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Kulturjournalistin Ann Mbuti stellt in «Black Artists Now» 15 Schwarze Künstler:innen vor

Kulturjournalistin Ann Mbuti stellt in «Black Artists Now» 15 Schwarze Künstler:innen vor

Mit ihrem Buch «Black Artists Now» schliesst Ann Mbuti eine Lücke in der westlichen Kunstgeschichte – und zeigt niedrigschwellig neue Perspektiven, die in der Kunstwelt bisher zu wenig gezeigt wurden.

Ein Buch, das sie selbst gern als Jugendliche gelesen hätte, das hat Ann Mbuti jetzt selbst geschrieben. In «Black Artists Now» stellt die in Zürich lebende Kulturjournalistin und Kunstkritikerin 15 Schwarze Künstler:innen aus aller Welt vor. «Jetzt endlich richtet sich der Blick verstärkt auf sie, jetzt endlich schliesst sich eine Lücke in der westlichen Kunstgeschichte», steht auf dem Buchrücken.

Im Buch steht nicht nur Text, sondern es finden sich auch 15 Illustrationen der Künstler:innen, gezeichnet von Sumuyya Khader. Über die porträtierten Künstler:innen schreibt Ann Mbuti: «Sie erforschen die Grenzen der Gattungen, bringen neue Perspektiven in die Öffentlichkeit ein und nutzen das Kunstsystem, dessen Normen und Regeln nicht für sie gemacht sind, auf inspirierende Weise.»

annabelle: Ihr Buch heisst «Black Artists Now» – und eigentlich sollte ein Ausrufezeichen hinter dem Titel stehen. Das hat es aber nicht aufs Cover geschafft. Warum?
Ann Mbuti: Ich wollte betonen, dass die Zeit schon da ist. Es soll eigentlich keine Forderung mehr sein müssen, mehr Schwarze Künstler:innen zu zeigen und auszustellen. Ihre Zeit ist bereits da. Das Ausrufezeichen auf dem Cover ist für mich eine Haltungsfrage.

Ist die Zeit wirklich da?
In meiner Bubble ja. Allerdings ist diese Bubble auch der Teil der Gesellschaft, wo viel verhandelt wird, wo zukunftsgerichtete Visionen über das Zusammenleben entstehen. Wo man sich einig ist, dass Rassismus da nicht dazugehört und dass alle Menschen gleich behandelt werden sollten. Wo aber auch das Bewusstsein herrscht, dass es andere Orte gibt, an denen es noch nicht so ist und die sich verändern müssen. Ich sehe diese Bubble schon mal als guten Wegweiser.

Spüren Sie Widerstände?
Auf jeden Fall, sobald ich aus diesem Umfeld heraustrete. Da passiert ein Abgleich von, wie die Welt sein sollte und wie die Welt sich gerade anfühlt. Und dazwischen herrscht eine grosse Diskrepanz. Das muss man nicht schönreden.

Haben Sie ein Beispiel?
An der Buchmesse stand ein paar Meter neben meinem Buch ein anderes aus meinem Verlag, in dem es um einen zynischen Blick auf die Welt geht, im Sinne von: Gendern ist schlecht und Wokeness braucht es nicht. Ich fand interessant, wie breit sich ein Verlag aufstellen kann. Auf der einen Seite zeigen sie Black Artists und auf der anderen Seite sagt die nächste Publikation: Das brauchen wir eigentlich nicht.

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«Ich hätte mir gewünscht, früher zeitgenössische Kunst für mich zu entdecken und zu verstehen, wie viel sie auch mit mir zu tun hat»

Sie schreiben, dass Sie das Buch selbst gern als Jugendliche gelesen hätten. Was hätte das an Ihnen und Ihrer Biografie verändert?
Ich hätte mir gewünscht, früher zeitgenössische Kunst für mich zu entdecken und zu verstehen, wie viel sie auch mit mir zu tun hat. Ich war früher oft in Museen, aber dort habe ich nie das Gefühl gehabt, dass Kunst mit dem Jetzt zu tun hat. Erst in den vergangenen Jahren habe ich gemerkt, dass zeitgenössische Kunst mit jeder Person zu tun haben kann, die darin etwas für sich entdeckt.

