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«The Perfect Couple» auf Netflix: Was reizt uns am Leben der Superreichen?

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«The Perfect Couple» auf Netflix: Was reizt uns am Leben der Superreichen?

Die neue Netflix-Serie «The Perfect Couple» mit Nicole Kidman entführt uns in die Welt der Superreichen – und deren superschlechtes Benehmen. Wieso schauen wir ihnen so gerne zu?

Die Szenerie: Eine Braut heiratet in eine der reichsten und einflussreichsten Familien Nantuckets ein – die High-Society-Hochzeit ist das Gesprächsthema der Stadt. Bis am Morgen der Hochzeit am Strand eine Leiche gefunden wird. Und plötzlich alle Hochzeitsgäste unter Verdacht stehen.

Die Location: Eine riesige Villa auf der Insel Nantucket, nicht ganz zufällig eine der teuersten Destinationen der Welt, seit mehreren Generationen im Familienbesitz. Wir sprechen von einem Anwesen mit eigenem Strandabschnitt, mehreren Gästehäusern und noch mehr Angestellten.

Hier zu Hause: Die Familie Winbury. Matriarchin Greer (gespielt von Nicole Kidman in eiskalter Präzision), die Buchautorin und ebenso erfolgreiche PR-Chefin der Familie ist und Besucher:innen auch gerne mal NDAs – also Verschwiegenheitserklärungen – zum Schutz des Familienrufs unterschreiben lässt. Ihr Mann Tag (Liev Schreiber) ist seines Zeichens meist mit Drink oder Joint zu sehen und tut scheinbar kaum was anderes, als mit Golfbällen auf Möwen zu zielen.

Süffisantes Lächeln und spitze Bemerkungen

Sie haben drei sehr unterschiedliche Söhne: den sehr offen misogynen Finance Bro Thomas, den romantischen Künstlertyp Benji (seines Zeichens Bräutigam in spe) und den verwöhnten Teenager Will. Dann gibt es noch Thomas’ zynische, schwangere Frau Abby. Und eben Amelia (fantastisch gespielt von «Bad Sisters»-Schauspielerin Eve Hewson), Zoologin und alles andere als reich, die kurz davorsteht, in die Familie einzuheiraten – was auf wenig Begeisterung stösst. Besonders bei ihrer künftigen Schwiegermutter Greer, die das mit süffisantem Lächeln und spitzen Bemerkungen ganz klar demonstriert.

Was alle Winburys vereint, ist das kollektive Empfinden, aufgrund ihres Reichtums mit jeglichem Fehlverhalten davonzukommen. Besonders Vater Tag scheint eindeutig zu glauben, nicht nur über dem Gesetz, sondern auch über der Moral zu stehen. Eine Einstellung, die auch sein ältester Sohn teilt, als er den ermittelnden Polizist:innen damit droht, bei der nächsten Spendengala weniger Checks auszustellen, wenn sie sich nicht endlich vom Acker machen.

Wir wollen mehr

Damit sind wir zurück beim Todesfall: Im Laufe der sechsteiligen Netflix-Miniserie werden zahlreiche Affären und Fälle von Machtmissbrauch aufgedeckt. Absolut alle haben Dreck am Stecken. Immer wieder gibt es neue Plot Twists, die Ermittlungen gehen gefühlt in alle Richtungen und am Ende, nachdem alles aufgedeckt ist, bleibt man als Zuschauer:in atemlos zurück. Und will mehr.

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Mehr vor allem von diesem unglaublichen Universum, in das man für ein paar Stunden eingetaucht ist. Diesem absurd reichen Universum, in dem vieles aus Gold ist, aber doch nicht alles glänzt.

Verzückung und Vorfreude auf den Untergang

Denn was «The Perfect Couple» der dänischen Regisseurin Susanne Bier (basierend auf dem gleichnamigen Roman von Elin Hilderbrand) im Kern ausmacht, sind sechs Folgen, in denen sich reiche Menschen absolut daneben verhalten – mit grossartigem komödiantischem Timing – und wir Zuschauer:innen verzückt dabei zusehen und uns zugleich ihren Untergang wünschen.

Die Netflix-Serie dreht sich ähnlich wie die Erfolgsproduktionen «White Lotus», «Succession», «Triangle of Sadness» oder «Saltburn» – aber auch schon «Gossip Girl» oder «Desperate Housewives» – um Superreiche, die nicht nur schreckliche Dinge tun, sondern eben auch schreckliche Menschen sind und damit durchkommen. Zumindest auf Zeit.

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«Sollten wir nicht abgestossen sein von Menschen, die sich keine Sekunde Gedanken machen müssen über Geld?»

Warum finden wir das Leben der Superreichen so faszinierend? Vor allem in der aktuellen Zeit wirtschaftlicher Anspannung, in denen für die überwiegende Mehrheit von Normalos die Rechnungsbeträge für Miete und Lebenskosten rasant ansteigen, die Löhne der meisten aber nicht im gleichen Tempo? Sollten wir da nicht völlig desillusioniert und abgestossen sein von Menschen, die sich keine Sekunde Gedanken machen müssen über Geld – und sich dank dieses Umstands oft auch noch den Konsequenzen für ihr schlechtes Verhalten entziehen können?

Vielleicht ist es eine Art Eskapismus. Indem wir stundenlang in absurd durchdesignte aufgeräumte Luxusvillen reinschauen, lenken wir uns auf den eigenen Ikea-Sofas sitzend von den Wäschebergen vor uns ab und entfliehen unserer eigenen Realität. Und auch wenn dieser Blick in vermeintlich superprivilegierte Leben uns dazu veranlassen kann, uns zu vergleichen oder unsere eigenen Lebensentscheidungen zu hinterfragen, führt es uns doch eins vor Augen: Macht und Reichtum allein führen eben nicht zu Glück und Erfolg, Liebe und Geborgenheit.

Kollektive Katharsis

In all diesen Shows und Filmen schauen wir den sich komplett danebenbenehmenden Superreichen nämlich irgendwann beim Scheitern zu. «Forbes Magazine» erklärte unsere Genugtuung dabei diesen Frühling in einem Artikel einerseits mit Schadenfreude, welche unseren angeborenen Sinn für Fairness und moralische Ordnung widerspiegele: «Wenn Personen, die gegen soziale Normen verstossen oder unethisch handeln, mit Konsequenzen rechnen müssen, fühlen wir uns bestätigt, dass der Gerechtigkeit Genüge getan wird», heisst es im Artikel.

Ausserdem spiele da auch die globale soziopolitische Unzufriedenheit eine Rolle, die extreme wirtschaftliche Ungleichheit und unsere Unzufriedenheit damit, #eattherich also. Dem Scheitern der Reichen zuzuschauen fühle sich wie eine Art kollektive Katharsis an.

Auch wenn einem alles in den Schoss gelegt wird, ist man folglich nicht automatisch Gewinner:in. Und wenn uns keine schwindelerregenden Treuhandfonds erwarten oder wir nicht täglich in einer Villa am Strand aufwachen, sind wir eben auch nicht automatisch Verlierer:innen.

«The Perfect Couple» läuft jetzt auf Netflix.

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Suse

Ich habe das nicht so empfunden. Sich daneben zu benehmen oder unmoralisches Verhalten gibt es in jeder Gesellschaftsschicht. Ich war eher gespannt auf die Auflösung, wer ist der Täter:in und da muss ich sagen, hab ich mich zwischendurch doch sehr gelangweilt. Aus meiner Sicht gibt es durchaus spannende Serien.