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Warum ich «Emily in Paris» super finde

Warum ich «Emily in Paris» super finde

  • Text: Sandra Brun
  • Bild: Netflix, Stephanie Branchu, Carole Bethuel

Die neue Netflix-Serie «Emily in Paris» entführt Zuschauerinnen in ein – zugegeben – ziemlich klischeehaftes Paris-Abenteuer. Das finden nicht alle toll. Ich schon. Fünf Gründe, die für Feelgood-Serien sprechen.

Die Serie «Emily in Paris» handelt von Emily aus Chicago (Lily Collins), die für ihre Marketingagentur einen Job in Paris annimmt. Sehr amerikanisch marschiert sie in Paris ein, ohne Französischkenntnisse und ohne französisches Unterstatement. Das führt rasch zu Konflikten bei der Arbeit, im Alltag und nicht zuletzt bei den Männern.

Die Serie ist gespickt mit tausendundein Klischees: Während die Stadt Paris hauptsächlich in bester Postkartenmotiv-Optik gezeigt wird (Eiffelturm, Montmartre, Seine), kommen die Pariserinnen und Pariser oft schlecht weg bei der Klischeekiste (promiskuös, schroff, sexistisch).

Mir hat die Serie trotzdem gefallen. Ich habe momentan grosse Lust auf Wohlfühlfernsehen und will auf dem Bildschirm nicht noch mehr Ernsthaftigkeit sehen, als der Alltag zurzeit sowieso schon bietet. Klar habe auch ich mal mit den Augen gerollt oder über zu dick Aufgetragenes geschmunzelt, aber für mich spricht trotzdem einiges für die Serie – und für Feelgood-Serien im Allgemeinen:

1. Bleibt mal draussen, Bad News

In Zeiten von Coronapanik, Donald-Trump-Überdruss und immer kälteren, graueren Tagen spricht gerade viel dafür, abends einfach den Fernseher ein- und den Kopf auszuschalten. Die News verfolgen einen, ohne dass man aktiv nach ihnen sucht. Die Stimmung ist aktuell gesamthaft ziemlich gedrückt, weitere Katastrophen auf dem Bildschirm zu verfolgen reizt mich zurzeit wenig. Es ist mir also weniger nach Dramen und Thrillern, sondern mehr nach romantischen Komödien. Und da kam ich bei «Emily in Paris» voll auf meine Kosten.

2. Es muss nicht immer realitätsnah sein

«Sex and the City» haben wir geliebt – okay, gut 15 Jahre nach dem Aus ist die Serie zugegebenermassen in einigen Punkten schlecht gealtert. Doch wir verfolgten gebannt das Leben von Carrie Bradshaw und ihren Freundinnen, auch wenn uns klar war, dass Carrie im echten Leben als Freelance-Journalistin kaum diese Wohnung, diese Schuhe und dieses Leben haben könnte. Das trifft auch auf «Emily in Paris» zu: Ihre Wohnung mit traumhafter Aussicht auf Paris, ihr Kleiderschrank und all ihre schönen Freunde würden in der Realität wohl anders aussehen. Im Fernsehen dürfen sie aber genauso kitschig sein, wie sie sind. Produziert wurden beide Serien übrigens von Darren Star.

3. It’s Hollywood, Baby

Ja, Paris ist um einiges vielschichtiger, als in «Emily in Paris» gezeigt wird. Da gibt es in Wirklichkeit viel mehr Diversität, viel mehr schöne Orte, aber auch viel mehr Konflikte (Gilets Jaunes, Obdachlosigkeit, Covid) als in diesem Bilderbuch-Paris auf dem Bildschirm. Wir sprechen aber hier nicht von einem Dokumentarfilm, sondern von einer fiktiven Hollywood-Serie. Da darf überzeichnet werden – und es darf auch damit gerechnet werden, dass die Zuschauerinnen dies als Überspitzung erkennen. Und die darf man auch mögen. Das gilt übrigens auch für die schrille Mode von Emily, welche nicht überall auf Begeisterung stösst: Dahinter steckt die Stylistin Patricia Field, ebenfalls schon verantwortlich für Carrie Bradshaws Looks, allesamt auch nicht gerade zurückhaltend.

4. Zuschauen heisst nicht automatisch zujubeln

Bei den meisten Serien und Filmen kommt irgendwann der Moment, in dem eine Figur nervt, die Story verbesserungswürdig wäre oder die Spannung abflacht. Aber ich finde, ein bisschen Hassliebe darf sein. Dass Emily direkt über diesem wahnsinnig gutaussehenden Franzosen wohnt, quelle surprise. Dass sie mal wieder ins Fettnäpfchen tritt, mon dieu. Und dass nicht jede Storyentwicklung überrascht, c’est la vie. Zuschauen tue ich ihr trotzdem gern, sie entführt mich in eine fiktive Glamourwelt, die ich gar nicht gross hinterfragen muss, sondern einfach nur geniessen kann.

5. Hallo, fremde Welt

In der Zeit des coronabedingten Reisefrusts (hallo, Fernweh!) finde ich es toll, ein bisschen in fremde Welten einzutauchen. Mir fehlt das Reisen, die Welt zu entdecken, schon nur die Schweiz mal wieder zu verlassen. Uns bleibt immerhin noch die Fantasie: Bücher, Filme – und eben Serien, die uns an die exotischsten Orte, die faszinierendsten Länder und die spannendsten Städte entführen. Und dank «Emily in Paris» bin ich zumindest für ein paar Stunden auf einer imaginären Städtereise in Paris – wenn auch in Klischee-Paris.

«Emily in Paris» läuft auf Netflix.

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Weitere Wohlfühlserien, die ich wärmstens empfehlen kann (allesamt auch nicht durchgehend realistisch):

1.

1.

«Fleabag»

Diese Serie ist schwierig in Worte zu fassen: Die Hauptfigur Fleabag nimmt ihre Zuschauerinnen auf eine Reise durch ihr Single-Leben, ihre verschrobene Familie, ihr erfolgloses Café und bricht dabei immer mal wieder die vierte Dimension, indem sie sich mitten in einer Szene direkt an die Zuschauer wendet. Grandios – und unglaublich kurzweilig.

 

«Fleabag» läuft auf Amazon Prime.

 

2.

2.

«Sex Education»

Der Teenagerjunge Otis ist schüchtern, sexuell nicht gerade erfahren – noch nicht einmal wirklich aufgeschlossen, aber sehr liebenswert. Dass er sich in seine toughe Mitschülerin verliebt und dass seine Mutter Sexualtherapeutin ist, macht sein Leben als neuer Sexexperte an der Schule nicht gerade einfacher.

 

«Sex Education» läuft auf Netflix.

3.

3.

«This Is Us»

Drei Geschwister, die unterschiedlicher nicht sein könnten, versuchen sich in den Mittdreissigern in ihrem Leben zurechtzufinden – so weit, so unspektakulär. Die Zeitsprünge zurück in ihre Kindheit, das Aufrollen ihrer Geschichte und die Wärme dieser Familie lassen einen aber nicht mehr los. Unglaublich emotional, authentisch und herzerwärmend.

 

«This Is Us» läuft auf Amazon Prime und Google Play.
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