«Es klingelte. Vor der Tür stand ein junger Mann, der irgendwie krank aussah. Er hatte einen völlig kahlen, rosa Schädel, den eine hauchdünne Haut überzog, die aussah wie Haut auf gekochter Milch.» So etwa fangen Ljudmila Petruschewskajas Schauergeschichten an. Absurde Phantasmagorien sind diese Erzählungen, irrlichternde Textperlen, die das Monströse im Alltag entblössen – und die deswegen im Russland der Sechziger- und Siebzigerjahre verboten waren. Damals wurden Petruschewskajas beunruhigende Geschichten unter der Hand vervielfältigt, heute wird die frühere «Volksfeindin» als Heldin des ehemaligen Sowjet-Undergrounds verehrt – und sie tritt noch immer als Kabarettistin auf. Ihre dunkelschönbösen Märchen sind jetzt zum ersten Mal auf Deutsch erschienen.
Ljudmila Petruschewskaja: Es war einmal eine Frau, die ihren Mann nicht sonderlich liebte. Berlin-Verlag, Berlin 2010, 176 Seiten, ca. 14.50 Franken