Er ist der begehrteste Schwiegersohn der Gegenwart: Mark Ronson, Engländer mit Wohnsitz New York, It-Boy mit besten Manieren und Musikproduzent für Stars wie Amy Winehouse, präsentiert seine neue CD.
Er ist der begehrteste Schwiegersohn der Gegenwart: Mark Ronson, Engländer mit Wohnsitz New York, It-Boy mit besten Manieren und Musikproduzent für Stars wie Amy Winehouse, präsentiert seine neue CD.
Als Mark Ronson in der Krabbelgruppe war, wurden die Kinder jeweils ermuntert, ihr Lieblingslied zu singen – etwa «Jingle Bells», «Old MacDonald» oder «Itsy Bitsy Spider». Der kleine Ronson aber krähte: «Sex and drugs and rock and roll – is all my brain and body need.» Mark Ronson durfte vieles schon sehr früh. «Meine Eltern waren jung», erzählt er im Londoner Bermondsey Square Hotel, «sie hatten dauernd Besuch bis tief in die Nacht, und immer lief Musik. Oft bin ich erwacht, kam im Pyjama runter und setzte mich vor die Lautsprecher. Die Erwachsenen hatten ihren Fun, und ich tat so, als würde ich Schlagzeug spielen.»
Mark Ronson kam 1975 in London zur Welt. Der Vater war Bandmanager, Mutter eine Londoner Society-Dame. Der kleine Mark genoss alle Vorteile von prominenten Eltern mit noch prominenteren Bekannten. Wenn er zum Essen runterkam, dann sassen beispielsweise Mick Jagger und Andy Warhol da. Oder Keith Moon, exzentrischer Schlagzeuger von The Who, der von Marks Rhythmusgefühl hingerissen war und drohte, dem Dreijährigen höchstselbst ein Schlagzeug zu kaufen, wenn er nicht sofort eins erhalte.
Es begann also mit einem Kinder-Drum. Mit vier erhielt Mark Geigenstunden, mit acht lernte er Gitarre, mit neun Saxofon. Dann habe er begonnen, 45er-Singles zu sammeln und DJ zu spielen. Als sich Marks Eltern trennten, zog Mutter Ann Dexter mit den Kindern nach New York und heiratete Mick Jones, den Gitarristen von Foreigner. Da war Mark acht. Der Umzug von der Themse an den Hudson River brachte zusätzliche Dynamik in die Ronson-Story. Mit 13 lernte er Sean Lennon kennen, den Sohn von John und Yoko, mit 16 begann er, als DJ aufzutreten, für 50 Dollar – heute verlangt er für einen Auftritt schon mal 100 000 Dollar. Auch Marks jüngere Zwillingsschwestern wurden Talk of the Town: Charlotte ist Fashiondesigner, Samantha DJ und Sängerin bei Roc-A-Fella Records.
Zweimal im Jahr jettete Mark Ronson nach England, um seinen Dad zu sehen. Zwar behielt er den Hauptsitz in New York, doch als DJ fand er bald Anschluss an Londons Clubszene. 2003 erschien sein erstes Album «Here Comes the Fuzz», gespickt mit Gastauftritten von The Roots, Ghostface Killah, Weezer und Mos Def. Später versuchte er sich als Musikproduzent und mischte an den Erfolgsalben von Lily Allen und Amy Winehouse mit. Das verhalf ihm zum Ruf des Goldhändchens am Mischpult, als Mensch aber verkam er zum Lifestyle-Junkie. Heute heisst es in London, Mark Ronson sei die neue Kate Moss. Wohl deshalb, weil er für Tommy Hilfiger modelt, für Gucci Sneakers designt und Läden eröffnet, sich an der Mercedes-Benz-Fashion-Week zeigt, von «GQ» zum Best Dressed Man gewählt wurde und bei der Hochzeit von Tom Cruise und Katie Holmes als DJ auftrat. Und etwas weniger chic abtrat: Auf der Rückfahrt ins Hotel erbrach er das Hochzeitsmenü. Weil grad keine Paparazzi zugegen waren, musste er die Geschichte selbst rumerzählen.
Mark Ronson wirkt anmassend bis unter die Schmachtlocke. Wenn er spricht, schliesst er die Lippen selten oder nie, was ungemein blasé wirkt. Ultra-dandyesk. Weltabgewandt. Oder ist vielleicht gar nichts dahinter? Wie lebt ein Mensch, der nur Prominente kennt? Seinen vorletzten Geburtstag hat Ronson in einem Event-Schloss gefeiert und liess dafür etwa 30 000 Pfund liegen, inklusive einer Wackelpudding-Nachbildung der St. Paul’s Cathedral als Dessert. Am 4. November 2010 wird er 35, sieht aus wie 25 und wie frisch aus dem Ei gepellt. Kein Haar liegt quer – es sei denn absichtlich. Begeistert von seinen Manieren, werfen ihm die höheren Mütter beidseits des Atlantiks ihre Töchter vor die Füsse – mit dem leisen Seufzer: «Ach, wär er doch ein paar Monate älter.»
Eine Weile tat Boy Ronson wirklich alles, um möglichst vielen Müttern die Aussicht auf soo einen Wunschschwiegersohn zu gönnen. Wenigstens ein paar Wochen. Ronsons Girl-Verzehr hatte durchaus auch Nachteile. «Eines Abends», gesteht er, «bin ich in einer Bar gestanden, da waren sechs Mädchen, mit denen ich was hatte. Das war vielleicht peinlich.»
Wer hat, dem wird gegeben. Niemand hatte bisher die Frechheit aufgebracht, Bob Dylan zu fragen, einen Song für einen Remix freizugeben. Wenn das erst 2007 einem Jung-DJ einfallen musste, dann hat er diese Ehre verdient: Mark Ronson wählte «Most Likely You Go Your Way (and I’ll Go Mine)» vom Album «Blonde on Blonde» aus dem Jahr 1966, haute einen Hip-Hop-Beat unter den eh rhythmischen Song, liess Dylans Stimme original, dezimierte die Gitarren und liess The Dap-Kings darüberspielen, was dem Song einen zirzensisch rumpelnden Reiz verlieh.
Die coolen Dap-Kings, hauptberufliche Backup-Band von Sharon Jones und Amy Winehouse, hatte Ronson danach ziemlich überstrapaziert. So sehr, dass er sich auf dem Cover des Londoner «NME» vom 4. August mit einer selbst zerdepperten Trompete abbilden liess. Dazu trug er statt seinem weissen Anzug mit Lady-Di-getupftem schwarzem Shirt erstmals eine vulgäre Jeansjacke – wohl um der englischen Rockjugend etwas näher zu kommen.
Der musikalische Höhepunkt von Mark Ronsons Karriere fand im Oktober 2007 statt. Anlässlich der jährlichen Konzertreihe «BBC Electric Proms» wurde auch er eingeladen. Er präsentierte, wie immer, seine Lieblingslieder – diesmal mithilfe eines fünfzigköpfigen BBC Orchestra. Schon nach dem Intro im Londoner Roundhouse waren die Leute von den Socken. Es war eine rare, James-Bond-ähnliche, überzeugende Kombination von Rockband und klassischem Orchester. Ronson sagte nach dem Auftritt: «So etwas gibts vielleicht nur einmal. Von jetzt an kanns mit meiner Karriere nur noch abwärtsgehen.» Ein exklusiver Moment von Bescheidenheit.
CD: Mark Ronson & The Business Intl.: Record Collection (Sony), erscheint am 24. September