Diese Bücher sollten Sie im Juli lesen
- Redaktion: Frank Heer, Claudia Senn; Text: Verena Lugert (Buch), Dietrich Roeschmann (Bildband); Foto: Pexels / Negative Space
Jeden Monat stellt die annabelle-Kulturredaktion die besten Bücher und Bildbände für Sie zusammen.
Unsere Kolleginnen und Kollegen aus dem Ressort Kultur präsentieren Ihnen die besten Neuerscheinungen. Im Juli mit dabei: Ein Tatsachenbericht, der sich wie eine Parabel liest, ein Bildband über die saudischen Pilgermetropole Mekka und ein Liebesroman.
1.
Die Liebe ist das Wagnis unseres Lebens. Doch wagen wir sie nicht, dann bleiben wir allein. Claudio ist ängstlich, will nichts wagen – will aber auch nicht einsam sein. Der sensible Arzt ist ein Zauderer und Zweifler, der Anfang vierzig ist, allein lebt und sich scheinbar entschieden hat, dem Leben «am Rande stehend zuzuschauen». Doch dann verliebt er sich – nicht in grosser Gefühlsaufwallung, nicht mit Pauken und Trompeten, sondern er ergibt sich zögerlich einem «homöopathischen Sich-Verlieben», in winzigen Schrittchen, mit unendlicher Vorsicht. Cecilia heisst die Frau, die ihn berührt, die ihm dennoch Lichtjahre entfernt scheint, auch wenn die beiden scheuen Seelen täglich die Mittagspause zusammen verbringen. Auch Cecilia ist Ärztin, sie arbeitet im gleichen Spital. Auch sie ist zaudernd, schüchtern, zart. Sie hat zwei Kinder und: eine Schwester, Silvia. Die nun überhaupt nicht schüchtern ist, ein Auge auf Claudio geworfen hat und die Dinge in die eigenen, lebenstüchtigeren Hände nimmt. Ein Liebesroman, eine Dreiecksgeschichte, die ständig die Perspektive wechselt. Raffiniert, elegisch und wunderschön geschrieben.
– Andrea Canobbio: Drei Lichtjahre. Rowohlt-Verlag, Reinbek bei Hamburg 2017, 448 Seiten, ca. 36 Franken
2.
Mekka ist einer der meistbesuchten Orte der Welt. Der Fotograf Ahmed Mater dokumentiert seit fünf Jahren den Alltag der saudischen Pilgermetropole. In «Desert of Pharan» erzählt er in rund 600 Bildern die Geschichte einer rasant wachsenden Stadt, die mit ihren gigantischen Hotelkomplexen, Foodtempeln, Highway-Netzen und 3000-Dollar-Luxussuiten mit Kaaba-Blick vielen Kritikern als das Las Vegas der islamischen Welt gilt.
– Ahmed Mater: Desert of Pharan. Lars Müller Publishers, Zürich 2017, 632 Seiten, ca. 59 Franken
3.
Ralf König («Der bewegte Mann») ist der wohl bekannteste Comiczeichner im deutschsprachigen Raum. Nun lässt der 56-Jährige seine Alter Egos Konrad und Paul ins krasseste Abenteuer ihres Lebens schlittern: die Andropause. Sein schwierigstes Buch sei es gewesen, sagt er, um jede Sprechblase habe er gekämpft. Und als der Verlag das Werk wider Erwarten gut fand, «da habe ich vor Erleichterung erst mal geflennt». «Herbst in der Hose» schlägt ein längst fälliges, zum Niederknien lustiges und sargnagelschwarz-trauriges Kapitel in der grossen Tragikomödie des Lebens auf. «Endlich sind Frauen mit dem ganzen Menopausen-Scheiss nicht mehr allein», sagt König. Das hätten wir nicht schöner formulieren können.
– Ralf König: Herbst in der Hose. Rowohlt-Verlag, Reinbek 2017, 176 Seiten, ca. 32 Franken
4.
«Ein Fleck im Meer» ist John, ein winziger unbedeutender Tupfer im tosenden Ozean. Er ist über Bord gegangen, treibt nun ohne Schwimmweste im Atlantik. Rasend schnell tragen die Wogen John vom rettenden Schiff weg. Die Situation ist ausweglos – doch John beschliesst, die Nacht zu überleben. Und sein bester Freund Anthony, mit dem er zusammen den Kutter besitzt und der mit ihm hinausgefahren war, beschliesst, dass er John retten wird, koste es, was es wolle. Ein grandioser Tatsachenbericht, der sich wie eine Parabel von der Freundschaft und von der Liebe zum Leben liest.
– John Aldridge, Anthony Sosinski: Ein Fleck im Meer. Tempo-Bücher im Verlag Hoffmann und Campe, Hamburg 2017, 254 S., ca. 29 Fr.