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Wie ist es eigentlich, mit dem Zug auf Konzert-Tournee zu gehen?

Wie ist es eigentlich, mit dem Zug auf Konzert-Tournee zu gehen?

Daniela Weinmann ist Musikerin. Statt Konzerte auf der ganzen Welt zu spielen und dafür in den Flieger zu steigen, beschränkt sie sich auf Deutschland, die Schweiz und das Zugfahren.

Ich hatte schon als Kind Angst davor, dass die Klimakatastrophe naht. Doch wie viele Menschen merkte ich erst mit den Protesten 2019, wie dringlich die Lage ist und dass es jetzt auf uns alle ankommt. Ich verpf lichtete mich damals dazu, nicht mehr zu fliegen, was für mich als Musikerin unter anderem bedeutete, dass ich eine China-Tour schweren Herzens absagen musste.

Es bedeutete aber auch, dass ich begann, mir ein Bild darüber zu machen, wie viel CO2 ich wirklich verursache. Ich spielte auf myclimate.ch mit den Zahlen rum und war dann recht erstaunt, zu sehen, wie schlimm das Fliegen tatsächlich ist und wie viel weniger CO2 Zugfahren im Vergleich zum Autofahren produziert.

Mir wurde klar: Das Beste, was ich als Einzelperson machen kann, besteht darin, mit dem Zug zu meinen Konzerten in der Schweiz und in Deutschland zu fahren. Als ich 2019 damit begann, war das eine riesige Umstellung, aber inzwischen kann ich mir kaum mehr vorstellen, dass es mit dem Auto bequemer wäre: All mein Equipment hat in einem grossen Rollkoffer Platz. Im Zug kann ich arbeiten, lesen oder schlafen. Es passieren meiner Erfahrung nach auch viel weniger Pannen, als man es etwa von der Deutschen Bahn oft hört.

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«Der Umwelt bringt es natürlich erstmal nichts, wenn ich die einzige Musikerin bin, die mit dem Zug tourt»

Viele wenden ein, dass Zugfahren zu teuer sei. Dabei geht oft vergessen, dass viele Musiker:innen auch kein Geld haben, jemanden zu bezahlen, der den Tourbus fährt. Und die Alternative, vor Konzerten selbst Hunderte von Kilometern am Steuer zu sitzen, im Stau zu stehen – etwas, das Autofahrer:innen gerne vergessen: Stau, Parkplatzsuche, Unterhalt und all das – und danach noch ein Konzert zu spielen, das ist irre anstrengend.

Ein völliger Verhältnisblödsinn

Natürlich weiss ich, dass die meisten Musiker:innen extrem knappe Budgets und auch recht viel Equipment haben und dass das mit dem Zug für mich vor allem deswegen geht, weil ich alleine auf der Bühne stehe. Darum und auch grundsätzlich verurteile ich Leute nicht, die mit dem Auto auf Tour gehen.

Für mich war der Moment, als ich die China-Tour abgesagt habe, rückblickend sehr lehrreich. Ich hätte dort nur zwei Konzerte gespielt, für wenig Gage, vor allem, wenn ich noch einen Flug hätte zahlen müssen – es wäre ein völliger Verhältnisblödsinn gewesen. Nicht nur ökologisch, auch ökonomisch und psychisch. Ich glaube, dass das grüne Engagement letztlich auch dem Ausbrennen entgegenwirkt, weil ich anfange zu überlegen: Lohnt sich das denn wirklich für mich? Wenn ich sagen kann: «Nein», ist das auch eine Art Emanzipation.

Der Umwelt bringt es natürlich erstmal nichts, wenn ich die einzige Musikerin bin, die mit dem Zug tourt. Aber ich weiss, dass wir Schweizer:innen einen gut zwanzig Mal so grossen Fussabdruck haben, wie wir haben sollten, um den Klimawandel einzudämmen. Allen, die Klima-Angst haben, kann ich wärmstens empfehlen, herauszufinden, wo sie mit einer kleinen Veränderung etwas Grosses bewirken können. Bei mir ist es jetzt das Zugfahren.

Daniela Weinmann (40) veröffentlichte unter dem Namen Odd Beholder Musik. Als Gründungsmitglied von Music Declares Emergency Schweiz fördert die Zürcherin Umweltschutzmassnahmen in der Musikindustrie. Ihren Touralltag samt Reise und Transport im Zug dokumentiert sie auf Instagram.

Aktuelles Album: «Feel Better» (Sinnbus); Live: bis 21.3. auf Deutschland-Tour. 19.4., Cafe Bar Mokka, Thun, und am 24.5., Kulturwerk 118, Sursee. Weitere Daten folgen.

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