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Kino-Tipp «Wanda, mein Wunder»: Wieso sich ein Blick hinter die Fassade lohnt

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Kino-Tipp «Wanda, mein Wunder»: Wieso sich ein Blick hinter die Fassade lohnt

«Wanda, mein Wunder», der neue Film von «Herbstzeitlosen»-Regisseurin Bettina Oberli, bewegt und amüsiert. Eine Kritik von Reportage Praktikantin Alica Wenger.

Was tun, wenn das geliebte und beliebte Familienoberhaupt plötzlich nicht mehr für sich sorgen kann? Spitex? Heim? Privatbetreuung oder doch lieber selbst Hand anlegen? Vater Josef beleibt daheim, in seiner Villa am Zürichsee – da ist sich Familie Wegmeister-Gloor einig. Doch statt teurer Schweizer Fachkräfte soll eine Polin her: Wanda.

Sie ist jung, hübsch und alleinerziehende Mutter zweier Kinder. In Polen, ihrer Heimat, scheinen Karriere und ein hinreichendes Einkommen aussichtslos. So kommt Wanda – wie viele andere Osteuropäerinnen– in die Schweiz, um zu arbeiten und Geld für die Familie zu verdienen. Hier – an der Zürcher Goldküste– kümmert sie sich um den nach einem Schlaganfall bettlägerigen Unternehmer Josef Wegmeister-Gloor und greift auch seiner Ehefrau Elsa im Haushalt unter die Arme. Wanda ist ruhig, spricht nur, wenn sie gefragt wird, und imponiert mit ihrer Art nicht nur dem 70-jährigen Josef, sondern vor allem auch seinem Sohn Gregi.

Eher unfreiwillig gewinnt die Polin intime Einblicke in Konflikte zwischen Eltern und Kindern, Bruder und Schwester und in die Scheinwelt der Schweizer «Oberklassengesellschaft». Was niemand weiss: Wanda kümmert sich nicht ausschliesslich um die Körperhygiene des Pflegebedürftigen, um frische Leintücher und um feine Mahlzeiten. Insgeheim erstreckt sich ihre Arbeit auf das allumfassende Wohlergehen des Familienvaters. So weit, dass sie davon unerwartet schwanger wird. Die Schwangerschaft bleibt nicht lang ein Geheimnis und bringt mit ihrer Enthüllung rasch weitere innerfamiliäre Intrigen und Unsicherheiten der einzelnen Charaktere zum Vorschein. Es wird geschrien, geweint, gezankt und demoliert. Und Wanda? Sie geht.

Gewisse Momente wirken im ganzen Tumult etwas fragwürdig und überspitzt, scheinen als komödiantisches Element gar überflüssig. Als Zuschauerin frage ich mich etwa: wieso dieses Aufeinandertreffen der Familien? Wieso die Kuh? Ist das realistisch? Oder ist es vielleicht etwas verfehlt?

Humorvoll und tragisch

Nichtsdestotrotz: Eine absurd sterile Sexszene, Vaterfreuden im unerwarteten Ausmass, stille Sehnsucht – in einem emotionalen Auf und Ab und mit Agnieszka Grochowska und André Jung in den Hauptrollen zeigt Bettina Oberli auf eine humoristische und zugleich tragische Manier, dass hinter all dem Schein auch ein weniger prunkvolles Sein steckt. Der Film thematisiert aber auch weitere Aspekte, wie etwa Prostitution, Betrug, Bestechung, Begierde und Verzweiflung. So bringt mich diese Palette an gesellschaftskritischen und moralischen Fragen auch hinterher zum Nachdenken. Wanda kommt und geht, mit ihr, eine Welle voller Emotionen.

«Wanda, mein Wunder» ist ab heute in den Kinos zu sehen.

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