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Orientierungshilfe für die Art Basel

Kultur

Orientierungshilfe für die Art Basel

  • Text: Dietrich Roeschmann

Heute startet die Art Basel. 2500 Künstlerinnen und Künstler stellen dort aus. Um den Überblick nicht zu verlieren, bietet annabelle eine kleine Orientierungshilfe durch die «grösste Kunsthalle auf Zeit».

2500 Künstlerinnen und Künstler stellen an der Art Basel aus. Eine kleine Orientierungshilfe durch die “grösste Kunsthalle auf Zeit”.

Die Erleichterung war gross, als im vergangenen Jahr die Tore der Art Basel schlossen. Trotz Finanzkrise gab es an der wichtigsten Kunstmesse der Welt nichts zu klagen: Wieder waren mehr Besucher gekommen als je zuvor. Wieder gab es Galeristen, die am Ende vor leer gekauften Wänden standen. Krise? Welche Krise?

Lily van der Stokker ist sich da nicht so sicher. Die niederländische Künstlerin ist bekannt für ihre bösen Ironien, die sie gern in bonbonbunte Interieurs verpackt, in denen man sich wie eine Comicfigur vorkommt. An der diesjährigen Art Basel wird sie auf einem riesigen Blümchentapeten-Wandbild fordern: «Transfer that money to me!» (bei Francesca Kaufmann, Mailand). Mit gutem Grund: Zwar sind die Umsätze am Kunstmarkt kaum geschrumpft, aber die Verhältnisse haben sich verschoben – zu Ungunsten der Gegenwartskunst. Sammler setzen nach dem Boom lieber auf sichere Werte. Und die finden sie an der Basler Messe vorzugsweise im Parterre, wo die modernen Klassiker von Picasso bis Bacon und die neuen Superhelden von Neo Rauch bis Peter Doig in musealer Atmosphäre auf Investoren warten. Für die rund 20 Millionen Franken, die Giacomettis «Trois hommes qui marchent I» bei Landau Fine Arts kostet, könnte man sich bei den Contemporarys im 1. Stock gleich mit einer kompletten Sammlung eindecken.

Für alle, die statt Geld nur Aufmerksamkeit zu verteilen haben, stellt sich eine ganz andere Frage: Wo anfangen bei diesem Aufgebot von über 300 Topgalerien, das mit Werken von rund 2500 Kunstschaffenden nicht umsonst die «grösste Kunsthalle auf Zeit» genannt wird? Entweder bei den Art Statements, wo sich die Newcomer der Saison tummeln. Oder dort, wo es am übersichtlichsten ist: an der Art Unlimited. Rund sechzig raumgreifende Arbeiten sind hier zu einem Museum der Schwergewichte versammelt. Darunter die jüngsten Skulpturen von Urs Fischer, den die New Yorker Presse anlässlich seiner Soloschau im New Museum kürzlich als «schöpferisch-zerstörerischen Gott» feierte (bei Presenhuber, Zürich), eine anrührend traurig dreinschauende Monsterkuh von Zhang Huan (bei Pace Wildenstein, New York) und neue Arbeiten von Rivane Neuenschwander, der brasilianischen Meisterin der Flüchtigkeit (bei Fortes Vilaça, São Paulo). Erstklassiges Kunstkino versprechen die verschachtelten Filmerzählungen von Bruce Conner (bei Michael Kohn, LA) und Johan Grimonprez (bei Kamel Mennour, Paris), Élodie Pongs preisgekröntes Tête-à-tête von Marx, Minnie Mouse und Marilyn Monroe (bei Freymond Guth, Zürich) oder die überfällige Hommage an die 82-jährige Filmemacherin Agnès Varda (bei Obadia, Paris).

Eine der schönsten Erfahrungen, die zum Besuch jeder Kunstmesse gehören, ist der Moment, in dem der Exzess des Schauens in Stille umschlägt – ganz am Ende, wenn die Bilder im Kopf zu rauschen beginnen und wir uns angenehm erschöpft zurücklehnen, um darauf zu warten, dass sich der Blick langsam klärt. Was dann bleibt, ist, wofür wir gekommen sind.

Diese jungen Stars sollten Sie kennen lernen:
1. Nina Canell (30) versöhnt mit ihren skurrilen Versuchsanordnungen auf zarte Weise Natur und Technik miteinander (bei Barbara Wien, Wilma Lukatsch, Berlin).
2. Haroon Mirza (32) baut aus Blecheimern, knisternden Monitoren und Tischlampen am Rande des Kurzschlusses ungemein ästhetische Rhythmusmaschinen (bei Lisson, London, Art Unlimited).
3. Latifa Echakhch (35) zeigt in sinnlichen Settings den Zusammenhang von Disziplin und Melancholie auf, der politische, religiöse und kulturelle Konflikte prägt (bei Kamel Mennour, Paris, Art Unlimited).
4. Michele Di Menna (29) bringt in ihren Performances alles zum Einsatz: Dichtung, Design, Kostümbildnerei, Striptease. In Basel übersetzt sie ihre faszinierenden Körpercollagen ins Medium der Installation (bei Galerie Kamm, Art Statements).
5. Maria Nepomuceno (33) strickt pilzartige Schlauchobjekte, die aussehen wie die DNA-Modelle einer Ernesto-Neto-Skulptur im Topflappenlook (bei A Gentil Carioca, Rio de Janeiro, Art Statements).


Art 41 Basel,
16. bis 20. 6., www.artbasel.ch

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1.

Verspielt: Performance von Michele Di Menna

2.

Urtümlich: Urs Fischers Skulpturen