Kunst ist ja selten niedrigschwellig zugänglich. In eine Galerie zu gehen oder in ein Museum, da ist ja erstmal eine Barriere. Ihr Buch ist sehr zugänglich geschrieben.
Ja, mein Buch ist ein All-Age-Buch, ich wollte es bewusst zugänglich schreiben. Für mich spielt der Zugang zu Kunst eine riesengrosse Rolle. Wie kann man massenmedial einen Zugang schaffen, der einen guten Inhalt transportiert? Das ist eine Frage, die ich mir bei meiner Arbeit immer stelle. Die Zugänglichkeit über Sprache ist eine grundlegende Sache, wenn man schreibt. Wie viele Bilder hat ein Buch, wie teuer ist es? Mich hat an diesem Buch herausgefordert, dass es für alle Altersgruppen ist. Egal, wie kompliziert die Sachen sind, man muss sie in einfache Sätze herunterbrechen können, sonst hat man es nicht verstanden.

Wäre schön, wenn alle Bücher für alle Altersstufen wären, oder?
Das dachte ich auch. Irgendwie doch doof, dass es überhaupt diese Unterscheidung gibt. Kein Mensch hat Lust auf überkomplexe Wissenschaftsbücher.

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«Ich bin eine Person of Color, aber das ist nicht alles, was mich auszeichnet»

Wenn jemand in Zürich, wo Sie leben, dieses Interview liest und Lust hat, sich Black Artists Now anzuschauen. Wo kann diese Person das tun?
Wenn es wirklich um Now geht, dann empfehle ich Renée Green im Migros Museum. Es gibt immer wieder Schwarze Künstler:innen in grossen Häusern. Zum Glück auch nicht mehr nach dem Motto, wir machen jetzt eine Aufklärungsarbeit oder zeigen explizit Black Art. Zum Glück. Es hat sich eine gewisse Selbstverständlichkeit etabliert, das ist cool. So gibt es auch immer spannende Konzerte, Performances, Lesungen zu sehen, in denen sich Black Perspectives auf jeden Fall entdecken lassen.

In einer gerechteren, diverseren Welt bräuchte es Ihr Buch gar nicht, oder?
Richtig, die Forderung wäre total überflüssig, sie wäre im Now angekommen. Ich würde dann eher über die Kunst an sich schreiben und hätte vermutlich eine andere Auswahl getroffen. Ich glaube allerdings nicht, dass es irgendwann keine Rolle mehr spielt, wie man gelesen wird. Meine Hoffnung wäre, dass uns klarer ist, dass alle ihre eigene Perspektive mitbringen und es diese zu hinterfragen gilt. Es hilft schon zu verstehen, dass es mehrere Perspektiven gibt und diese immer gefärbt sein werden.

Sie schreiben auch sonst über Kunst, nicht ausschliesslich von Schwarzen Künstler:innen. Wie hätte Ihr Buch sonst aussehen können?
«Black Artists Now» legt gewissermassen die Grundlage. Als Folge würde ich spezifischer arbeiten: Was sind jetzt die wichtigen Schwarzen Positionen in der Malerei? Und warum, wie wird sie weitergebracht? Wie wird mit dem Pinselstrich umgegangen? Wer sind die Leute, die bildhauerisch eine neue Formsprache entwickeln? Wer sind die Künstler:innen, die sich aus diesen Schubladen herausbewegen? Als Kunstkritikerin interessieren mich vor allem Inhalte. Etiketten wie «Black» brauchen wir noch, aber sie sind sehr oberflächlich. Ich werde auch oft als Black Writer betitelt und ja, ich bin eine Person of Color, aber das ist nicht alles, was mich auszeichnet.

«Black Artists Now – Von El Anatsui bis Kara Walker», erschienen im Oktober 2022 bei C. H. Beck, 144 Seiten, Illustrationen von Sumuyya Khader, ca. 35 Fr.

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