampon maximal tragen?
Den sollte man schon alle drei oder vier Stunden wechseln.
Was sollte eine Frau über ihren Ausfluss wissen?
Ausfluss ist absolut nichts Abnormales, auch wenn es mal etwas mehr ist und nicht immer ein Indiz dafür, dass etwas nicht stimmt. Aber es gibt natürlich typische Anzeichen betreffend Aussehen und Konsistenz des Ausflusses, die auf eine Infektion hindeuten: Zum Beispiel Cottage Cheese, ein krümeliger, weisser Ausfluss, ist typisch für eine Pilzinfektion. Wenn er fischig riecht, kann es eine bakterielle Infektion sein. Ein weisslicher, leicht säuerlich riechender Ausfluss ist normal. Wenn man nicht verhütet und einen Eisprung hat, so ist er zu diesem Zeitpunkt eine Art spinnbares, leicht durchsichtiges gallertiges Sekret.
Ist es hygienischer, untenrum rasiert zu sein?
Nein, das ist nicht so. Einige bekommen grad deswegen auch mal Entzündungen und eingewachsene Haare. Alternativen wäre eine Laserbehandlung oder Waxing, wenn es für die Frau wichtig ist, keine Haare zu haben.
Hängen Schmerzen beim Sex lediglich davon ab, wie entspannt und feucht eine Frau ist?
Nein, nicht nur. Das kann ganz verschiedene Ursachen haben. Weitere Gründe dafür können auch Scheideninfektionen oder auch verschiedene Erkrankungen im Unterbauch und auch psychische Belastungen sein. Klären Sie das mit Ihrer Frauenärztin oder Ihren -arzt.
Was bedeuten Blutungen nach dem Geschlechtsverkehr?
Das kann völlig harmlos sein. In den meisten Fällen sind es Kontaktblutungen. Wenn der Penis an den Muttermund stösst, können dort oberflächliche Gefässe platzen – es kommt zu Blutungen. Möglich ist auch eine Blutansammlung oder krankhafte Ursachen, wie Chlamydien oder andere Infektionen. Selten ist es auch möglich, dass es bösartige Veränderungen an der Cervix gibt. Wenn solche Blutungen immer wieder auftauchen, sollte man sie bei der Frauenärztin oder dem Frauenarzt abklären lassen.
Warum ist man nach dem Sex manchmal traurig?
Das weiss man nicht genau. Ich persönlich denke, es hat etwas mit der Hormonausschüttung während des Orgasmus und dem darauffolgenden Hormonabfall zu tun.
Stimmt es, dass es besser für die Vagina ist, wenn man regelmässig Sex hat?
Gibt es so etwas wie eine depressive Vagina? Sagen wir es so: Wenn man ab einem bestimmten Zeitpunkt aufhört, Sex zu haben und dann auch sehr lang keinen Sex mehr hat, das Östrogen sinkt und die Schleimhäute dünner werden, kann das zu einem Schrumpfungseffekt der Vagina führen. Wenn man dann sein Sexualleben wieder aufleben lassen will, kann das anfangs tatsächlich schwierig und mit Schmerzen verbunden sein. Das schreckt wiederum viele Frauen ab weiterzumachen. Aber auch das kann man mit Hilfsmitteln meist wieder herstellen.
Welche Ursachen kann das Ausbleiben der Menstruation haben?
Da gibt es einige. Einer der häufigsten Gründe ist natürlich eine Schwangerschaft. Daneben kann die Menstruation auch bei Stress, starken Gewichtsschwankungen oder Hormonstörungen ausbleiben oder sich verzögern.
Bei stressbedingten Zyklusstörungen: Ist es der Eisprung, der sich verzögert?
Ja. Meistens ist es so, dass sich der Körper dann auf andere Dinge konzentriert als auf den regelmässigen Zyklus und so Schwierigkeiten hat, eine Eizelle auszureifen und springen zu lassen. Manchmal findet das auch gar nicht mehr statt, sogar über Monate, manchmal auch nur verzögert. Es gibt dann ein Hormonungleichgewicht im Körper.
Beeinflusst eine über Jahre eingenommene Pille/hormonelle Verhütung die Fruchtbarkeit der Frau?
Nein.
Beeinflusst das Rauchen die Fruchtbarkeit der Frau?
Ja, das ist ein bekannter Faktor. Langjähriges Rauchen kann auf jeden Fall die Fruchtbarkeit – bei Frau und Mann – beeinflussen.
Ist eine Schwangerschaft ab 35 wirklich ein Risiko?
Naja, das wurde als Risikoschwangerschaft so definiert, weil da z.B. die Aborte, Frühgeburtlichkeit oder genetische Veränderungen beim Fötus häufiger sind. Heutzutage sind Schwangerschaften um 35 aber fast schon Standard, und es gibt wirklich sehr viele problemlose Schwangerschaften bis etwa 40. Ab dann trifft man mehr Sicherheitsmassnahmen.
Welche Vorsorgemassnahmen sollte man ab 30 / ab 40 / ab 50 machen lassen?
Zu empfehlen sind natürlich die regelmässigen Jahreskontrollen, auch wenn alles bis jetzt unauffällig war. In der Schweiz werden diese allerdings nur alle drei Jahre von der Krankenkasse bezahlt. Regelmässiges Abtasten der Brüste empfiehlt sich für alle Altersklassen. Aber wenn es im familiären Umfeld eine Häufung für Brustkrebs gibt, sollte man ab einem gewissen Alter auch weiterführende Brustuntersuchungen vornehmen lassen. Für Eierstockkrebs gibt es keine wirkliche Vorsorge, der Ultraschall hilft da nicht wirklich. Hatte man schon Vorstufen von Gebärmutterhalskrebs, der durch HPV-Viren ausgelöst wird, die bei uns sehr häufig vorkommen, empfiehlt sich, dies auch häufiger als nur jedes Jahr kontrollieren zu lassen. Am besten bespricht man das situationsspezifisch mit der eigenen Gynäkologin oder dem Gynäkologen.
Wie stark können Hormone die Psyche und den Körper wirklich beeinflussen?
Sehr stark – das ist aber auch nicht bei jeder Frau gleich. Einige merken kaum etwas, andere sehr. Bei hormonellen Verhütungsmethoden, egal welcher Art, sind Stimmungsschwankungen immer möglich. Auch während der hormonellen Veränderung während einer Schwangerschaft oder im Wochenbett sowie während der Menopause kann die Psyche der Frau stark beeinflusst werden, Gereiztheit oder Depressionen können auftauchen oder verstärkt werden. Das ist ein sehr breites Spektrum an verschiedenen Lebensstationen. Prinzipiell gilt: Hormonschwankungen, welcher Art auch immer, können zu Stimmungsschwankungen führen.